Eine tote Robbe am Chalaktyrsky-Strand wird von einer Polizistin fotografiert.

An der Küste von Kamtschatka Ursache für Tiersterben noch unklar

Stand: 07.10.2020 20:25 Uhr

Erste Untersuchungen haben keine Erklärung für das massenhafte Tiersterben an der Küste Kamtschatkas in Russland geliefert. Experten vermuten, dass ein Chemikalien-Lager die Ursache sein könnte.

Mittlerweile beschäftigt das rätselhafte Tiersterben vor Kamtschatka auch Präsident Putin. Dessen Sprecher Peskow teilte mit, dass sich der Kremlchef über den Fall auf dem Laufenden halten ließe. "Der Präsident wird über die Ergebnisse der Proben aus dem Ozean, von der Küste Kamtschatkas informiert", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Die Situation dort errege großes Aufsehen und der Umweltschutz habe Priorität. "Es muss jetzt aufgeklärt werden, was dort genau passiert ist. Bis Ende der Woche erwarten wir Ergebnisse", so Peskow. Es werde noch einige Zeit benötigt, bis die Proben ausgewertet werden könnten. Daher müsse man noch ein wenig Geduld aufbringen.

Doch Umweltschützer schlagen schon seit Tagen Alarm, seit es an Teilen der Küste der russischen Halbinsel im Nordpazifik ein Massensterben unterschiedlichster Meerestiere gibt. Davon betroffen sind in großer Zahl Robben, Kraken, Seesterne und Fische, deren Kadaver an die Strände gespült wurden. Greenpeace spricht von einer Umweltkatastrophe. 

Surfer berichten von verfärbtem Wasser

Wissenschaftler, die im Kronozki-Naturreservat getaucht waren, berichten, dass in einer Tiefe von fünf bis zehn Metern 95 Prozent der dortigen Lebewesen tot seien. Das Wasser habe seine Farbe verändert und einen komischen Geschmack hatten Surfer berichtet. Sie hatten über Augenbrennen und Rachenschmerzen geklagt.

Nachdem bereits Proben von Wasser, Mikroorganismen und Erdreich zur Auswertung nach Moskau geschickt worden sind, wurden weitere Proben genommen. Diesmal aus der Nähe des Ortes Kozelsky. Dort werden auf einem unbewachten Gelände Pestizide und giftige Chemikalien gelagert. Unter anderem DDT, ein Insetikizid, das sich nur langsam abbaut. Umweltschützer halten es für möglich, dass diese Stoffe aus undichten Stellen ausgelaufen und dann über einen Fluss ins Meer gelangt sind.

108 Tonnen Pestizid auf Kamtschatka

Iwan Blokow von Greenpeace Russland hegt den gleichen Verdacht wie seine Kollegen vom WWF. Auf Kamtschatka werde seit den 1970er-Jahren eine große Menge von Pestiziden, einschließlich DDT gelagert. "Etwa 50 Tonnen davon sind in 2000er-Jahren entsorgt worden. Aber nach offiziellen Angaben gibt es insgesamt etwa 108 Tonnen auf Kamtschatka", so Blokow. Diese befänden sich momentan in der Lagerstätte von Kozelsky, wo man sie unter einer speziellen Folie vergraben habe. "Der Ort ist allerdings nur für kurze Zeit für die Aufbewahrung toxischer Stoffe geeignet", so Blokow.

Der Greenpeace-Experte weist darauf hin, dass man sich seit Jahren nicht mehr besonders um diese Lagerstätte gekümmert habe. Möglicherweise sei die Folie jetzt undicht. Die russische Ermittlungsbehörde leitete ein Verfahren wegen Umweltverschmutzung ein. Und die Regionalverwaltung von Kamtschatka hat angekündigt, das Giftmülllager jetzt komplett aufzulösen und die giftigen Stoffe fachgerecht zu entsorgen.   

Die weltweit einzigartige Landschaft und Natur Kamtschatkas locken Jahr für Jahr viele Abenteuertouristen in das UNESCO Weltnaturerbe. Nicht nur sie hoffen darauf, dass die Ursache für das rätselhafte Tiersterben schnell gefunden und beseitigt wird.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 05. Oktober 2020 um 11:41 Uhr.