Blick auf die Skyline von Johannesburg, Südafika.
analyse

Südafrika Ein Energiewunder kurz vor der Wahl

Stand: 26.05.2024 02:50 Uhr

Wegen der maroden Energieinfrastruktur wurde in Südafrika 17 Jahre lang immer wieder der Strom abgestellt. Das scheint nun Geschichte zu sein - auch wenn daran noch nicht alle glauben: Viele vermuten einen Wahlkampftrick.

Südafrika im Mai 2024. Überall im Land reiben sich die Menschen ungläubig die Augen und fragen sich: Wie kann es sein, dass auf einmal wieder Strom fließt, rund um die Uhr, wenn man ihn braucht?

Seit Ende März erlebt das gebeutelte Land ein regelrechtes Energiewunder. 17 Jahre lang gehörte das sogenannte Load Shedding zum Alltag. Klingt harmlos, heißt aber nichts anderes, als dass immer wieder der Strom abgeschaltet werden muss. Manchmal sogar für zehn oder zwölf Stunden, weil wegen maroder Kraftwerke und Leitungen der Energiebedarf nicht mehr gedeckt werden kann. 

Korruption, Missmanagement und organisierte Kriminalität haben die Probleme zusätzlich verschärft. Plötzlich aber funktioniert alles, die Krise scheint überwunden, wie von Geisterhand.

Reparatur - oder Teil des Wahlkampfs?

Es ist nur ein Trick, und zwar ein ziemlich teurer - das glauben viele. Der Verdacht: Die ANC-geführte Regierung mache hinter den Kulissen kräftig Druck, damit der staatliche Energiekonzern Eskom seine Kunden bei Laune hält und dafür sorgt, dass die Stromversorgung in den Wochen vor der Parlamentswahl nicht zusammenbricht. Zum Beispiel, indem in Reservemeilern jede Menge Diesel verbrannt wird. Damit der ANC, der im Umfragetief steckt, endlich auch mal gute Nachrichten verbreiten kann.

Stimmt nicht, sagt Elektrizitätsminister Kgosientsho Ramokgoba. Er sieht als Hauptgrund für die Stabilisierung der Lage die intensiven Reparaturarbeiten in den Kraftwerken: "Alle diese Anstrengungen sind geplant, das kommt nicht überraschend, und die Aussichten sind sogar noch besser."

"Der harten Arbeit bei Eskom zu verdanken"

Die App des Stromanbieters Eskom, die sonst auf die Blackouts hinweist, zählt stolz die Tage, an denen dem Land die sonst üblichen Ausfälle schon erspart bleiben. Mehr als acht Wochen am Stück sind es inzwischen, das gab es zuletzt vor mehr als drei Jahren. 

"Das haben wir der harten Arbeit der Leute bei Eskom zu verdanken, von einem Wahlkampftrick kann keine Rede sein", sagt Staatspräsident Cyril Ramaphosa. Er hofft, dass es so wie in der letzten Zeit auch weitergehen wird, klopft aber vorsichtshalber auf Holz.  

Cyril Ramaphosa

Der Präsident des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), Cyril Ramaphosa, steht auf dem Podium vor Anhängern während der letzten Kundgebung der Partei vor den bevorstehenden Wahlen im FNB-Stadion in Johannesburg. Gewählt wird am 29. Mai.

Experte: Regierung hat den Ernst der Lage erkannt

Auch der unabhängige Energieexperte Chris Yelland hält die Verschwörungstheorien für an den Haaren herbeigezogen. Einfach einen Schalter umlegen und so tun, als wäre die Krise vorbei? Dafür sei der Konzern Eskom zu groß und die Stromkrise zu komplex.

Er glaubt, dass die Regierung endlich den Ernst der Lage erkannt hat und das tut, was schon vor Jahren hätte getan werden müssen. Nämlich die Wartungsarbeiten in den Kraftwerken und den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben: "Die Regierung handelt, Eskom auch und die Privatwirtschaft ebenfalls, dafür sollte man dankbar sein." 

Mehr solar, mehr Kohle

In der Tat investieren Politik, Unternehmen und viele Bürger in erneuerbare Energien. Zuletzt konnten Solaranlagen mehr als zehn Prozent des Strombedarfs decken, Tendenz deutlich steigend.

Gleichzeitig will Eskom die Laufzeit seiner Kohlemeiler verlängern, was Klimaschützern nicht gefällt. Außerdem denkt der Konzern darüber nach, in alten Kraftwerksblöcken Mini-Atomreaktoren zu installieren, auch wenn die Technologie noch weit von der Serienreife entfernt ist.

Und trotzdem: Viele Menschen hoffen, dass die Regierung die Wahrheit sagt, der bevorstehende Winter nicht zu schlimm wird und das Zeitalter des Load Shedding tatsächlich zu Ende geht - auch wenn der ein oder andere daran noch so seine Zweifel hat und glaubt, zum Leiden geboren zu sein.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 26. Mai 2024 um 06:33 Uhr.