Brennende Holz-Pellets

Wärmewende Heizungsstreit auch über Pellets entbrannt

Stand: 17.05.2023 15:52 Uhr

Die Bundesregierung stellt die Zukunft von Holzöfen und Pelletheizungen infrage. Deren Öko-Bilanz ist umstritten. Kritik an der geplanten Heizungsreform kommt von Industrie und Union, aber auch aus der Ampel selbst.

Ihre Wärme ist vergleichsweise billig, ihr Einbau wurde jahrelang vom Bund gefördert. Doch nun erfasst die Wärmewende die Kamine und Pelletöfen. In Neubauten soll es ab 2024 kein Heizen mit Holz mehr geben. Und wer seine Anlage nachrüsten oder austauschen muss, soll dann gleich Pufferspeicher, Feinstaubfilter und eine zweite Wärmequelle dazu bauen. Letztere muss eine solarthermische Anlage oder eine mit Photovoltaik sein.

So sieht es der Entwurf der Bundesregierung für die Neufassung des Gebäudeenergiegesetzes vor. Ausnahmen soll es nur in wenigen Fällen geben, etwa aufgrund von Denkmalschutz. Schon im vergangenen Jahr hatte die Ampel die Förderung für neue Pelletheizungen gekürzt.

"Da ist Absicht dahinter"

Der Verband der Waldbesitzer, der AGDW, nennt den aktuellen Gesetzesentwurf einen "massiven Angriff" auf die eigene Wirtschaft. Verbandsgeschäftsführerin Irene Seling sorgt sich um drohende Einnahmeverluste. Geld, das am Ende im Nutzwald fehlen würde. Die Bundesregierung gefährde "die nachhaltige Waldpflege in Deutschland", so Seling.

Unterstützung kommt von der Union. Heizen mit Holz sei nachhaltig und "dient dem Klimaschutz", sagt Andreas Jung im Gespräch mit tagesschau.de. Der CDU-Bundesvize und Sprecher der Unionsfraktion für Klimaschutz und Energie spricht sich deshalb gegen ein Verbot im Neubau aus.

Auch die Beschränkungen beim Nachrüsten und Austauschen müssten "abgeräumt" werden. Mit denen würde die Ampel das Heizen mit Holz grundsätzlich infrage stellen - "und genau das ist die Absicht dahinter", so Jung. Er hält auch die mit Holz verknüpfte Feinstaub-Debatte angesichts bereits verschärfter Standards für überzogen.

Das sieht man beim Umweltbundesamt in Dessau anders. Dessen Präsident, Dirk Messner, warnt vor dem Ausstoß vor allem kleinerer Öfen und Kamine. Mittlerweile entfielen mehr als 20 Prozent der gesamten Feinstaubemissionen auf die Holzverbrennung, so Messner gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. "Das ist ungefähr die Größenordnung der Emissionen aus dem Straßenverkehr."

Diskussion um Klimabilanz

Doch Kritik am aktuellen Gesetzesentwurf kommt auch von innerhalb der Ampel. Das Papier müsse in diesem Punkt verbessert werden, sagt Markus Hümpfer. Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Klima- und Energie-Politiker verweist auf europäische Richtlinien. "Die EU erlaubt Holz ausdrücklich weiterhin als erneuerbare Energie", so Hümpfer. Und weiter: "Man muss froh sein über jede Öl- und Gas-Heizung, die jetzt getauscht wird." Das Heizen mit Holz sei eine "Übergangslösung".

Die SPD-Fraktion hat bereits angekündigt, das Neubau-Aus für Holz- und Pelletheizungen verhindern zu wollen. Hümpfer schlägt vor, in den geplanten Auflagen nur den Pufferspeicher zu belassen und Staubfilter nur in Ausnahmefällen verpflichtend zu machen.

Verschiedene Landesregierungen, darunter auch die grün-schwarze von Baden-Württemberg, sprechen sich ebenfalls für "Technologieoffenheit" aus.

Ob das Heizen mit Holz das Label "klimafreundlich" verdient, ist allerdings umstritten. Das grün geführte Bundesumweltministerium schreibt auf seiner Website: "Heizen mit Holz ist entgegen der weit verbreiteten Meinung nicht klimaneutral." Das handelte Ministerin Steffi Lemke schon im Herbst 2022 einen Brief der Wirtschaftsverbände ein. Das Ministerium habe nicht die gesamte Nutzungskette eingerechnet, monierten sie.

CDU-Politiker Jung argumentiert ähnlich. Pellets in Deutschland bestünden vor allem aus Rest- und Abfallholz. "Es wird nur CO2 freigesetzt, das zuvor gebunden wurde", sagte er. Würde das Holz verrotten, würde das Treibhausgas ebenfalls frei.

Die Bündnis-Grünen hingegen wollen Holz für klimaschonendes Bauen verwenden, nicht als Brennstoff. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir fasste das vor einem Jahr so zusammen: "Sägespäne kann man sinnvoller nutzen, indem man sie zum Beispiel zu Spanholzplatten verarbeitet." Auch im aktuellen Gesetzesentwurf ist von "knappen Biomasse-Kapazitäten" die Rede, die "schonend genutzt werden" müssten.

Über 100.000 Zubauten pro Jahr

Eine wichtige Rolle bei der Bewertung spielen deshalb die Fragen, wie viel Holz gebraucht wird und woher es kommt. Laut dem wirtschaftsnahen Deutschen Pelletinstitut, dem DEPI, hat die Industrie in Deutschland im vergangenen Jahr 3,5 Millionen Tonnen Pellets produziert. Davon stammten über 90 Prozent aus Restholz. Die Klimabilanz von ausländischen Holzprodukten ist vielfach schlechter.

"Es besteht überhaupt kein Anlass, da jetzt zu deckeln", sagt CDU-Politiker Jung. Heizen mit Holz werde "nie Massenphänomen".

Zwar heizen deutschlandweit weniger als sechs Prozent aller Haushalte mit Holz - und die finden sich überwiegend im ländlichen Raum. Doch die Zahl der Kaminöfen und Pelletkessel hat sich binnen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Zuletzt mit erhöhter Schlagzahl: 2022 war der Zubau fast viermal so hoch wie noch 2019. Der Trend ist damit nicht allein auf die Energiekrise zurückzuführen. In diesem Jahr, so eine DEPI-Prognose aus dem März, sollen wieder über 100.000 Öfen und Kessel neu dazukommen.