Eine Frau kontrolliert einen Heizkostenverteiler an der Heizung.
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Entwurf der Ampel-Regierung Was steht im Heizungsgesetz?

Stand: 03.07.2023 10:25 Uhr

Das Heizungsgesetz ist auf der Zielgeraden. Diese Woche soll es durch den Bundestag. Der politische Streit überlagerte zuletzt den Blick auf die Inhalte: Was ist nun eigentlich geplant? Sind Gas- und Ölheizungen künftig verboten?

Die Ausgangslage

Wohl selten in letzter Zeit war und ist ein politisches Vorhaben so umstritten wie das Heizungsgesetz. In der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP sorgten die Pläne für monatelangen Streit. Vor allem die FDP verlangte Nachbesserungen. Die Ampel einigte sich auf grundlegende Änderungen. Am Freitag kam der nächste Schritt: Ein mehr als 100-seitiges Papier mit Änderungsanträgen zum ursprünglichen Gesetzentwurf ging an den Bundestag. Viel Lesestoff für die Abgeordneten über das Wochenende.

Iris Sayram, ARD Berlin, zur öffentlichen Anhörung von Experten zum Heizungsgesetz

tagesschau, 03.07.2023 12:00 Uhr

Nun steht die Woche der Entscheidung an: Montag soll es eine erneute Expertenanhörung im Ausschuss für Klimaschutz und Energie geben. Dienstag beugen sich dann abschließend die Ampel-Fraktionen über den Entwurf. Für Donnerstag ist die entscheidende Beratung und Abstimmung im Bundestag geplant. Freitag soll der Bundesrat grünes Licht geben. Dann ist Sommerpause. Die Opposition kritisiert den engen Zeitplan. Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann schaltete das Bundesverfassungsgericht ein. Wann über die sogenannte Organklage und den Eilantrag entschieden wird, ist offen. Möglicherweise schon am Montag.

Was steht im Gesetzentwurf?

Im Kern sieht das Gebäudeenergiegesetz (GEG) - besser bekannt als Heizungsgesetz - vor, dass künftig nur noch Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die auf die Dauer zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden können. Das Gesetz soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten.

Mit einer wichtigen Einschränkung: Die Regelungen des GEG gelten unmittelbar erst einmal nur für Neubaugebiete. Dort wird bereits ein hoher Anteil etwa klimafreundlicherer Wärmepumpen verbaut. Ursprünglich sollten alle neuen Heizungen von 2024 an diese Vorgabe erfüllen. Dies hat die Ampel entschärft. Wirtschaftsminister Robert Habeck kam damit vor allem dem Drängen der FDP nach.

Was gilt für Bestandsbauten?

Ab wann alle anderen Haushalte klimafreundliche Heizungen einbauen müssen, wenn sie eine neue Heizung brauchen, richtet sich nach der Wärmeplanung der Kommunen. Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern müssen die Wärmeplanung bis 2026 vorlegen, kleinere Kommunen bis 2028. Bis Ende Juni 2026 beziehungsweise Ende Juni 2028 dürfen weiter Heizungen eingebaut werden, die die Anforderungen des Heizungsgesetzes nicht erfüllen.

Das Gesetz zur Wärmeplanung soll ebenfalls Anfang 2024 in Kraft treten, aber erst nach der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet werden. In manchen Kommunen gibt es eine solche Wärmeplanung schon jetzt. Es geht also um die Frage: Wo macht ein Nah- und Fernwärmenetz Sinn, wo eher elektrische Lösungen wie eine Wärmepumpe, wo eine Umstellung auf ein Gas- oder Wasserstoffnetz? Länder und Kommunen sollen konkrete Pläne vorlegen, wie sie ihre Heizinfrastruktur klimafreundlich umbauen wollen - damit Hausbesitzer auf dieser Grundlage entscheiden können, was sie machen. Der Staat werde in Vorleistung gehen, so FDP-Fraktionschef Christian Dürr. "Erst wenn klar ist, welche Heizoptionen eine Kommune hat, greifen die Vorgaben - und auch dann wird es möglich sein, eine umrüstbare Gas- oder Ölheizung einzubauen." Die Heizung müsse zum Haus passen.

Wie lange darf man die alte Gas- oder Ölheizung noch nutzen?

Niemand soll seine funktionierende Gasheizung ausbauen müssen, man kann sie auch reparieren lassen. Es gebe keine Verbote und keine Eingriffe ins Eigentum, so die FDP. Bereits bisher gibt es eine Vorgabe im GEG, wonach unter bestimmten Voraussetzungen und mit Ausnahmen Öl- und Gas-Heizungen ausgetauscht werden müssen, die älter als 30 Jahre sind. Das soll sich nicht ändern.

Was passiert, wenn eine Gas- oder Ölheizung kaputt ist?

Wenn eine Erdgas- oder Ölheizung irreparabel kaputt ist, soll es eine Übergangsfrist geben - das soll auch bei geplanten Heizungstauschen gelten. Während der Übergangsfrist von fünf Jahren können Heizungsanlagen eingebaut, aufgestellt und betrieben werden, die nicht die Anforderungen von 65 Prozent erneuerbare Energien erfüllen. Nach Ablauf der Frist sollen dann vor Ort kommunale Wärmeplanungen vorliegen, auf Basis derer sich die Bürger für eine passende klimafreundliche Heizung entscheiden sollen.

Ist der Einbau neuer Gas- oder Ölheizungen künftig verboten?

Nein. Aber es gibt zusätzliche Anforderungen. Wer nach dem 1. Januar 2024 eine solche Heizung einbauen möchte, soll vorher eine verpflichtende Beratung bekommen. Ziel ist es, wegen der steigenden CO2-Bepreisung, die fossile Brennstoffe immer teurer macht, auf eine mögliche "Kostenfalle" hinzuweisen.

Gasheizungen, die auf Wasserstoff umrüstbar sein sollen, können bis zur Vorlage einer Wärmeplanung eingebaut werden. Wenn die kommunale Wärmeplanung dann aber kein Wasserstoffnetz vorsieht, gelten schrittweise Anforderungen zur Beimischung klimaneutraler Gase wie Biomethan. Ab dem Jahr 2029 muss ein Anteil von 15 Prozent, ab 2035 ein Anteil von 30 Prozent und ab 2040 ein Anteil von 60 Prozent klimaneutrale Gase genutzt werden. Dies soll bilanziell über den Kauf entsprechender Herkunftsnachweise oder Zertifikate des Versorgers nachgewiesen werden können oder mit der Umrüstung der Heizung erreicht werden.

Der Einbau einer auf Biomasse (Holz, Pellets) basierenden Heizung soll uneingeschränkt im Alt- und Neubau möglich sein. Ursprünglich sollten wegen der Emissionen keine reinen Holzheizungen mehr zugelassen werden.

Wie sieht die staatliche Förderung aus?

Der Staat will die Wärmewende mit Milliarden fördern. Das Geld soll nicht aus dem normalen Bundeshaushalt kommen, sondern aus einem Sondertopf - dem Klima- und Transformationsfonds. Geplant ist, dass unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 70 Prozent der Investition beim Kauf einer klimafreundlicheren Heizung übernommen werden. Für alle Haushalte soll es einkommensunabhängig einen einheitlichen Fördersatz von 30 Prozent geben. Wer im Eigenheim wohnt und über weniger als 40.000 Euro zu versteuerndes Einkommen verfügt, kann weitere 30 Prozent Förderung erhalten. Davon könnten viele Rentner profitieren. Zudem ist ein "Geschwindigkeitsbonus" von 20 Prozent geplant - und zwar bis zum Jahr 2028. Ab 2028 soll dieser Bonus um drei Prozentpunkte alle zwei Jahre sinken. Insgesamt aber ist die Förderung bei maximal 70 Prozent gedeckelt. Unklar ist noch, welche Heizungen genau gefördert werden, ob also auch moderne Gas- und Ölheizungen dazu gehören. Offen ist auch, wo genau man die Förderung beantragen kann.

Was ist für Mieter wichtig?

Vermieter sollen Anreize bekommen, um in eine klimafreundliche Heizung zu investieren. Mieter sollen vor stark steigenden Mieten geschützt werden. Das sind die Ziele der Koalition. Dazu will die Ampel eine weitere Modernisierungsumlage einführen, über die Vermieter zum Beispiel bei Sanierungen Investitionskosten an Mieter weitergeben können. Im Falle eines Heizungstauschs kann die Modernisierungsumlage von acht auf zehn Prozent im Jahr erhöht werden - aber nur, wenn der Vermieter eine staatliche Förderung in Anspruch nimmt und die Fördersumme von den umlegbaren Kosten abgezogen wird.

Und: Die maximale Mieterhöhung pro Quadratmeter und Monat soll immer bei 50 Cent gekappt werden, das soll gelten für die Dauer von sechs Jahren - und unabhängig davon, ob Vermieter die Kosten über die bisherige oder die neue Modernisierungsumlage auf Mieter umlegen. Außerdem sollten Härtefälle beim Heizungstausch zukünftig immer berücksichtigt werden. Für Mieter, deren Miete durch die Modernisierung auf mehr als 30 Prozent ihres Haushaltseinkommens ansteigt, soll nur eine beschränkte Umlagefähigkeit gelten. Zudem sollen Mieterhöhungen wegen Heizungsaustauschs bei Indexmieten ausgeschlossen sein.

Was gilt für über 80-Jährige?

Die ursprünglich geplante Sonderregel für über 80-Jährige wurde gestrichen, auch aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken. Im ursprünglichen Gesetzentwurf war geplant: Für selbstnutzende Eigentümer von Gebäuden mit bis zu sechs Wohnungen, die älter als 80 Jahre sind, sollte im Havariefall einer Heizung - also wenn eine kaputte Heizung nicht mehr repariert werden kann - die Pflicht entfallen, eine Heizung mit 65 Prozent Ökostrom einzubauen.

Das ist alles kompliziert und teuer - warum kommt das Gesetz?

Der Gebäudebereich ist eines der "Sorgenkinder" beim Klimaschutz. Bis 2045 aber soll Deutschland klimaneutral werden, also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als auch wieder gebunden werden können. Deswegen sollen nun auch bei Gebäuden die Anstrengungen intensiviert werden. Der Umstieg weg von fossilen hin zu erneuerbaren Energien beim Heizen sei notwendig, weil in Deutschland noch sehr viel mit Öl und Gas geheizt wird, begründete das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium vor Monaten die GEG-Novelle: "Wenn wir also bis 2045 klimaneutral werden wollen, dann ist ein schnelles Umsteuern im Gebäudebereich erforderlich."

Doch ob das Gesetz, so wie es jetzt geplant ist, wirklich ausreicht, um die Klimaziele zu erreichen, wird bezweifelt. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hält den Entwurf für nicht weitgehend genug. Mit diesem Gesetz würden die Klimaschutzziele im Wärmesektor wahrscheinlich nicht erreicht, zugleich sei das Gesetz "sehr kompliziert", sagte sie im Deutschlandfunk. Auch Umweltverbände beklagen ein "weichgespültes" Gesetz.

Lothar Lenz, ARD Berlin, tagesschau, 03.07.2023 10:47 Uhr