
Fukushima-Katastrophe Gericht spricht Tepco-Manager frei
Stand: 19.09.2019 08:54 Uhr
Achteinhalb Jahre nach der Atomkatastrophe in Fukushima sind drei frühere Topmanager des Kraftwerkbetreibers Tepco in einem Strafprozess freigesprochen worden. Ihnen war Fahrlässigkeit mit Todesfolge vorgeworfen worden.
Von Bernd Musch-Borowska, ARD-Studio Neu-Delhi
Nicht schuldig lautete das Urteil des Gerichts in Tokio. Der frühere Tepco-Vorsitzende, Tsunehisa Katsumata und die beiden Vizepräsidenten des Energie-Unternehmens, Ichiro Takekuro und Sakae Muto, wurden von dem Vorwurf freigesprochen, die Atomkatastrophe von Fukushima vor mehr als acht Jahren nicht verhindert zu haben.
Man könne kein Atomkraftwerk betreiben, wenn man jede Möglichkeit eines Tsunamis in Betracht ziehen und alle Vorkehrungen für solche Fälle treffen müsse, sagte der Vorsitzende Richter Kenichi Nagafuchi zur Begründung.
Erdbeben war nicht vorhersehbar
Er folgte damit der Argumentation der Verteidigung, nach der das Erdbeben am 11. März 2011 und der dabei ausgelöste Tsunami nicht vorhersehbar gewesen seien.
Die Anklage hatte den drei Männern vorgeworfen, vorhandene Informationen über einen möglichen Tsunami ignoriert und notwendige Sicherheitsmaßnahmen unterlassen zu haben. Im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi war es in Folge eines gewaltigen Tsunamis in drei Reaktoren zu einer Kernschmelze gekommen.
Zweimal hatte es die Staatsanwaltschaft von Tokio abgelehnt, Anklage gegen die Tepco-Manager zu erheben. Erst im Februar 2016 wurde durch ein bei Gericht eingesetztes Volkskomitee ein Verfahren eingeleitet.
Langzeitfolgen führen zu Spannungen mit Südkorea
Die Langzeitfolgen der Atomkatastrophe stellen bis heute ein Problem dar und sie führen zu internationalen Spannungen. Nachdem der japanische Umweltminister Yoshiaki Harada vor rund einer Woche bekannt gab, radioaktiv verseuchtes Kühlwasser aus den Rückhaltebecken in Fukushima müsse ins Meer geleitet werden, protestierte Südkorea bei der internationalen Atomenergiebehörde IAEA in Wien. Mi Ock Mun, die Leiterin der Delegation:
"Hochrangige Regierungsvertreter Japans behaupten, die Einleitung des kontaminierten Wassers sei unumgänglich. Aber wenn das ins Meer geleitet wird, ist das nicht mehr nur eine Angelegenheit Japans, sondern ein internationales Problem, denn das betrifft die gesamte Region."
Das Kühlwasser wurde zwar in den vergangenen Jahren behandelt, um die Radioaktivität zu senken. Doch Medienberichten zufolge, ist das radioaktive Element Strontium 90 noch immer nachweisbar - und das deutlich über den zulässigen Grenzwerten.
Der japanische Botschafter bei der Atomenergiebehörde, Takeshi Hikihara, wies die Vorwürfe zurück:
"Der Umgang mit dem behandelten Kühlwasser wird zurzeit von Regierungsbehörden geprüft. Die Republik Korea behauptet, das Wasser werde bereits ins Meer geleitet. Das ist falsch, die Vorwürfe sind deshalb inakzeptabel."
Fukushima-Katastrophe: Freispruch für Tepco-Manager
tagesschau 12:00 Uhr, 19.09.2019, Klaus Scherer, ARD Tokio
Schwerster Atomunfall seit Tschernobyl
In dem Kraftwerk fiel nach einem schweren Erdbeben und Tsunami am 11. März 2011 das Kühlsystem aus, woraufhin es in mehreren Reaktoren zur Kernschmelze kam. Als Folge der Kernschmelzen in drei Fukushima-Reaktoren mussten rund 160.000 Anwohner fliehen. Tausende können noch immer nicht zurück. Es war der weltweit schwerste Atomunfall seit dem GAU in Tschernobyl 1986.
Beben, Tsunami, Super-GAU: Chronologie der Katastrophen (11.03.-15.04.2011)
Chronologie der Katastrophen in Japan (11. März bis 15. April 2011)
Reaktor-Unglück von Fukushima: Freispruch für drei Ex-Tepco-Manager
Bernd Musch-Borowska, ARD Neu-Delhi
19.09.2019 08:32 Uhr