Jens Stoltenberg

NATO-Generalsekretär Stoltenberg Trump-Äußerung "untergräbt unsere Sicherheit"

Stand: 12.02.2024 00:24 Uhr

US-Präsidentschaftsbewerber Trump sorgt mit seiner Äußerung, säumige NATO-Bündnispartner nicht vor Russland zu schützen, für Empörung. NATO-Generalsekretär Stoltenberg erklärte, dies "untergräbt unsere gesamte Sicherheit".

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Äußerung von Ex-US-Präsident Donald Trump, im Falle einer Wiederwahl säumige NATO-Bündnispartner nicht zu verteidigen, scharf kritisiert.

"Jede Andeutung, dass Verbündete sich nicht verteidigen werden, untergräbt unsere gesamte Sicherheit, einschließlich der Vereinigten Staaten, und setzt US-Soldaten und europäische Soldaten einem erhöhten Risiko aus", erklärte Stoltenberg in Brüssel.

Trump: "Russland sogar noch ermutigen"

Der republikanische US-Präsidentschaftsbewerber Trump hatte am Samstag bei einer Wahlkampfveranstaltung im US-Bundesstaat South Carolina gesagt, er würde NATO-Partnern, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen, keinen Schutz vor Russland gewähren.

Der "Präsident eines großen Landes" habe ihn einmal gefragt, ob die USA dieses Land auch dann noch vor Russland beschützen würden, wenn es die Verteidigungsausgaben nicht zahle, sagte Trump. Er habe geantwortet: "Nein, ich würde euch nicht beschützen." Vielmehr noch: Er würde Russland "sogar dazu ermutigen, zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen". Es war dabei unklar, ob es jemals so ein Gespräch zwischen Trump und einem Staatschef gegeben hat, denn Trump sagte auch: "Nehmen wir an, das ist passiert." 

Scharfe Kritik von der EU und aus Polen

Auch die EU und Polen kritisierten Trumps Aussage. Eine explizite Stellungnahme der Bundesregierung liegt bislang nicht vor. Das Auswärtige Amt schrieb auf Englisch auf dem Kurznachrichtendienst X, ohne auf Trump Bezug zu nehmen, das Credo der NATO "Einer für alle und alle für einen" schaffe Sicherheit für mehr als 950 Millionen Menschen.

EU-Kommissar Thierry Breton sagte dem Sender LCI, Trumps Haltung sei nicht neu. "Vielleicht hat er Gedächtnisprobleme", kommentierte er die Aussagen des 77-jährigen Ex-Präsidenten. "Tatsächlich war es eine weibliche Präsidentin - nicht eines Landes, sondern der EU", sagte Breton und bezog sich dabei auf die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Breton hatte im Januar selbst von einem Treffen 2020 in Davos zwischen Trump und von der Leyen berichtet. Dabei zitierte er Trump unter anderem mit den Worten: "Übrigens, die NATO ist tot, und wir werden sie verlassen, wir werden aus der NATO austreten."

Der polnische Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz schrieb auf X, kein Wahlkampf könne als Entschuldigung herhalten, mit der Sicherheit des Bündnisses zu spielen.

Weißes Haus: "Entsetzlich und verstörend"

Auch das Weiße Haus reagierte auf Trumps Äußerung. "Angriffe eines mörderischen Regimes auf unsere engsten Alliierten zu ermutigen, ist entsetzlich und verstörend" - erklärte Sprecher Andrew Bates. "Es gefährdet die nationale Sicherheit Amerikas, die globale Stabilität und unsere Wirtschaft im Inland." Anstatt zu Kriegen aufzurufen und "geistesgestörtes Chaos" zu fördern, werde US-Präsident Joe Biden "weiterhin die amerikanische Führungsrolle stärken". Biden sagte laut einer Mitteilung vom Sonntagabend, Trumps Eingeständnis, dass er beabsichtige, Putin grünes Licht für mehr Krieg und Gewalt zu geben und seinen brutalen Angriff auf eine freie Ukraine fortzusetzen, sei "entsetzlich und gefährlich". 

Zuletzt war NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei einem Besuch in Washington Befürchtungen entgegengetreten, dass der Ausgang der US-Präsidentenwahl die Zukunft der NATO gefährden könnte. Er habe vier Jahre lang mit Trump zusammengearbeitet und ihm aufmerksam zugehört, sagte Stoltenberg Ende Januar dem US-Sender CNN. Trumps Hauptkritik, die Bündnispartner würden zu wenig für die NATO ausgeben, sei angekommen. So hätten sie in den letzten Jahren ihre Verteidigungsausgaben deutlich erhöht.

Trump drohte immer wieder mit Rückzug aus NATO

Trump, der von 2017 bis 2021 im Weißen Haus regierte, drohte immer wieder mit dem Rückzug der USA aus dem Verteidigungsbündnis. Wie die "Washington Post" berichtete, erwähnte er bereits bei einer Veranstaltung im Jahr 2022 ein Treffen, bei dem er NATO-Partnern gesagt habe, er werde sich nicht an die Bündnisverpflichtung zur Verteidigung halten, wenn die Länder nicht mehr für ihren Verteidigungshaushalt ausgäben. Demnach handelt es sich womöglich um eine Anspielung auf eine Aussage Trumps auf dem NATO-Gipfel 2018.

Der Republikaner will im November wieder zum Präsidenten gewählt werden und kämpft bei den Vorwahlen seiner Partei um die Kandidatur. Er wirbt unter anderem mit einer grundlegenden Neubewertung der NATO. 

Bei der Wahlkampfveranstaltung in South Carolina kündigte Trump außerdem erneut an, Menschen im großen Stil abzuschieben. Die irreguläre Einwanderung ist eines der dominierenden Themen im US-Wahlkampf. Ein oft genutztes Argument auf republikanischer Seite lautet, Steuergelder sollten nicht zum Schutz anderer Länder - etwa der Ukraine - ausgegeben werden, sondern für den Schutz der eigenen Grenze.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 11. Februar 2024 um 16:00 Uhr.