Wladimir Putin und Xi Jinping (Archivbild).

China und Russland Ziemlich beste Freunde

Stand: 23.02.2023 02:48 Uhr

China will zwar einen Friedensplan im Krieg gegen die Ukraine vorlegen, zugleich warnen die USA aber, dass die Volksrepublik Russland mit Waffen unterstützen könnte. Wie eng ist das Verhältnis zwischen Moskau und Peking ein Jahr nach Beginn des Krieges?

Chinas oberster Außenpolitiker, Wang Yi, ließ diese Woche keinen Zweifel daran, wo China steht. "Die Beziehungen zu Russland sind felsenfest", sagte er bei einem Besuch in Moskau.

Daneben verbreitet die chinesische Führung ein zweites Narrativ: Seit Ausbruch der Krise, so Außenminister Qin Gang - auch diese Woche, habe China eine objektive und unparteiische Position eingenommen.

Gemeinsames Feindbild

Nun präsentiert sich China sogar als möglicher Vermittler. Nur: Wirklich neutral ist China nicht, hat bis heute den russischen Angriff auf die Ukraine nicht verurteilt, obwohl die Achtung der Souveränität eines Landes auch in China ein Grundpfeiler der Außenpolitik ist.

Peking zeigt stattdessen - wie Russland - mit dem Finger auf die USA und die NATO-Osterweiterung. China und Russland verbindet zwar kein offizielles Bündnis, aber eine strategische Partnerschaft. Das langjährige Misstrauen zwischen ihren Ländern haben Wladimir Putin und Xi Jinping offenbar überwunden, haben sich in den letzten 10 Jahren über 40-mal getroffen und sich noch kurz vor dem russischen Angriff "grenzenlose Freundschaft" geschworen.

"Sie haben einen sehr ähnlichen Blick auf die Welt“, sagt Joseph Torigian, Historiker an der American University in Washington. "Sie sind sehr skeptisch gegenüber dem Westen, lehnen die Demokratie ab, das vermeintliche Hegemoniestreben der USA. Und sie wollen, dass China und Russland den Respekt bekommen, der ihnen ihrer Ansicht nach in den letzten Jahrzehnten versagt worden sei."

China profitiert von Sanktionen

China braucht im ideologischen und geostrategischen Ringen mit den USA um Macht und Einfluss in der Welt Russlands Unterstützung - und nimmt dafür einen Krieg in Kauf, an dem die Volksrepublik eigentlich kein Interesse hat. Dem Druck aus den USA und Europa, Moskau zu isolieren, hat sich China daher erfolgreich widersetzt. So lehnt die Führung in Peking die Sanktionen gegen Russland bis heute ab - und hat selbst wirtschaftlich sogar profitiert.

Waren im Wert von rund 178 Milliarden Euro haben Russland und China im letzten Jahr gehandelt; ein deutliches Plus gegenüber dem Vorjahr, wie eine Sprecherin des Handelsministeriums in Peking kürzlich verkündete.

China kauft vor allem mehr Erdöl und Gas aus Russland - zu jetzt besonders günstigen Preisen, da Russland der europäische Markt wegen der Sanktionen weggebrochen ist. Moskaus wirtschaftliche Abhängigkeit von China ist damit gestiegen. Es ist auf die Geschäfte mit seinem wichtigsten Handelspartner angewiesen. In Chinas Handelsbilanz hingegen macht das Russlandgeschäft gerade einmal drei Prozent aus.

Bislang keine Belege chinesischer Waffenlieferungen

Etwas anders sieht es in der Rüstungszusammenarbeit aus. Russland war lange einer der wichtigsten Waffenlieferanten, heute ist China selbst Rüstungsproduzent, sagte Zeno Leoni, Militärexperte am Kings College in London.

China erhöht schon seit Jahren seine Militärausgaben. Damit hat sich das Verhältnis zu Russland langsam verändert. Russland liefert zwar weiterhin Jets, Motoren und U-Boote an China, aber China liefert jetzt Drohnen, Schiffsmotoren und andere Technologien.

Bislang, so Leoni, gebe es aber keine Belege dafür, dass China Russland direkt tödliche Waffen für den Krieg in der Ukraine zur Verfügung stellt. Vorwürfe der USA, Peking plane solche Lieferungen, hat der chinesische Außenamtssprecher diese Woche empört zurückgewiesen.

Sprecher Wang Wenbin sprach von Falschinformationen der USA. Er betonte aber auch, China werde sich in seinem Verhältnis zu Russland keine Vorschriften machen lassen - schon gar nicht von den USA. Die seien mit ihren Waffenlieferungen an die Ukraine die wahren Kriegstreiber. China hingegen stehe für Frieden und Dialog.

Chinas widersprüchlichen Signale

Zunehmend schrille anti-amerikanischen Töne aus Peking, der Schulterschluss mit Russland und gleichzeitig Dialog und ein Friedensplan? Hinter den widersprüchlichen Signalen aus Peking stecken Chinas eigene widersprüchliche Interessen, sagt Historiker Torigian.

China will als treuer und nützlicher Partner von Russland gesehen werden. Aber diese Hilfe hat Grenzen, wenn es darum geht, die eigenen wirtschaftlichen Interessen und das eigene Ansehen zu schützen - vor allem in Europa.

Chinas Ansehen in Europa hat in den letzten 12 Monaten deutlich gelitten - wegen Pekings Nähe zu Moskau. Der chinesische Friedensvorstoß, sagen Analysten, solle da ein versöhnliches Zeichen setzen. Denn China und Russland sind ziemlich beste Freunde. Aber ganz so grenzenlos, wie sie gerne behaupten, ist die Freundschaft offenbar nicht.

Ruth Kirchner, Ruth Kirchner, ARD Peking zzt. Berlin, 23.02.2023 00:22 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 23. Februar 2023 um 06:21 Uhr.