Joe Biden

Vier Milliarden Barrel gefördert Warum Biden über den Öl-Boom kaum spricht

Stand: 09.01.2024 04:58 Uhr

2023 haben US-Ölfirmen so viel "schwarzes Gold" aus dem Boden der Vereinigten Staaten geholt wie noch nie. Der Boom hat geholfen, die Benzinkosten wieder zu senken. US-Präsident Biden steckt dennoch in der Zwickmühle.

Neulich im Sender Fox News: Donald Trump wurde gefragt, ob er wirklich ein Diktator werden will. "Nein, nein, nur am ersten Tag", sagte der Ex-Präsident. Und an diesem ersten Tag nach seiner Wahl wolle er die Grenze dicht machen und "bohren, bohren, bohren".  

Tatsächlich passiert das längst. Und zwar in Rekord-Mengen: Über 13 Millionen Barrel Öl am Tag wurden im vergangenen Jahr in den USA aus der Erde gesprengt und gepumpt. Das ist so viel wie nie. Und das, obwohl Trumps Nachfolger Joe Biden sich gerne als Klima-Präsident präsentiert und mittelfristig den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern plant.

Preisanstieg kurbelte die Förderung an

Aber der Demokrat stecke in einer Zwickmühle, sagt Jacob Kirkegaard von der Washingtoner Denkfabrik Peterson Institute for International Economics: "Es gibt da eine Spannung, zwischen dieser Menge an Öl und Bidens Klima-Agenda, die natürlich ein wichtiger Teil seiner Wahlkampf-Agenda ist."

Vor allem in Texas sprudelt das Öl wie selten: über 40 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Das sei eine verspätete Reaktion auf den enormen Preisanstieg nach Beginn des Ukraine-Krieges, erklärt Kirkegaard. Die Öl-Produzenten hätten danach mehr Bohranlagen gebaut: "Aber dann dauert es noch mal zehn bis zwölf Monate, bis die Produktion tatsächlich ansteigt."

Klimaschützer beklagen Wortbruch

Die Biden-Regierung unterstützt den Boom: Sie erteilte mehr Bohrgenehmigungen auf staatlichem Boden als die Trump-Regierung. Beispielsweise auch für das größte und umstrittenste Fördergebiet - das "Willow-Project" in Alaska. Der texanische Energie-Konzern ConocoPhillips will dort in der Arktis die noch schlummernden Reserven anzapfen. Es geht um fast neun Milliarden Barrel Rohöl.   

Umwelt- und Klimaschützer sind entsetzt, da die geplanten Ölanlagen dort unter anderem die Lebensräume von Eisbären zerstören. Und weil Biden damit eines seiner Wahlkampf-Versprechen gebrochen hat. Aber da das Land schon vorher an die Öl-Firmen verpachtet worden sei, hätte die Regierung keine andere Wahl gehabt, lautet die Rechtfertigung aus dem Weißen Haus. 

Biden rügt Konzerne für ausbleibende Investitionen

Biden selbst spricht möglichst wenig über den Öl-Boom. Wenn überhaupt, dann lobt er sich dafür, dass die Benzin-Preise inzwischen von über fünf US-Dollar wieder auf durchschnittlich drei US-Dollar pro Gallone gesunken sind. Das sind rund 70 Euro-Cent pro Liter.

Oder er kritisiert die Öl-Konzerne: Die hätten Rekord-Profite eingestrichen, aber kaum etwas in den Ausbau der Produktion investiert. "Skandalös" sei das, sagte Biden bei seiner Rede zur Lage der Nation im Februar 2023. Aber auf seinen Hinweis, die USA seien noch mindestens zehn Jahre auf fossile Energieträger angewiesen, erntete Biden damals Hohngelächter von den Republikanern. 

Ein politisches Plus für den Präsidenten?

Denn genau wie der Ölindustrie geht den meisten Republikanern Bidens Politik nicht weit genug: "Es könnte noch viel mehr Öl gefördert werden, wenn es eine Regierung gäbe, die fossile Energieträger unterstützt", sagte Rick Perry, ehemaliger Energie-Minister in der Trump-Regierung und Ex-Gouverneur von Texas, kürzlich im Sender CNBC. "Aber die Biden-Regierung tut das nicht."

Für den Energiepolitik-Experten Kirkegaard bedeutet die Rekord-Öl-Produktion und die deshalb gesunkenen Benzinpreise in der Summe ein politisches Plus für Biden. Die linke Basis, die Klimaaktivisten, lautet seine Prognose, werden den Demokraten im November trotzdem wählen.

Vor allem wenn die Alternative Trump ist. Deshalb sei es politisch klüger, sich vor allem "den preisbewussten Wechselwählern zu empfehlen", erklärt Kierkegaard, und weiter dafür zu sorgen, dass sich die Benzinpreise in einem politisch verträglichen Bereich bewegen.  

Julia Kastein, ARD Washington, tagesschau, 08.01.2024 20:43 Uhr