Andreas Bovenschulte
Porträt

Bremen-SPD setzt auf Bovenschulte Mit Amtsbonus und Akkorden

Stand: 11.05.2023 15:01 Uhr

Die SPD will in Bremen die längste Regierungszeit einer Partei in einem Bundesland weiter verlängern. Dafür setzt Bürgermeister Bovenschulte auf seinen Amtsbonus - und manchmal auch auf seine Gitarre.

Von Birgit Reichardt

Frohlocken bei Andreas Bovenschulte: In einer Umfrage eine Woche vor der Bremen-Wahl schreiben die Befragten seiner SPD die höchste Wirtschaftskompetenz zu. Bisher gehörte dies traditionell zur Kernkompetenz der CDU. Das zitiert der aktuelle Bürgermeister gern. Ihm gibt das Rückenwind für seinen Wahlkampf und seine Bemühungen, den Bremerinnen und Bremern ihre Stadt aus anderer Perspektive zu zeigen.

Eine der wichtigsten Botschaften des Spitzenkandidaten ist dabei die vom Wirtschaftswachstum: Kein anderes Bundesland hatte 2022 ein höheres: 5,1 Prozent gegenüber 1,8 Prozent im Bundesschnitt laut ersten Schätzungen, unter Berücksichtigung der Inflation. Spitzenreiter statt Schlusslicht unter den Ländern. Das sollen die Menschen sehen.

Punk und Politik

Es ist der erste Wahlkampf für Bremens Bürgermeister als Spitzenkandidat. Sein Vorgänger Carsten Sieling trat nach dem historisch schlechten Abschneiden der SPD vor vier Jahren zurück, Bovenschulte übernahm.

Wenige Monate später kam die Pandemie und er lernte mit Hochgeschwindigkeit, Bremen zu regieren. Heute ist er bekannt, gilt als souveräner Landesvater - und darauf baut die Wahlkampagne der SPD.

Und auf sein Image als verhinderter Rockstar. Bovenschulte singt mit Gitarre vor Länderkollegen Queen-Songs und rappt vor Genossen und Wählern im Park. Ein bisschen Liebe zum Punk sei auch noch da, sagt er. In der Politik setzt Bovenschulte jedoch auf sachliche Argumente statt schriller Akkorde.

Also spricht er ruhig, aber nachdrücklich über die gute wirtschaftliche Entwicklung und wirkt dabei, als wolle er das Bild von Bremen neu skizzieren. Eine starke Wirtschaft, sagt der gelernte Jurist, sei die Grundlage für sozialen Zusammenhalt und Gerechtigkeit.

Andreas Bovenschulte, Bürgermeister von Bremen, beim Landesparteitag der SPD im Februar.

Bremens SPD-Spitzenkandidat Andreas Bovenschulte

Grüner Stahl made in Bremen

Da gehört es dazu, dass Bovenschulte die Flugzeugindustrie und Automobilbranche unterstützen sowie in die Häfen als wichtigstem Wirtschaftsfaktor investieren will. Und immer wieder betont er, wie bedeutsam die Umstellung des Bremer Stahlwerks auf grüne Produktion ist: Das Werk allein stößt 50 Prozent der CO2-Emissionen im Land aus, die fielen dann auf einen Schlag weg.

Viele Branchen warten längst auf grünen Stahl. Wenn das Bremer Werk da nicht mitzieht, steht in paar Jahren dessen Existenz auf dem Spiel. Und 3000 direkte und weitere 7000 indirekte Arbeitsplätze gingen verloren.

Verschuldungspaket oder Zukunftsinvestition?

Klimaschutz, der Arbeitsplätze sichert - das klingt unangreifbar. Das Stahlwerk dient dann auch als Musterbeispiel, um den milliardenschweren Klimafonds zu rechtfertigen, den Bremen unter Bovenschulte Ende März als Nachtragshaushalt beschlossen hat.

Die Opposition in der Bremischen Bürgerschaft bringt der 2,5 Milliarden Euro schwere Fonds auf die Palme. "Verschuldungspaket" nennt die CDU die Pläne, weil sich Bremen damit Hunderte Millionen Euro an zusätzlicher Zinslast einhandelt. Doch nach Überzeugung des SPD-Politikers führt kein Weg daran vorbei. Bovenschulte betont, nur für zielführende Zukunftsinvestitionen könne Bremen die Ausnahmeklausel der Schuldenbremse ziehen.

Bovenschulte brüskiert Grünen-Senatorin

In solch kontroversen Debatten erklärt Bovenschulte gern und zeigt sich meist besonnen. Wenn er sich und seine Sache bedroht sieht, kann er sich aber auch scharf abgrenzen. So brüskierte er nur eine Woche vor der Wahl seine Koalitionspartnerin und Mobilitätssenatorin, Maike Schaefer, indem er eine ihrer Maßnahmen öffentlich infrage stellte.

Die Grünen-Politikerin und ihre Verkehrspolitik sind umstritten, die Partei muss laut Umfragen mit deutlichen Stimmenverlusten rechnen. In diesen Sog will der SPD-Spitzenkandidat nicht geraten. So zeigte er Verständnis für die Kritik an Schaefers Entscheidung, das Kurzzeitparken abzuschaffen. Er erklärte, das nach der Wahl überdenken zu wollen.

Bildung macht mürbe in Bremen

Auch in diesem Wahlkampf kam niemand am Thema Bildung vorbei. Fehlende Lehrkräfte und Erzieherinnen, das schlechte Abschneiden in Bildungsstudien hat die Menschen mürbe gemacht. Bovenschulte hält jedoch nicht das Bremer Bildungssystem für das grundlegende Problem. Mehr als die Hälfte der Kinder in Bremen sei von mindestens einem Risikofaktor betroffen: Armut, ein bildungsfernes Elternhaus, eine andere Muttersprache als Deutsch.

Kurzfristig will Bremen das mit einem verpflichtenden Kita-Brückenjahr ausgleichen, um Kinder vor der Einschulung zu fördern. Quereinsteiger sollen helfen, den Fachkräftemangel abzufedern. Langfristig, und hier schließt sich der Kreis des Sozialdemokraten Bovenschulte, sollen eine starke Wirtschaft und gute Arbeitsplätze die Armut bekämpfen und sich positiv für die Kinder auswirken.

Rot-Grün-Rot oder Große Koalition?

Der Bürgermeister ist bekannt und populär, knapp 60 Prozent der Bremer würden ihn direkt wählen. Die SPD aber liegt laut Umfragen nur knapp vor der CDU. Mit Koalitionsaussagen hält sich Bovenschulte zurück: Erst in Verhandlungen nach dem Wahlsonntag werde man wirklich abschätzen können, wer mit wem am besten zusammenpasst.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten am 14. Mai 2023 das Erste in der Sondersendung "Bürgerschaftswahl in Bremen" um 17:45 Uhr und das Regionalmagazin "buten un binnen" um 19:30 Uhr.