Sendungsbild

Lindner zu Leistungen für Asylbewerber "So, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben"

Stand: 29.10.2023 20:18 Uhr

Finanzminister Lindner will die Leistungen für Asylbewerber verringern. Diese würden wie ein "Magnet" wirken, sagte er im Bericht aus Berlin. Bei den Kürzungen nahm er auch die Länder in die Pflicht.

Finanzminister Christian Lindner will seine Forderung nach Leistungskürzungen für Asylbewerber in der Regierung umsetzen. Im Interview im Bericht aus Berlin sagte der FDP-Chef, er und sein Parteikollege, Justizminister Marco Buschmann, hätten den Vorschlag gemacht, da es offensichtlich sei, dass der "Sozialstaat mit seinen im europäischen Vergleich sehr hohen Leistungen wie ein Magnet wirkt." Das müsse abgeschaltet werden.

Lindner verwies darauf, dass die Leistungen für die Asylbewerber von den Ländern und Kommunen bezahlt werden. Er habe Verständnis dafür, wenn die Länder vom Bund fordern würden, dass dieser sich an den Kosten der Migration beteiligt. "Umgekehrt müssen sie aber Verantwortung dafür übernehmen, die Zahlen zu reduzieren."

Der Finanzminister betonte, die Zahl der Asylbewerber ließe sich verringern, indem das Niveau des Asylbewerberleistungsgesetz auf ein verantwortbares Niveau reduziert werde. "Es geht hier nicht um einen Schäbigkeitswettbewerb. Aber so, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben."

Christian Lindner, FDP, Bundesfinanzminister, zur Strategiesuche in der Migrationspolitik

Bericht aus Berlin, 29.10.2023 18:00 Uhr

"Absenkungen auf quasi null"

In einem Gastbeitrag für die "Welt am Sonntag" hatten sich zuvor Lindner und Buschmann dafür ausgesprochen, dass Barzahlungen für Asylbewerber durch eine Bezahlkarte und Sachleistungen ersetzt werden sollten. Sie forderten außerdem Kürzungen bei den Leistungen. "Unter ganz besonders engen Voraussetzungen wäre sogar eine Absenkung von Leistungen quasi auf 'null' denkbar", schrieben sie.

Sie schlugen dies bei Menschen vor, "denen humanitärer Schutz in dem für sie nach den Dublin-Regeln zuständigen EU-Staat zusteht, die sich aber weigern, den Schutz dort in Anspruch zu nehmen. In diesen Fällen wäre es denkbar, die Leistung auf die Erstattung der notwendigen Reisekosten in den zuständigen Staat abzusenken."

Im Bericht aus Berlin betonte Lindner, es gehe bei den Vorschlägen um Asylbewerber, die nicht auf der Flucht vor Bürgerkrieg oder vor Naturkatastrophen seien. Diese würden aus wirtschaftlichen Gründen kommen und hätten eigentlich kein Aufenthaltsrecht. "Die wollen in Deutschland möglicherweise auch gar nicht arbeiten, sondern unseren Sozialstaat nutzen. Und das muss unterbunden werden", sagte Lindner.

Rhein: "Länder leisten übergroßen Anteil"

Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Regierungschef Boris Rhein, nannte die Vorstellungen Lindners "eigentümlich". Er stört sich vor allem daran, dass der Finanzminister offenbar den Ländern nur mehr Mittel zur Verfügung stellen will, wenn diese im Gegenzug mitwirken, die Sozialleistungen zu reduzieren und für eine Begrenzung der Zuwanderung zu sorgen.

"Die Länder leisten einen übergroßen Anteil der Finanzierung der Kosten der Migration und der Flucht", sagte Rhein im Bericht aus Berlin. 17 bis 18 Milliarden Euro seien das. Dazu kämen noch rund fünf bis sechs Milliarden Euro der Kommunen. "Der Bund beteiligt sich an diesen Kosten, jedenfalls in diesem Jahr, mit rund 3,75 Milliarden und im nächsten Jahr sollen es nur noch 1,2 Milliarden sein." Der Bund habe den Schlüssel zur Steuerung der Begrenzung der Flüchtlingssituation in der Hand.

Boris Rhein, Ministerpräsident Hessen, CDU, zur Strategie für die Begrenzung und Steuerung der Zuwanderung

Bericht aus Berlin, 29.10.2023 18:00 Uhr

Zugleich sprach sich Rhein für Bezahlkarten aus, "die Anreize nach Deutschland zu kommen, reduzieren." Das sei ein ganz wichtiger Ansatz. "Die Bezahlkarte macht aber natürlich nur dann Sinn, wenn sie bundeseinheitlich eingeführt wird." Deswegen wollen die Länder auch in dieser Frage sehr eng mit dem Bund zusammenarbeiten." Das werde eines der zentralen Themen am 6. November auf der Konferenz der Länderchefs mit Bundeskanzler Olaf Scholz sein.

Scholz drängt auf mehr Abschiebungen

Der hatte zuletzt in einem "Spiegel"-Interview ein härteres Vorgehen gegen abgelehnte Asylbewerber und die Begrenzung der irregulären Migration in Deutschland angekündigt. Am vergangenen Mittwoch brachten er und seine Ministerinnen und Minister im Kabinett ein sogenanntes Rückführungsverbesserungsgesetz auf den Weg. Damit soll die Zahl kurzfristig gescheiterter Abschiebungen reduziert werden. Die Pläne müssen noch vom Bundestag beschlossen werden.

Bereits Anfang September hatte der Bundeskanzler der Union eine Zusammenarbeit in Form eines "Deutschlandpaktes" zur Modernisierung des Landes angeboten. Merz und die Union hatten darauf gedrungen, das Thema Migration in den Mittelpunkt zu stellen. Seitdem gab es ein erstes Spitzentreffen zwischen Scholz, Merz und Vertretern der Bundesländer, zudem gingen Schreiben zwischen dem Oppositionsführer und dem Kanzler hin und her.

Am Montag in einer Woche könnten Bund und Länder bei einer Konferenz der Ministerpräsidenten mit Scholz weitere Maßnahmen zur Migrationspolitik vereinbaren. Diskutiert wird unter anderem die Frage, ob Barzahlungen für Asylbewerber durch eine Bezahlkarte und Sachleistungen ersetzt werden sollten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete der Bericht aus Berlin am 29. Oktober 2023 um 18:00 Uhr.