Olaf Scholz

Staatsbürgerschaft Scholz will leichtere Einbürgerungen

Stand: 28.11.2022 17:10 Uhr

In der Debatte um Einbürgerungen hat sich nun erneut Kanzler Scholz eingeschaltet. Er verteidigte die geplante Reform und warb für leichtere Einbürgerungen. Doch einige Politiker aus Union und FDP mauern.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die angestrebte Reform der Einbürgerungen gegen Kritik verteidigt. "Neun Millionen Bürgerinnen und Bürger leben und arbeiten in unserem Land, ohne dass sie die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Eine Demokratie aber lebt von der Möglichkeit, mitzubestimmen", sagte Scholz (SPD). "So entsteht Legitimität, so wächst die Akzeptanz staatlicher Entscheidungen."

Man müsse aufpassen, dass die Zahl der Einwohner und das Wahlvolk nicht zu stark auseinanderfallen. "Wer auf Dauer hier lebt und arbeitet, der soll auch wählen und gewählt werden können, der soll Teil unseres Landes sein, mit allen Rechten und Pflichten, die dazugehören. Und zwar völlig unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder religiösem Bekenntnis", sagte der Kanzler.

Scholz: Auch doppelte Staatsbürgerschaften erleichtern

Scholz verteidigte zudem den Plan, die doppelte Staatsbürgschaft zu erleichtern. Er habe nie verstanden, warum man so vehement darauf bestehe, dass die alte Staatsbürgerschaft abgegeben werden müsse. "Zugehörigkeit und Identität sind nämlich kein Nullsummenspiel." Schon heute behielten 60 Prozent der Eingebürgerten ihre erste Staatsbürgerschaft. Vor allem in der Union wird die doppelte Staatsbürgerschaften skeptisch gesehen.

Der Kanzler räumte allerdings auch ein: "Natürlich kann nicht jeder, der zu uns kommen möchte, dauerhaft hierbleiben." Es gebe Grenzen der Aufnahmefähigkeit eines Landes, deren Überschreitung sowohl zu Lasten der Akzeptanz von Zuwanderung als auch des Erfolgs von Integration gehe. Die Realität sehe aber doch so aus, dass der Anstieg der Beschäftigtenzahl zu zwei Dritteln auf das Konto von Einwanderern ohne deutschen Pass gehe. 

Bundeskanzler Scholz wirbt für Erleichterung beim Passerwerb und bei der Einbürgerung

Claudia Kornmeier, ARD Berlin, tagesschau, tagesschau, 28.11.2022 20:00 Uhr

Aktiv für deutsche Staatsbürgerschaft werben

Aber die Regierung will nicht nur die gesetzlichen Hürden für Einbürgerungen senken, sondern bei länger in Deutschland lebenden Ausländern auch aktiv für die deutsche Staatsbürgerschaft werben. Das kündigten Scholz und seine Parteikollegin, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, bei einer Veranstaltung mit dem Titel "Deutschland. Einwanderungsland. Dialog für Teilhabe und Respekt" an.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, ihr persönlich sei es wichtig, die Einbürgerung von Menschen aus der sogenannten Gastarbeiter-Generation zu vereinfachen. Das sei für sie auch eine Frage der Gerechtigkeit. Über die Union, die gegen die doppelte Staatsbürgerschaft als Regelfall und gegen die geplante Verkürzung der Mindestaufenthaltsfristen ist, sagte Faeser: "Sie muss endlich im 21. Jahrhundert ankommen." Ihr gehe es darum, "den letzten Staub der Kaiserzeit aus dem Einbürgerungsrecht" zu klopfen, erklärte Alabali-Radovan.

Pläne für leichtere Einbürgerung

Nach den Plänen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser soll man statt wie bisher nach acht Jahren künftig bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland die Staatsbürgerschaft erhalten können. Bei "besonderen Integrationsleistungen" soll dies schon nach drei Jahren möglich werden - etwa wenn Einwanderer besondere schulische oder berufliche Leistungen oder ehrenamtliches Engagement gezeigt haben oder über besonders gute Sprachkenntnisse verfügen. Für Ausländer, die das 67. Lebensjahr vollendet haben, sollen zudem die bislang geltenden Anforderungen an das Sprachniveau gesenkt werden.

"Teilhabe als Treiber für gelungene Integration", Christoph Mestmacher, ARD Berlin, zu den umstrittenen Erleichterungen bei der Einbürgerung

tagesschau24 18:00 Uhr

FDP: "Nicht der richtige Zeitpunkt"

Doch die Pläne sorgen innerhalb der Ampel-Koalition für Zwist. Mehrere FDP-Politiker erheben Bedenken. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte der "Rheinischen Post": "Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für eine Vereinfachung des Staatsbürgerschaftsrechts. Es gibt bisher keinerlei Fortschritte bei der Rückführung und Bekämpfung der illegalen Migration."

So hätten es die zuständigen Ressorts nicht einmal geschafft, den dafür von der Koalition geplanten Sonderbeauftragten zu benennen. Die Ampel dürfe daher den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen, sagte Djir-Sarai.

Auch der FDP-Spitzenpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann geht das Vorgehen von Faeser zu schnell. Es sei richtig, dass diejenigen, die in Deutschland lange leben und arbeiten, schneller integriert werden sollten, sagte Strack-Zimmermann, im "Frühstart" von RTL/ntv. "Aber bevor Frau Faeser das zur Chefinnen-Sache macht, sollte sie erst mal dafür Sorge tragen, dass die, die hier illegal sind, die, die möglicherweise auch gesetzlich aufgefallen sind, dass die erst mal ordentlich zurückgeführt werden."

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) schrieb auf Twitter, bei Einwanderung gelte, "dass alle helfenden Hände im Arbeitsmarkt willkommen sind, aber niemand, der nur die Hand im Sozialsystem aufhalten möchte". Das gelte auch für die Staatsbürgerschaft.

Union: Erst Integration, dann Staatsbürgerschaft

Auch die Union hält nichts von den Plänen. Der deutsche Pass dürfe nicht entwertet werden, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja der "Rheinischen Post". Es müsse weiter gelten: "erst Integration, dann Staatsbürgerschaft". Die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit stehe daher am Ende, nicht am Anfang eines Integrationsprozesses".

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Anstatt die Migration zu steuern, verteilt die Ampel immer mehr Bleiberechte für abgelehnte Asylbewerber." Demnächst solle sogar die deutsche Staatsangehörigkeit großflächig verteilt werden, ohne zu verlangen, dass die bisherige Staatsangehörigkeit aufgegeben wird". Wer aber ein "Bekenntnis für Deutschland" wolle, müsse eine solche Entscheidung erwarten dürfen.

Zuvor hatten bereits CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und CDU-Chef Friedrich Merz starke Vorbehalte geäußert.