Ein Adidas-Geschäft in London

Corona-Krise und Gewerbemieten Adidas zahlt nicht mehr - andere folgen

Stand: 27.03.2020 15:41 Uhr

Angesichts der Corona-Pandemie geraten auch große Unternehmen unter Druck. Nach der Ankündigung von Adidas, Mieten für Filialen des Unternehmens auszusetzen, kündigen weitere Firmen diesen Schritt an.

Es gibt wohl nicht viele deutsche Unternehmen, die sogar von amerikanischen Hip-Hoppern besungen wurden. Adidas ist so eines. Run-DMC sang 1986 "my adidas only bring good news." In Zeiten von Corona gibt es aber selbst von dem traditionsreichen Sportartikelhersteller schlechte Nachrichten. Sprecher Jan Runau bestätigt gegenüber tagesschau.de, "dass Adidas vorsorglich Mietzahlungen temporär aussetzt, wo unsere Läden geschlossen sind." Man stehe mit den betreffenden Vermietern in engem Austausch.

Adidas kämpft mit den Corona-Folgen, nicht nur in Deutschland. Auch in Nordamerika, Europa und Lateinamerika haben Adidas-Läden dichtgemacht. "Unser Online-Handel macht im Moment nur 15 Prozent unseres gesamten Geschäftes aus. Wir fahren den zwar jetzt intensiv hoch, ebenso wie das Online-Geschäft mit unseren Handelspartnern wie etwa Footlocker, Zalando oder Asos, die unsere Produkte auf ihren Portalen anbieten. Aber das wird nur zum Teil Umsatzeinbußen kompensieren können, die wir durch die Ladenschließungen in den meisten Ländern der Welt haben", sagt Runau.

Adidas ist kein Einzelfall

So wie Adidas haben auch schon die deutsche Schuhkette Deichmann und der schwedische Moderiese H&M angekündigt, die Zahlungen vorerst einzustellen. Bei H&M sind alleine in Deutschland 460 Geschäfte betroffen. "Angesichts der aktuellen Situation ist eine kurzfristige aber auch mittelfristige Auswirkung auf unser Geschäft unvermeidlich", so eine Sprecherin gegenüber tagesschau.de. Viele weitere werden sicher folgen. Der Berliner Mieterverein befürchtet, dass vor allem kleine Gewerbetreibende Probleme haben, ihren Mietverpflichtungen nachzukommen.

H&M-Filiale H&M-Filiale

Auch der schwedische Moderiese H&M möchte in den nächsten drei Monaten die Mietzahlungen für ihre 460 Geschäfte in Deutschland aussetzen "bis die Sachlage geklärt ist", teilte eine Sprecherin mit.

Das Monatsende steht kurz bevor und bereits Anfang März sind die Umsätze dramatisch eingebrochen. "Nehmen Sie alleine eine Pizzeria, die 4000 Euro Miete im Monat zahlen muss. Die machen jetzt gar keinen Umsatz. Es gibt auch keinen Tag X, an dem das Geschäft dann wieder ganz normal läuft. Es wird noch Monate dauern, in denen die Betreiber weiterhin Sicherheitsmaßnahmen gegen die Eindämmung des Virus treffen müssen, die Sicherheitsabstände im Lokal beispielsweise", so Reiner Wild vom Mieterverein Berlin.

Hilfe durch neue Gesetze

Abhilfe will die Bundesregierung heute im Bundesrat schaffen. In Rekordgeschwindigkeit sind mehrere Maßnahmen diese Woche in die Spur gesetzt worden. Neben milliardenschweren Nothilfeprogrammen für die Wirtschaft gibt es auch Erleichterungen bei Zahlungsausfällen oder Verzügen.

So auch im Mietrecht. Normalerweise steht einem Vermieter das Recht einer fristlosen Kündigung zu, wenn der Mieter länger als drei Monate seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkommt. Dieses Kündigungsrecht wird für die Dauer von zwei Jahren ausgesetzt. Miete, die in den nächsten drei Monaten nicht gezahlt wird, muss erst bis zum 30.06.2022 nachgeleistet sein. Voraussetzung ist, dass der Mieter als Folge der Corona-Maßnahmen nicht zahlen kann. Dieses Recht gilt sowohl für Gewerbemieten als auch für die private Miete zu Hause.

Mieterverein fordert Nachbesserung

"Das ist schon mal ein erster Schritt", so Wild vom Mieterverein. Wobei Wild kritisiert, dass es nur ein Aufschub ist, eine Art Kredit, den Vermieter gewähren müssen. "Um bei dem Beispiel der Pizzeria zu bleiben, wenn der drei Monate keine Miete zahlt, hat er alleine dadurch 12000 Euro Schulden angehäuft. Die sind schwer wieder reinzuholen." Der Mieterverein fordert Nachbesserungen und "einen Solidarfonds, aus dem bedürftige Mieter und insolvenzgefährdete Vermieter unterstützt werden." Damit solle aber keine unangemessene Miete staatlich finanziert werden, meint Wild. Auch die großen Unternehmen hoffen auf mehr Hilfe. Deichmann erwarte von den politisch Verantwortlichen, dass "die Mietschäden durch die Zwangsschließungen ersetzt werden", erklärte der Konzern.

CDU: Missbrauch beim Kündigungsschutz

Der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jan Marco Luczak kritisiert die großen Unternehmen. "Unsere Intention mit diesem Gesetz war nicht, dass finanzstarke Konzerne aufgrund dieses Gesetzes keine Miete mehr zahlen und sich nicht mehr an geschlossene Verträge halten." Hier sollten mehr die Belange der Vermieter in den Blick genommen werden, die mitunter stärker durch die Krise belastet werden. Der Unions-Mann gibt sogleich seinem Koalitionspartner einen Seitenhieb. Es sei die SPD gewesen, die einen Sicherungsmechanismus vor einer missbräuchlichen Anwendung im Gesetz nicht gewollt habe.

Adidas betont hingegen, ein Einvernehmen mit den Vermietern zu suchen. Und es gebe auch Anlass zur Hoffnung: "Wir erleben einen Gegentrend in China. Dort sind die Läden wieder zu 100 Prozent geöffnet", so Adidas-Sprecher Runau. "Das Leben kehrt dort langsam zur Normalität zurück" und damit vielleicht auch das Geschäft.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR5 aktuell am 27. März 2020 um 11:00 Uhr.