Russische Soldaten in Cherson

Krieg gegen die Ukraine Schwere Kämpfe in Region Cherson

Stand: 30.08.2022 15:10 Uhr

Die ukrainische Gegenoffensive in der südlichen Region Cherson geht offenbar weiter: Kiew meldete heftige Kämpfe, Präsident Selenskyj forderte die russischen Soldaten auf, nach Hause zu gehen. In Moskau sieht man die Lage anders.

Nach dem Beginn einer Gegenoffensive in der von Russland besetzten ukrainischen Region Cherson gibt es nach Angaben aus Kiew nun "schwere Kämpfe" in dem Gebiet. Es habe "den ganzen Tag und die ganze Nacht über starke Explosionen" gegeben, teilte das Büro von Präsident Wolodymyr Selenskyj mit. Fast die gesamte Region sei betroffen. Die Streitkräfte hätten "Offensiven in unterschiedliche Richtungen" gestartet. Man habe Munitionslager und alle großen Brücken über den Fluss Dnipro zerstört, die die russischen Truppen für ihren Nachschub nützten.

Gefechte im Süden der Ukraine um Mykolajiw und Cherson sowie am AKW Saporischschja

Marius Reichert, WDR, tagesschau, tagesschau, 30.08.2022 20:00 Uhr

Ukrainisches Militär zurückhaltender

Das ukrainische Militär hielt sich mit Meldungen zur Lage allerdings zurück. Die Pressesprecherin des Südkommandos der Armee, Natalija Humenjuk, sprach von "Positionskämpfen" in den Gebieten Cherson und Mykolajiw. Es sei aber noch zu früh, von zurückeroberten Orten zu reden. "Es finden gerade Kämpfe statt, und diese erfordern eine Informationsruhe", sagte Humenjuk.

Selenskyj drängte die russischen Soldaten zum Rückzug. "Es ist Zeit für das russische Militär abzuhauen", sagte er in seiner jüngsten Videoansprache - "geht nach Hause". Selenskyj sagte, die ukrainischen Truppen würden die russische Armee bis an die Grenze jagen. Die Ukraine hole sich zurück, was ihre gehöre.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Moskau: Ukrainische Offensive erfolglos

Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte hingegen, die Offensiven der Ukraine im Süden seien erfolglos. Die ukrainischen Soldaten hätten bei ihren Vorstößen deutliche Verluste erlitten.

Das britische Verteidigungsministerium erklärte, der "Umfang des ukrainischen Vorstoßes" könne zwar nicht bestätigt werden. Die ukrainische Armee habe aber das "Artillerie-Feuer an Frontabschnitten in der ganzen Südukraine erhöht", um russische Versorgungslinien mit "Präzisionsschlagen mit hoher Reichweite" zu unterbrechen.

Die Region Cherson mit ihrer gleichnamigen Hauptstadt am Ufer des Flusses Dnipro grenzt an die von Russland annektierte Halbinsel Krim. Als erste Großstadt der Ukraine war sie kurz nach Beginn der russischen Invasion von der russischen Armee eingenommen worden. Die Region ist für die Landwirtschaft des Landes von zentraler Bedeutung und wegen ihrer Nähe zur Krim auch strategisch wichtig. 

In den russisch besetzten Teilen Chersons und der benachbarten Region Saporischschja betreibt der Kreml eine Politik der Russifizierung mit Blick auf eine mögliche Annexion. Moskau hat dort den Rubel als Währung eingeführt und ermutigt die Bewohner, sich einen russischen Pass ausstellen zu lassen.

Strahlenwerte im AKW Saporischschja weiter normal

Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte unterdessen mit, dass ukrainische Streitkräfte das Gelände des Atomkraftwerks in Saporischschja erneut mit Artillerie beschossen hätten. Zudem sei eine abgeschossene ukrainische Drohne auf das Dach eines Gebäudes gestürzt, in dem Kernbrennstoffe und radioaktiver Abfall lagerten.

Die Strahlungswerte an dem mehrfach unter Beschuss geratenen Atomkraftwerk sind nach russischen Angaben weiterhin normal. Das größte europäische Atomkraftwerk ist seit März von russischen Truppen besetzt. Für den Beschuss der Anlage in den vergangenen Wochen machen sich Russland und die Ukraine gegenseitig verantwortlich.

Ukraine-Krieg: Erneuter Beschuss am AKW Saporischschja und Gegenoffensive der Ukraine im Süden

Jens Eberl, WDR, tagesschau 14:00 Uhr