Menschen verfolgen am Bahnhof von Seoul einen Fernsehbericht über den Start einer mutmaßlichen ballistischen Interkontinentalrakete durch Nordkorea.

Nordkorea Offenbar größter Raketentest seit 2017

Stand: 24.03.2022 11:45 Uhr

Trotz Verbots testet Nordkorea weiter atomwaffenfähige Raketen. Beim jüngsten Test könnte es sich um eine neuartige Interkontinentalrakete gehandelt haben - mit einer Reichweite von Tausenden von Kilometern.

Nordkorea soll nach Angaben seiner Nachbarn Südkorea und Japan eine atomwaffenfähige Interkontinentalrakete getestet haben. Die Rakete habe nach dem Start in Richtung Japanisches Meer (Ostmeer) eine Höhe von bis zu 6000 Kilometern erreicht, zitierte die japanische Nachrichtenagentur Kyodo den stellvertretenden Verteidigungsminister Makoto Oniki.

Nach Angaben der japanischen Küstenwache flog die Rakete vermutlich etwa eine Stunde, bevor sie 150 Kilometer von der Küste entfernt ins Meer stürzte. Schäden gab es nicht. Pjöngjang hatte ein derartiges Waffensystem zuletzt im November 2017 getestet. Da die Rakete "viel höher war, als die Hwasong-15" geflogen sei, die 2017 gestartet wurde, gehe Tokio von einem neuen Waffensystem aus.

Bruch Nordkoreas mit selbst auferlegtem Teststopp

Japan, Südkorea und die US-Regierung verurteilten den jüngsten Test scharf. Südkoreas Präsident Moon Jae In warf Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un vor, sein Versprechen, auf den Test von Interkontinentalraketen zu verzichten, gebrochen zu haben.

Dass dies so kommen würde, hatte sich bereits abgezeichnet. Seit Anfang des Jahres hat Nordkorea ein Dutzend Tests unterschiedlicher Raketentypen durchgeführt.

Bereits vor zwei Wochen hatten die USA gesagt, bei zwei Tests seien auch Komponenten einer großen Interkontinentalrakete zum Einsatz gekommen. Vergangene Woche war der mutmaßliche Test eines Waffensystems fehlgeschlagen, bei dem es sich südkoreanischen und japanischen Experten zufolge um ein neues Interkontinentalraketen-System des Typs Hwasong-17, handeln könnte. Außerdem hatte es Berichte über verstärkte Aktivitäten rund um die Atomwiederaufbereitungsanlage Yongbyon gegeben.

International isoliert wegen Atomwaffen-Programm

UN-Resolutionen untersagen Nordkorea jegliche Tests von ballistischen Raketen. Das sind in der Regel Boden-Boden-Raketen, die je nach Bauart auch mit einem oder mehreren Atomgefechtsköpfen bestückt werden können. Pjöngjang treibt seit Jahren die Entwicklung solcher Raketen voran.

Das nordkoreanische Militär hatte 2017 mehrere Tests mit einer Interkontinentalrakete des Typs Hwasong-15 vorgenommen. Sie kann Experten zufolge das gesamte Festland der USA erreichen. In der Folge verzichtete Nordkorea aber auf weitere Tests von Interkontinentalraketen.

Neuartiges Interkontinentalraketen-System

Nordkorea selbst sprach von wichtigen Tests in der Entwicklung eines Erdbeobachtungssatelliten. Experten erwarteten daher, dass das Land schon bald eine "Weltraumrakete" starten könnte. Die Raumfahrtraketen und militärischen Langstreckenraketen beruhen weitgehend auf derselben Technik.

Experten sind der Ansicht, dass die hohe Testaktivität das Doppelziel unterstreicht, die nordkoreanischen Waffen weiterzuentwickeln und Druck auf Washington mit Blick auf den Stillstand bei den Atomgesprächen auszuüben. China, der engste Verbündete Nordkoreas, rief alle Seiten zum Dialog auf.

Mit Informationen von Kathrin Erdmann, ARD-Studio Tokio

Kathrin Erdmann, Kathrin Erdmann, ARD Tokio, 24.03.2022 10:39 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 24. März 2022 um 11:03 Uhr.