Dieses von der Kyunhla Activists Group via AP zur Verfügung gestellte Foto zeigt die Folgen eines Luftangriffs in Kanbalu, Myanmar

Myanmar Junta steht zu verheerendem Luftangriff

Stand: 12.04.2023 11:28 Uhr

Bis zu 100 Menschen sollen bei einem Luftangriff in Myanmar getötet worden sein. Darunter offenbar auch Kinder. Die Junta räumte den Angriff ein, UN-Generalsekretär Guterres verurteilte ihn.

Helfer steigen über ausgebrannte Motorräder, gehen vorbei an einer Hütte, von der nur noch das Holzgerippe steht. Sie suchen nach Überlebenden.

Ein Helfer erzählt dem Sender Radio Free Asia: "Wir sammeln die Leichen ein. Manche haben keinen Kopf mehr (…) Bei einigen können wir nur die Hälfte des Körpers finden." Er selbst habe mit anderen Helfern mehr als 20 Kinderleichen identifiziert. Sie seien fünf bis acht Jahre alt gewesen.

Die Menschen waren am Morgen zusammengekommen, um die Eröffnung eines Verwaltungsgebäudes zu feiern. Das Büro gehörte einer Widerstandsgruppe, die gegen das myanmarische Militär kämpft. "Da es eine Eröffnungsfeier eines lokalen Büros war, waren auch Zivilisten anwesend", sagt der Helfer, der anonym bleiben möchte. Mehr als 200 Menschen seien dort gewesen.

Normalerweise bekämen sie vor Angriffen Informationen - dieses Mal sei es nicht so gewesen.

Militärjunta bestätigte den Angriff

Militärjets warfen zunächst Bomben in die Menschenmenge ab. Danach sollen Soldaten aus einem Hubschrauber auf fliehende Dorfbewohner geschossen haben. Das berichten mehrere Medien unter Berufung auf Augenzeugen.

Ein Sprecher der Militärjunta bestätigte inzwischen den Angriff. Ihr Ziel seien die bewaffneten Rebellen gewesen, sagte General Zaw Min Tun im staatlichen Fernsehen. "Ja, natürlich sind wir für den Angriff verantwortlich", sagte der General. "Uns wurde mitgeteilt, dass Mitglieder der Volksverteidigungskräfte bei dem Angriff getötet wurden. Sie sind gegen unsere Regierung."

Eine Spirale der Gewalt

Seitdem die Militärjunta im Februar 2021 die zivile Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gestürzt hat, versinkt Myanmar in Gewalt. Proteste gegen den Putsch schlägt die Militärjunta gewaltsam nieder. Sie brennt ganze Dörfer ab und fliegt immer häufiger Luftangriffe, teils mit Dutzenden Toten.

Die anfangs friedliche Widerstandsbewegung hat inzwischen selbst zu den Waffen gegriffen und geht gewaltsam gegen das Militär vor. In der Region des Angriffs, in Sagaing, gibt es besonders heftigen Widerstand gegen die Militärjunta. 

Die Karte zeigt Myanmar mit der Provinz Sagaing

Angriff auf die Zivilbevölkerung

Organisiert wird der Widerstand teils von einer Schattenregierung. Ihr Minister für Menschenrechte sagte heute zu dem Angriff: "Der Vorfall ist, wie jeder weiß, ein absichtlicher Bombenangriff auf die Zivilbevölkerung." Und ergänzte: "Es ist furchtbar und sehr grausam. Das Schlimmste ist, dass viele Frauen und Kinder an dem Ort waren."

Da es viele Schwerverletzte gebe und man nicht genügend medizinische Versorgung habe, befürchtet der Helfer vor Ort, dass die Zahl der Toten noch steigen werde.

UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte den Angriff "der myanmarischen Streitkräfte aufs Schärfste" und forderte, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Seit dem Militärputsch vor mehr als zwei Jahren wurden mehr als 3000 Menschen getötet, mehr als 20.000 Menschen inhaftiert und mehr als 1,5 Millionen Menschen vertrieben.

Jennifer Johnston, Jennifer Johnston, ARD Singapur, 12.04.2023 08:21 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 12. April 2023 um 11:20 Uhr.