EU, NATO und Türkei Streithähne suchen sanfte Töne

Stand: 09.09.2016 19:24 Uhr

Seit dem gescheiterten Militärputsch knirscht es gewaltig zwischen der EU, NATO und Türkei. Doch nun sollen die Fäden zwischen den eigentlichen Bündnispartnern wieder enger geknüpft werden - bei gemeinsamen Gesprächen in Ankara trachtete man daher nach Einigkeit.

Heftig und anhaltend war sie gewesen - die Kritik des Westens an der türkischen Regierung. Sowohl die EU als auch die NATO warfen der Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdogan einen zu harten Kurs gegen mutmaßliche Beteiligte und Unterstützer des gescheiterten Militärputsches vor rund zwei Monaten vor. Und die Erwiderung aus Ankara war nicht weniger vehement - die diplomatischen Beziehungen lagen quasi auf Eis.

Doch nun kamen Vertreter der türkischen Regierung, von der EU und NATO zum gemeinsamen Dialog in Ankara zusammen. Und auch, wenn nicht alles vergeben und vergessen ist, wurden doch wesentlich ruhigere Töne einer Annäherung angeschlagen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sicherte der Türkei "volle Solidarität" zu und auch der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte, die türkische Regierung könne sich auf die Unterstützung des Verteidigungsbündnisses verlassen. Und Stoltenberg betonte: "Wenn der Putsch erfolgreich gewesen wäre, wäre das nicht nur eine Katastrophe für die Türkei, sondern für das gesamte Bündnis gewesen."

"Türkei bleibt Kandidatenland"

Noch vor ein paar Wochen hatte das alles ganz anders geklungen - vor allem, nachdem Erdogan bei seinem harten Vorgehen gegen mutmaßliche Putschisten auch eine Wiedereinführung der Todesstrafe erwogen hatte. Unter solchen Bedingungen sei an Beitrittsverhandlungen für die EU nicht zu denken, hieß es damals aus der Union.

Von diesen Gedanken war in Ankara nun nichts mehr zu hören - EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn stellte klar: "Die Türkei war, ist und wird ein Kandidatenland sein." Auch Stoltenberg bezeichnete die Türkei als ein "ein starkes und hochgeschätztes" Mitglied der NATO - und das werde auch so bleiben.

EU soll Aufrichtigkeit beweisen

Das Thema Beitrittsverhandlungen nahm der türkische EU-Minister Ömer Celik zum Anlass, auf die baldige Eröffnung der Beitrittskapitel 23 und 24 zu pochen - darin enthalten sind die Themen Justiz, Grundrechte und Freiheit. Dass es bei diesen Punkten aller Voraussicht nach wieder Kritik von der EU geben wird, ist der Türkei bewusst. Darum sprach Celik von einem "Aufrichtigkeitstest" für die EU. Ihre Kritik müsste wirklich den "Fortschritt bei Themen wie Demokratie und Grundrechten" zum Ziel haben.

Die von der Türkei angestrebte Visa-Freiheit für die eigenen Staatsbürger kam ebenfalls zur Sprache, und auch hier zeigten sich die beiden Gesprächspartner - Hahn und der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu - optimistisch, dass eine Lösung gefunden werden könne. Die EU fordert allerdings als Voraussetzung, dass die Türkei ihre Anti-Terror-Gesetze ändert. Celik und Cavusoglu schlugen zudem vor, für eine Lösung den Europarat einzubeziehen, dem die Türkei angehört.