
Von der Leyen in Frankreich Europapolitik per Kampfjet
Deutschland und Frankreich wollen gemeinsam ein Kampfflugzeug bauen - für die Bundesregierung ist das auch ein Stück Europapolitik. Differenzen zeichnen sich schon vor Baubeginn ab.
Das, was Deutschland und Frankreich gemeinsam entwickeln wollen, ist mehr als ein Kampfflugzeug: Future Combat Air System - kurz FCAS - lautet der Projekt-Name. Ein ganzes System also. Ein Flugzeug, das ein Pilot steuern kann, aber wenn nötig auch ein Computer.
Ein Kampfjet, der vernetzt mit Drohnenschwärmen agiert, um gegnerische Radaranlagen zu überwinden und Angriffe zu fliegen - Kriegsführung der Zukunft also. Dementsprechend farbenprächtig sind die Ideen für das zukünftige Kampfflugzeug, das planmäßig 2040 in Dienst gestellt werden soll.
Jetzt sollen sich die Techniker von Airbus und dem französischen Konzern Dassault zusammensetzen und gemeinsam mit den Militärs überlegen, was da genau gebaut werden soll. Erste Aufträge im Wert von 65 Millionen US-Dollar seien schon vergeben, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf französische Militärkreise.
Strategische Unabhängigkeit von den USA
Der Startschuss fällt heute. Die beiden Verteidigungsministerinnen Ursula von der Leyen und Florence Parly sind anwesend und unterstreichen die Bedeutung des Projektes. Deutschland und Frankreich schließen sich beim Bau des Flugzeugs zusammen, integrieren ihre Industrien und planen eine strategische Unabhängigkeit von den USA.
Der französische Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel hätten sich dazu durchgerungen, eines der größten industriepolitischen Projekte Europas für die nächsten Jahre umzusetzen, sagt Christian Mölling, stellvertretender Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP): "Wenn Frankreich und Deutschland dieses Projekt nicht schaffen, dann wird das auch einen symbolisch politischen Rückschlag auf die deutsch-französischen Beziehungen haben und auch auf den Glauben daran, dass diese beiden Länder Europa vorantreiben können."

Ein Airbus A400M steht während einer Präsention der Bundeswehr auf dem militärischen Teil des Flughafens Tegel. Bild: picture alliance/dpa
Schwierigkeiten in der Koordination drohen
Die Hypotheken sind hoch. Multinationale Projekte müssen über Grenzen hinweg koordiniert werden. Jeder Partner will angemessen beteiligt werden. Das Transportflugzeug A400 M - ein Gemeinschaftsprojekt von Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien - wurde teurer als geplant und kam später als angekündigt.
Bei FCAS vereinbarte die Politik, dass Frankreich die Führungsrolle innehat und Deutschland dafür die Leitung für den Bau eines gemeinsamen Kampfpanzers übernimmt.
Trotzdem bleiben Differenzen, vor allem bei der Rüstungsexportpolitik. Frankreich hätte gerne Klarheit über die deutsche Position. Das neue Flugzeug auch an andere Staaten außerhalb von NATO und EU zu verkaufen, senkt die Preise.
SPD sieht Rüstungsexporte ungern
"Aus französischer Sicht ist natürlich auch die Möglichkeit, ein solches Flugzeug woanders hin zu liefern, Teil der sicherheitspolitischen Konzeption", sagt Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. "Das ist Deutschland nicht komplett fremd, aber aus französischer Sicht gehören Rüstungsexporte zum Teil der außen- und sicherheitspolitischen Instrumente."
Vor allem die SPD findet das schwierig. Auf Anfrage der ARD teilte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Rolf Mützenich, mit, es müsse sichergestellt sein, dass die Bundesregierung immer die Möglichkeit hat, aus politischen Gründen Rüstungsexporte zu stoppen.
Zum Beispiel nach Saudi-Arabien: Wegen der Beteiligung des Landes am Jemen-Krieg hat die Bundesregierung beschlossen, Exporte an das arabische Königreich auszusetzen. Gemeinsame Rüstungsprojekte wie der Eurofighter waren davon bislang eher nicht betroffen.