Ein Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamts München entnimmt an einer Grundwassermessstelle eine Wasserprobe.

Trockenheit und mehr Bedarf Sind die Grundwasserspeicher in Gefahr?

Stand: 26.07.2023 06:41 Uhr

Grundwasser ist die wichtigste Quelle für unser Trinkwasser. Doch die Trockenheit und der steigende Verbrauch werden zum Problem. Experten rechnen in Zukunft mit Konflikten um die knappe aber lebenswichtige Ressource.

Was klar und frisch aus dem Wasserhahn plätschert, kommt oft tief aus der Erde: Grundwasser - aufbereitet und gefiltert, frei von Schadstoffen. Überwiegend stammt es aus Regenwasser, das durch den Boden sickert. Der Großteil unseres Trinkwassers wird daraus gewonnen. Grundwasser ist die wichtigste Ressource für die öffentliche Trinkwasserversorgung in Deutschland. Gleichzeitig versorgt es auch Pflanzen und Böden sowie Bäche und Flüsse mit Wasser.

In vielen Regionen werde es künftig jedoch immer weniger Grundwasser geben, sagt der Wissenschaftler Hans Jürgen Hahn voraus. Er erforscht seit vielen Jahren die Wechselwirkungen zwischen Oberflächengewässern und Grundwasser und lehrt an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU).

Schuld am Grundwassermangel sei der Klimawandel: In den vergangenen Jahren regnet es immer weniger und es gibt zunehmend länger anhaltende Trockenphasen. Dadurch schrumpfen die Grundwasservorräte in Deutschland, was weitreichende Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung hat, wie Hahn erklärt. Deutschland befinde sich "an einem Kipppunkt im Landschaftswasserhaushalt".

Weniger Grundwasser, größerer Durst

Die Wasserwirtschaft stehe zunehmend vor großen Herausforderungen, ist Hahn überzeugt. Denn der Wasserverbrauch nimmt zu. Grundwasser ist nicht nur Lebensgrundlage der Bevölkerung, sondern auch wichtiges Wirtschaftsgut: Neben kommunalen Wasserversorgern, die Trinkwasser aufbereiten und es Millionen von Bürgerinnen und Bürgern bereitstellen, hängen auch landwirtschaftliche Betriebe am Tropf.

Sie bewässern ihre Anbauflächen mit Grundwasser, infolge zunehmender Trockenheit hat der Wasserbedarf dabei in den vergangenen Jahren klar zugenommen. Auch Lebensmittelproduzenten zapfen die unterirdischen Wasservorkommen an, um unter anderem Mineralwasser herzustellen und es an Supermärkte und Discounter zu verkaufen.

Deutschlands "Badewanne" bald verschmutzt?

Der Oberrheingraben sei die "größte Badewanne Deutschlands", sagt Hahn. Und einer der wichtigsten Grundwasserspeicher in Mitteleuropa. Die Tiefebene, durch die der Rhein fließt, ist rund 350 Kilometer lang, von Basel bis nach Frankfurt am Main. Sie ist etwa 40 Kilometer breit, bis zu 300 Meter tief und gefüllt mit Grundwasser.

Das kommt aus den Mittelgebirgen, die den Oberrheingraben umgeben: Das Wasser fließt vom Schwarzwald, den Vogesen, Pfälzerwald und Odenwald in diese große, wannenartige Absenkung. "Deswegen ist der Druck unten höher als oben", erklärt Hahn. Normalerweise. Doch durch Klimawandel und sinkendes Grundwasser hat in den vergangenen Jahren der Druck in der Tiefe nachgelassen. Und das ist laut dem Ökologen ein großes Problem.

Karte mit Oberrheingraben, Frankfurt und Basel

Grundwasser könnte verunreinigt werden

Wenn zu viel Wasser entnommen wird, kommt es zu einer Druckumkehr zwischen oben und unten. Die Folge: Oberflächenwasser strömt plötzlich nach unten in die Tiefe und mit ihm Verunreinigungen aus Bächen oder Flüssen. Das Grundwasser werde mit Schadstoffen belastet und verunreinigt, sagt Hahn.

Er geht davon aus, dass sich dieser Effekt in den kommenden Jahren weiter verstärken wird. Hinzu kommt, dass als Folge Bäche und Flüsse versiegen, Pflanzen verdorren und Böden austrocknen, weil weniger Grundwasser nach oben strömt, um sie zu versorgen.

Konkurrenzkampf um Wasser

Hahn rechnet damit, dass es künftig zunehmend Konflikte um die begehrte Ressource aus der Tiefe geben könnte. Zum Beispiel in Rheinland-Pfalz: Das Bundesland verfügt zwar im Vergleich zu anderen Regionen immer noch über genug Grundwasservorkommen. Doch es bildet sich zu wenig neues Grundwasser nach. "An manchen Orten wird es bereits eng", sagt Hahn.

Kommunale Wasserversorger in der Pfalz etwa, die ihr Wasser bisher aus Quellen in der Nähe bezogen hätten, müssten sich inzwischen nach Wasser aus anderen Regionen umsehen. Und sie schielen dabei auf die Oberrheinebene. Das heißt, es werden immer mehr Akteure, die auf das Grundwasser dort zugreifen wollen.

Das Beispiel zeige, was auf uns zukommen könnte, warnt Hahn. Den bisherigen Umgang mit Grundwasser kritisiert er und fordert ein besseres Wasser-Management. Die Grundwasser-Entnahme müsse stark reduziert und nur das absolut Erforderliche dürfe genehmigt werden. Politik und Behörden seien in der Pflicht: "Wir müssen Klarheit haben, wie viel Wasser verfügbar ist. Und wir brauchen klare Entscheidungen und Regeln, wie mit dem Wasser umzugehen ist."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 18. Juli 2023 um 06:20 Uhr.