Das deutsche Seenotrettungsschiff «Humanity 1» ist im Mittelmeer im Einsatz.

Vorlage der Kommission EU-Aktionsplan gegen illegale Migration

Stand: 21.11.2022 18:16 Uhr

Die Zahl der Flüchtlinge, die über das Mittelmeer in die EU kommen, ist stark angestiegen. Auf Druck Italiens hat die EU-Kommission nun einen Aktionsplan vorgelegt, der die illegale Migration eindämmen soll.

Wie auf der Balkanroute hat der Migrationsdruck auch auf dem Weg über das zentrale Mittelmeer stark zugenommen. In den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres kamen mehr als 90.000 Menschen auf diesem Weg in die EU. Das ist ein Anstieg von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Und die Tendenz sei steigend, sagt EU-Innenkommissarin Ylva Johansson:   "Der Aktionsplan, den wir heute präsentieren, hat drei Säulen. Die erste ist eine bessere Zusammenarbeit mit Partnerländern und internationalen Organisationen. Zweitens wollen wir einen neuen Ansatz für die Suche und Rettung auf See. Drittens müssen wir den Solidaritätsmechanismus und den gemeinsamen Fahrplan für einen Asyl- und Migrationspakt umsetzen."

Wenig Konkretes in dem Plan

Allerdings ist bisher von der sogenannten Koalition der Willigen nicht viel zu sehen. Im Februar gab es Zusagen für die Umsiedlung von mehr als 8000 Migranten, um Länder wie Griechenland, Italien oder Zypern zu entlasten. Deutschland verpflichtete sich, 3500 Geflüchtete aufzunehmen. Die ersten 74 kamen Mitte Oktober aus Italien.

Kaum voran geht es auch in der Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern, denen der Aktionsplan vor allem mehr Geld verspricht, wenn sie ihr Grenz- und Migrationsmanagement verbessern, sprich: wenn sie illegale Ausreisen verhindern. Auch beim Thema Seenotrettung wird der Aktionsplan nur wenig konkret.

Bessere Zusammenarbeit aller Akteure

EU-Innenkommissarin Johansson sagt: "Die rechtliche Verpflichtung zur Seenotrettung ist völlig klar. Und diese Pflicht besteht auch unabhängig von den Umständen, die dazu geführt haben, dass Menschen in diese Notlage geraten sind. Leben retten geht über alles", betont sie. "Aber es müssen Fragen im Zusammenhang mit den Schiffen der privaten Seenotretter geklärt werden. Es ist notwendig, dass alle Akteure - wie Mitgliedstaaten, Ankunftsländer und jene, unter deren Flagge die Schiffe fahren - kooperieren."

Ob die EU-Kommission wieder gemeinsame Such- und Rettungsmaßnahmen als Bestandteil des europäischen Grenzschutzes anstrebt, bleibt wie so vieles weiter unklar.

Vorarbeit für Sondergipfel der EU-Innenminister

Es gebe Klärungsbedarf, meint Kommissionsprecher Eric Mamer: "Das ist der Hintergrund für den Aktionsplan, der auch eine Vorarbeit für den vom Vizepräsidenten Margaritis Schinas angekündigten Sondergipfel der EU-Innenminister sein soll. Da erwarten wir eine Debatte zwischen Mitgliedsstaaten und Kommission über alle offenen Fragen und Meinungsverschiedenheiten."

Verteilungsschlüssel als Dauerstreit

Davon wird es beim Sondertreffen kommenden Freitag eine Menge geben. Ein Dauerstreitpunkt ist dabei der Verteilungsschlüssel für Migranten, die über das Mittelmeer kommen. Die EU-Anrainerstaaten fordern da eine wirksame Entlastung.

Die neue Regierung in Rom hat ein deutliches Zeichen gesetzt, als sie einem Rettungsschiff nicht erlaubte, einen Italienischen Hafen anzulaufen. Die 234 Migranten konnten dann in Frankreich von Bord, was Paris aber kein zweites Mal erlauben will. Außerdem wolle man die Zusage, aus Italien 3500 Personen aufzunehmen, vorläufig aussetzen.   

Matthias Reiche, Matthias Reiche, MDR Brüssel, 21.11.2022 17:35 Uhr