Caren Miosga und Friedrich Merz

CDU-Chef Merz bei Miosga "Wir unterscheiden uns von der AfD fundamental"

Stand: 22.01.2024 09:17 Uhr

Bei Caren Miosga hat der CDU-Bundesvorsitzende Merz die Demonstrationen gegen die AfD begrüßt. Er weigerte sich aber, diese als "Nazi-Partei" zu bezeichnen. Stattdessen erklärte er, die AfD schüre gezielt Frust.

Von Lukas Weyell

Der Anlass war an diesem Sonntag vorgegeben: In ganz Deutschland waren in den vergangenen Tagen Hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die AfD zu demonstrieren. Anlass waren die Enthüllungen über konspirative Treffen von AfD-Mitgliedern, bei denen Pläne besprochen wurden, Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland auszuweisen.

Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz begrüßte diese Proteste in der ARD-Talksendung Caren Miosga am Sonntagabend ausdrücklich: "Ich halte das für ein sehr, sehr ermutigendes Zeichen unserer lebendigen Demokratie."

Er sei kein ängstlicher Mensch, teile aber die Sorgen der Demonstranten. Er selbst habe an diesen jedoch nicht teilnehmen können, da er auf dem Weg nach Berlin gewesen sei. Allerdings habe der bayerische Ministerpräsident Markus Söder eine Demonstration in München begleitet.

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Ermutigende Demonstrationen

Zum Erstarken der AfD erklärte der CDU-Vorsitzende, dies sei eine Herausforderung für alle demokratischen Parteien. Es komme nun darauf an, dass die politische Mitte zusammenstehe, so Merz: "Hier macht sich Frust breit, der wird teilweise auch von der AfD gezielt geschürt und versucht, das auch politisch zu instrumentalisieren." Die Demonstrationen an diesem Wochenende seien daher ermutigend.

Allerdings sei es damit nicht getan, so Merz: "Wenn jeder Zehnte von denen, der heute demonstriert, morgen in eine politische Partei eintritt - sei es die FDP, die SPD, die Grünen, die CDU oder die CSU -, dann ist damit genauso viel geholfen." Man brauche mehr Engagement und Mitglieder bei den demokratischen Parteien. "Da liegt auch ein Teil der Schwäche in unserer Demokratie."

"Natürlich gibt es dort richtige Nationalsozialisten"

Die tags zuvor vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) getroffene Aussage, die AfD sei eine Nazi-Partei, wollte sich Merz allerdings nicht zu eigen machen. "Natürlich gibt es dort richtige Nationalsozialisten. Aber deshalb sind die Wählerinnen und Wähler der AfD nicht alles Nazis. Wenn wir die zurückgewinnen wollen, dann dürfen wir die nicht alle beschimpfen." Es gebe einige, die nicht zu den etablierten Parteien zurückkehren würden, aber um diejenigen, die noch zu gewinnen seien, müsse man sich bemühen.

Angesprochen auf ein Mitglied der CDU, welches sich an einem konspirativen Treffen mit der AfD beteiligt hatte, sagte Merz, dabei handele es sich um einen Einzelfall. Gegen die Frau laufe ein Parteiausschlussverfahren. Er wisse zwar nicht, ob noch mehr CDU-Mitglieder beteiligt gewesen sind. Sollte dem so sein, hätten diese in der CDU aber "nichts zu suchen".

Journalistin: Großteil der AfD-Wähler nicht rechtsextrem

Die Journalistin Anne Hähnig von der "Zeit" erklärte bei Caren Miosga, dass ein Großteil der AfD-Wähler überhaupt nicht rechtsextrem sei. Vielmehr würden viele sich einfach wünschen, dass Deutschland abgeschottet werde von der übrigen Welt: "Abschottung von Migration oder Abschottung von einem Krieg von außen", so Hähnig.

Diese "Simulation einer Abschottung" repräsentiere die AfD. "Es wird nichts lösen, nur darauf zu verweisen, dass die AfD in Teilen rechtsextremistisch ist", so Hähnig. Drei Viertel der Wähler wählten diese Partei, obwohl sie rechtsextremistisch sei.

Soziologe Armin Nassehi ergänzte: Der Wunsch nach Abschottung gehe zurück auf einen Wunsch nach Kontrolle. Die meisten Menschen seien mit ihrer privaten Situation in Deutschland zufrieden, gäben aber in Befragungen an, dass die Gesellschaft in keiner guten Verfassung sei. Den Eliten werde unterstellt, inkompetent zu sein, obwohl dies nicht der Fall sei.

Gemeinsame Sache mit der AfD in Bautzen?

CDU-Chef Merz stellte klar: "Ich habe eine völlig andere Position zu diesen Fragen. Da unterscheiden wir uns von der AfD fundamental." Er sei nicht für eine Abschottung und den Austritt aus der EU und der NATO.

Dass auf kommunaler Ebene Unionspolitiker mit AfD-Kollegen zusammenarbeiten, verteidigte der CDU-Vorsitzende. Man müsse auch nach solchen Wahlergebnissen weitermachen und könne sich nicht nur danach richten, was die AfD mache: "Dann machen wir uns von diesen Leuten völlig abhängig."

Journalistin Hähnig erinnerte Merz an dessen Aussage, es stehe ein Parteiausschlussverfahren für jeden an, der für die AfD die Hand hebe. Ein Jahr später hätten Unionspolitiker in Bautzen mit der AfD gemeinsame Sache gemacht, ohne irgendwelche Konsequenzen fürchten zu müssen. Merz dementierte das und verwies darauf, dass mit SPD und Grünen in ähnlich gelagerten Fällen nicht so scharf ins Gericht gegangen würde.

Bei Zusammenarbeit mit der Linken nicht festlegen

Auf die Frage, ob die CDU mit der Linken zusammen in Thüringen regieren würde, um den dortigen AfD-Landesfraktionsvorsitzenden Björn Höcke als Ministerpräsident zu verhindern, erklärte Merz, das sei die Entscheidung der CDU-Politiker vor Ort. "Davor ist es eine Entscheidung der Wählerinnen und Wähler."

Er wolle jetzt noch nicht über Möglichkeiten sprechen, die auf Umfrageergebnissen basieren. In Thüringen wäre nach aktuellen Hochrechnungen eine Regierung ohne Beteiligung der AfD lediglich mit einer Koalition aus CDU und der Linken möglich.

Angesprochen auf seine umstrittenen Äußerungen zu "kleinen Paschas" und den angeblich kostenlosen Zahnbehandlungen für Asylbewerber, erklärte Merz, er sei "eben engagiert" und bei derartigen Themen komme das zum Vorschein. Als Oppositionsführer sei es außerdem zulässig zuzuspitzen, um einen Punkt zu setzen.

Soziologe Nassehi sieht Merz' Äußerungen hingegen kritisch. Es sei falsch, den Fokus derart stark auf Migration zu setzen. Es gebe in diesem Bereich einige Probleme, allerdings sei Deutschland auch eines der erfolgreichsten Einwanderungsländer.

Georg Schwarte, ARD Berlin, tagesschau, 22.01.2024 09:26 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 22. Januar 2024 um 09:19 Uhr.