Die Flagge der Ukraine weht in Kiew.

NATO-Äußerungen Welche Sorgen Trump in der Ukraine auslöst

Stand: 13.02.2024 10:29 Uhr

Auch in der Ukraine verfolgt man die Trump-Äußerungen zur NATO aufmerksam - und angesichts der russischen Aggression mit Sorgen. Aber es gibt auch positive Erinnerungen an seine Amtszeit.

Von Sabine Adler, ARD-Studio Kiew

Dass Donald Trump den russischen Präsidenten Wladimir Putin bewundert, ihm gar freie Hand gegen NATO-Länder lassen will, dass Trump Russland die Krim zugestand, weil man dort Russisch spreche - all das ist in der Ukraine präsent.

Und es macht Investigativjournalistin Tetjana Nikolajenko größte Sorgen: "Als Trump zum ersten Mal Präsident war, befanden wir uns nicht in einer so kritischen Kriegssituation wie jetzt, wir brauchten keine so starke militärische Unterstützung." Ohne Waffen werde dieser Konflikt nicht einfach einfrieren wie schon einmal.

"Bis November erst einmal überleben"

Die Parlamentsabgeordnete Ivanna Klimpusch-Zinzadse stimmt zu. Bei den neuerlichen russischen Luftangriffen auf Kiew und andere Städte fängt die ukrainische Armee immer weniger Raketen ab. "Wir müssen bis November vor allem erst einmal überleben." Die US-Wahl im November sei in ihrer Realität, wie sie sie erlebe, weit entfernt. "Man kann ja kaum bis zur nächsten Woche planen", sagt sie.

Die außenpolitische Expertin starrt dennoch nicht wie das Kaninchen auf die Schlange, sollte Trump wiedergewählt werden. Trotz seiner Drohungen hat sie ihn keineswegs nur schlecht in Erinnerung. Er habe in seiner ersten Amtszeit Kiew Panzerabwehrraketen vom Typ "Javelin" für den Krieg in der Ostukraine geliefert, anders als Vorgänger Barack Obama.

Andererseits wollte Trump als Präsident den frisch gewählten Wolodymyr Selenskyj erpressen, Ermittlungen gegen Joe Bidens Sohn Hunter zu beginnen. Das brachte Trump ein Impeachment-Verfahren ein, was seinen Groll gegen die Ukraine weckte.

Ukrainische Opposition fühlt sich an den Rand gedrängt

Gute Kontakte in alle Ebenen der US-Politik, findet Klimpusch-Zinsadse, die ehemalige ukrainische Vizepremierministerin, seien wichtiger denn je. Doch weil sie der parlamentarischen Opposition angehört, könne sie die nicht knüpfen. Ihre Partei Europäische Solidarität sei Mitglied in zwei internationalen Parteiorganisationen: der europäischen EVP und in der International Democratic Union: "Im Dezember wollten wir am internationalen Jahrestreffen in Washington D.C. teilnehmen, aber wir konnten nicht, der Vorsitzende unseres ukrainischen Parlaments hat es uns nicht erlaubt."

So verpassten sie Chancen, mit vereinten Kräften international um Unterstützung für die Ukraine zu werben. Doch Selenskyj übernehme diese Aufgabe anscheinend lieber ganz allein. Die Opposition fühlt sich an den Rand gedrängt, wogegen sie sich wehrt. "Sie nennen nicht einmal einen Grund dafür, uns nicht reisen zu lassen. Weswegen ich, wie andere aus der Fraktion, gerichtlich gegen den Parlamentschef vorgehe."

Rasmussen will rasche Sicherheitsgarantien

Die gefährdete Ukraine braucht Sicherheitsgarantien, Selenskyj hat seinen Präsidialamtschef Andrij Jermak und den früheren NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen die Leitung einer internationalen Arbeitsgruppe übertragen, die weltweit Länder ins Boot holen soll. Als erster Staat hat Großbritannien der Ukraine Sicherheit garantiert, Deutschland könnte bald folgen.

Er hoffe, sagte Rasmussen jüngst in Kiew, dass man die Sicherheitsgarantien bis zum NATO-Gipfel im Juli in Washington zusammenhabe - noch vor dem Konvent der Republikaner, bei dem ihr Präsidentschaftskandidat gekürt wird. Er mache keinen Hehl daraus, dass er für eine Einladung an die Ukraine schon für diesen Gipfel sei, auch wenn Kritiker sagten, dass sie kein Mitglied werden könne, solange der Krieg dauere. "Aber das gibt Putin einen Anreiz, seinen Krieg fortzusetzen, und de facto ein Vetorecht", sagte Rasmussen weiter. "Er sollte nicht derjenige sein, der über NATO-Mitgliedschaften bestimmt, denn daraus würde Xi Jinping in China ableiten, dass wenn sich Putin die Krim nimmt, er sich Taiwan nehmen kann."

"Um ein Haar wäre ich von ihnen erschossen worden"

In der Ukraine weckt solch ein Einsatz Hoffnung, auch bei Tetjana Nikolajenko, der Investigativjournalistin, die selbst 20 Tage russische Soldaten in Tschernihiw ertragen musste. "Um ein Haar wäre ich von ihnen erschossen worden. Einfach, weil sie betrunken waren und sie wissen wollten, wo ukrainische Soldaten sind."

Die Ukrainerin hat erfahren, was russische Besatzung heißt, was das für das ganze Land bedeuten würde.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. Februar 2024 um 07:08 Uhr.