Ismail Hanija

Familie von Hanija Angehörige von Hamas-Führer bei Angriff getötet

Stand: 11.04.2024 13:50 Uhr

Er selbst hält sich seit Jahren im Ausland auf und soll ein Luxusleben in Katar führen, Verwandte des Hamas-Führers Hanija sind hingegen noch in Gaza. Nun wurden bei einem Angriff drei seiner Söhne und wohl mehrere Enkelkinder getötet.

Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen sind nach Angaben der islamistischen Hamas drei Söhne und vier Enkelkinder des Hamas-Auslandschefs Ismail Hanija getötet worden. Angehörige und der Hamas-Sender Al-Aksa-TV teilten mit, Hanijas Söhne Hassem, Amir und Mohammed seien bei einem Angriff in der Nähe des Lagers Al-Schati in der Stadt Gaza ums Leben gekommen. Drei ihrer Töchter und ein Sohn - Hanijas Enkelkinder - seien demnach ebenfalls getötet worden.

Die israelische Armee teilte mit, es seien drei Mitglieder des militärischen Hamas-Arms bei Terroraktivitäten im Gazastreifen durch den Angriff eines Kampfjets "ausgeschaltet" worden. Das Militär bestätigte, dass es sich dabei um die Söhne Hanijas handelte. Für den Tod der Enkelkinder bei dem Vorfall gab es hingegen keine Bestätigung. 

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Mitglieder der bewaffneten Hamas-Truppen

Laut der Armee wurden die drei Söhne in einem Auto getötet. Demnach waren sie auf dem Weg, einen Terrorangriff im Zentrum des Gazastreifens auszuführen. Wie das Militär bei X erklärte, waren zwei der Männer Mitglieder der Terrorgruppe. Der Dritte war ein Kommandeur des militärischen Flügels der Terrororganisation.

Wie israelische Medien berichten, war weder Premierminister Benjamin Netanyahu noch Verteidigungsminister Yoav Gallant vorab über den Angriff informiert. Die Entscheidung sei durch die zuständigen Kommandeure und den Geheimdienst Shin Bet gefallen. Laut den Berichten soll einer der getöteten Hanija-Söhne auch an der Unterbringung der am 7. Oktober verschleppten Geiseln beteiligt sein.

Hanija: Angriff wird Hamas-Positionen nicht ändern

Hanija selbst reagierte offenbar wenig betroffen über die Nachricht. "Ich danke Gott für diese Ehre, die er uns mit dem Märtyrertod meiner drei Söhne und einiger Enkelkinder erwiesen hat", zitierte der katarische Fernsehsender Al-Dschasira den Hamas-Chef. Auf einem Video war zu sehen, wie Hanija offenbar die Botschaft vom Tod seiner Kinder und Enkel erhielt und dabei nur wenig Emotionen zeigte.

Hamas will Verhalten nicht ändern

"Der verbrecherische Feind wird vom Geist der Rache und des Mordes getrieben und achtet keine Normen und Gesetze", sagte der Chef der Terrororganisation weiter. Die Hamas werde ihre Positionen aber nicht aufgeben. "Der Feind glaubt, dass er die Führer dazu bringt, die Bedürfnisse unseres Volkes preiszugeben, indem er ihre Familien ins Visier nimmt", sagte Hanija. "Jeder, der glaubt, dass der Angriff auf meine Söhne die Hamas dazu bringen wird, ihre Position zu ändern, ist verrückt."

Hanija, Vorsitzender des Hamas-Politbüros, führt Berichten zufolge mit einem Teil seiner Familie seit Jahren ein Luxusleben in Katar. Das Amt führt er seit 2017 aus. Er war 2021 vom sogenannten Schura-Rat für weitere vier Jahre in seinem Amt bestätigt worden. Das Politbüro gilt als oberste Entscheidungsinstanz und hat 15 Mitglieder. Hanija gilt als übergreifender Chef der Terrororganisation, während Jihia al-Sinwar Chef im Gazastreifen ist. Hanija wurde 1963 im Flüchtlingslager Al-Schati geboren und wuchs dort in ärmlichen Verhältnissen auf.

Gespräche über Waffenruhe gehen weiter

Der Angriff erfolgte am Fest des Fastenbrechens nach dem muslimischen Fastenmonat Ramadan, an dem viele Palästinenser im Gazastreifen die Gräber ihrer Angehörigen besuchten, die während des seit sechs Monaten tobenden Krieges ums Leben gekommen sind.

Gleichzeitig bemühten sich internationale Vermittler um eine Waffenruhe im Gazakrieg. Welche Auswirkungen der Drohnenangriff darauf haben wird, war nicht abzusehen.

Jan-Christoph Kitzler, ARD Tel Aviv, tagesschau, 11.04.2024 05:24 Uhr