Das Gebäude des Europarats in Straßburg.

Wegen Ukraine-Krieg Russland endgültig aus Europarat ausgeschlossen

Stand: 16.03.2022 15:53 Uhr

Russland ist endgültig aus dem Europarat ausgeschlossen. Nachdem der Kreml am Dienstag formell seinen Austritt aus dem Gremium erklärt hatte, beendete nun das Ministerkomitee des Europarats Russlands Mitgliedschaft endgültig.

Wie ein Sprecher des Europarats in Straßburg mitteilte, war am späten Dienstagabend im Generalsekretariat die formelle Mitteilung Russlands über den Austritt eingegangen. Zuvor hatte die Parlamentarische Versammlung des Europarats für ein Ende der russischen Mitgliedschaft gestimmt - am Mittwoch dann folgte das Ministerkomitee mit dem endgültigen Ausschluss.

Der Europarat, der nicht zur EU gehört, wacht über die Einhaltung der Menschenrechte in seinen derzeit noch 47 Mitgliedstaaten. Russland gehört seit 1996 dazu, und trotz zunehmender Spannungen wollte man das Land lange Zeit unbedingt im Europarat halten. Ein Fehler, meint Christopher Chope. Er sitzt für die britischen Konservativen im Europarat und im Parlament des Vereinigten Königreichs:

Das ist nicht nur ein Krieg gegen die Ukraine. Das ist Putins Krieg gegen die NATO, gegen die Europäische Union, gegen den Europarat und gegen die gesamte zivilisierte Welt. Und wir hier im Europarat haben unsere eigenen Prinzipien in Gefahr gebracht. Wir haben erlaubt, dass Diktatoren Wahlen fälschen, die Einschränkung von Freiheiten als Schutz von Menschenrechten darstellen. Und wir haben erlaubt, dass sich ein Massenmörder als Verteidiger des Rechtsstaats maskiert.

Ruf nach Schutz des Luftraums

Die ukrainischen Vertreter im Europarat wie Yevheniia Kravchuk beklagen dies schon länger. Und es sei gut, dass es nun Sanktionen gegen Russland gebe sowie humanitäre und militärische Hilfe für die Ukraine. Aber, so fragt sie:  

Glauben Sie, das ist genug, um diesen Krieg zu beenden? Bomben und Raketen werden geschickt, um Menschen zu töten. Deshalb appelliere ich an Sie, als Europaratsmitglieder und vor allem als Abgeordnete ihrer nationalen Parlamente, dass Sie auf ihre Regierungen einwirken, unseren Luftraum zu schützen. Jeden Tag erhalte ich eine schreckliche Statistik: die Zahl der getöteten Kinder - und ich frage Sie hier: Sind diese ukrainischen Kinder anders als Kinder, die in Berlin leben, in Paris, in Istanbul?"       

Der Blick auf die Folgen

Russland stelle Europa vor eine Herausforderung, wie es sie seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht gegeben habe. Man dürfe nicht tatenlos zusehen, aber es könne auch nicht darum gehen, einen Dritten Weltkrieg zu entfachen, mahnte nicht nur Axel Schäfer, der als SPD-Bundestagsabgeordneter in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats sitzt:

Der Überfall Putins auf die Ukraine am 24.Februar, für den gibt es in der jüngeren Geschichte nur einen Vergleich: Und das ist Hitlers Überfall auf Polen am 1. September 1939. Lasst uns deshalb jetzt alles tun, damit sich heute aus dem Krieg gegen die Ukraine kein Krieg entwickelt, der über die ganze Welt verteilt ist.

Künftig keine EGMR-Urteile mehr

Dem Ausschluss ist Russland nun zuvorgekommen und kündigt damit auch die Bindung an die Europäischen Menschenrechtskonvention auf, womit das Land auch nicht mehr der Gerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unterliegt.

In der Geschichte des Europarats gab es nur einmal einen ähnlichen Vorgang, als sich 1969 die griechische Militärdiktatur zurückzog, um dem Ausschluss zu entgehen. 1974 wurde Griechenland dann wieder aufgenommen.

Matthias Reiche, Matthias Reiche, ARD Brüssel, 16.03.2022 08:38 Uhr

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 16. März 2022 um 09:10 Uhr im Deutschlandfunk.