Kundinnen vor einem H&M-Shop | AFP

Reaktion auf Kritik China verbannt H&M aus Online-Stores

Stand: 25.03.2021 09:25 Uhr

Wegen der Menschenrechtslage in Chinas Region Xinjiang wollen H&M, Nike und andere Firmen keine Baumwolle mehr von dort nutzen. Das macht sie nun zum Ziel einer Boykott-Kampagne in den staatlichen Medien.

Von Steffen Wurzel, ARD-Studio Shanghai

In China zeigt sich dieser Tage erneut, welche Folgen es haben kann, wenn man die Politik der kommunistischen Staatsführung offen kritisiert. Konkret: Welche wirtschaftliche Folgen es für ausländische Unternehmen haben kann. Diesmal trifft es H&M, eine der größten Modeketten der Welt.

Steffen Wurzel ARD-Studio Shanghai

Nationalistische Entrüstung auf Social-Media-Plattformen

Die staatlichen Medien und die Jugendorganisation der Kommunistischen Partei starteten in den vergangenen Tagen eine massive Boykott-Kampagne gegen H&M. Hintergrund ist die Kritik des schwedischen Unternehmens an den Menschenrechtsverletzungen, die Chinas Staatsführung in Xinjiang begeht, an der Bevölkerungsgruppe der Uiguren.

H&M hatte angekündigt, deswegen keine Baumwolle aus Xinjiang mehr zu verwenden, um mögliche Zwangsarbeit nicht zu unterstützen. Auf Chinas Social-Media-Plattformen entlädt sich deswegen ein Sturm nationalistischer Entrüstung gegen das Unternehmen. Die chinesischen Promi-Werbepartner von H&M, die Sängerin Victoria Song und der Schauspieler Huang Xiang, distanzierten sich öffentlich vom Unternehmen.

Online-Shopping-Portale entfernen H&M-Produkte

Die großen chinesischen Smartphone-Anbieter schmissen die H&M-App aus ihren App-Stores. Und was das Modeunternehmen wirtschaftlich besonders hart trifft: Alle großen Online-Shopping-Portale in China musterten sämtliche Produkte von H&M aus.

Staatliche Medien befeuern die Kampagne mit Kommentaren und Berichten. Analysten rechnen mit massiven Verlusten für H&M wegen des staatlich orchestrierten Boykotts.

Boykottaufrufe auch gegen andere westliche Firmen

Auch gegen andere westliche Hersteller, die härter gegen Zwangsarbeit vorgehen wollen, richten sich inzwischen erste Boykottaufrufe. "Es geht hier nicht nur um H&M", sagt etwa der chinesische Promi-Moderator und Influencer Wang Xiaochuan auf seinem Social-Media-Kanal. "Auch Nike und Adidas wollen Baumwolle aus Xinjiang boykottieren. Aber gut, dass die Fronten jetzt klar sind. Viele rufen jetzt nach einem Boykott der Waren. Ich finde, das geht nicht mal weit genug.“"

Wang wittert eine internationale Verschwörung gegen China, die es aufzuklären gelte. Der Sportartikelhersteller Nike hatte erklärt, das Unternehmen sei "besorgt" wegen der Berichte über Zwangsarbeit in Xinjiang und werde keine Baumwolle aus der Region verwenden. Dies löste ebenfalls eine Protestwelle chinesischer Social-Media-Nutzer aus.

Harter Kurs gegen Kritiker

Chinas kommunistische Führung fährt seit mehreren Jahren den Kurs: Wer unsere Politik offen kritisiert, wird bestraft. Das gilt für Unternehmen und sogar für ganze Staaten. Zuletzt hat Chinas Staatsführung einen Handelskrieg gegen Australien angezettelt: Lebensmittel- und Rohstoffimporte aus aus dem Land wurden mit heftigen Zöllen belegt oder ganz gestrichen. Hintergrund ist die Kritik der australischen Regierung an den Vertuschungsaktionen der chinesischen Behörden zu Beginn der Coronakrise.

Auch in Taiwan, Südkorea und anderen Ländern hat man Erfahrungen mit ähnlichen Vergeltungsaktionen der chinesischen Führung gemacht. Deutsche Firmen halten sich in der Regel mit Kritik an der chinesischen Regierung zurück. Viele suchen immer wieder die Nähe zur kommunistischen Führung.

So schaltete der Autokonzern Daimler Anfang des Monats einen S-Klasse-Werbespot während einer Fernsehübertragung des Volkskongresses, also des chinesischen Scheinparlaments. Volkswagen stellte vergangenes Jahr sogar eine neue E-Mobilitäts-Initiative in der Großen Halle des Volkes vor, dem Parlamentsgebäude in der Hauptstadt. Dort lässt sich die kommunistische Führung einmal im Jahr ihre Politik von handverlesenen Delegierten absegnen.

Über dieses Thema berichtete NDR Info am 25. März 2021 um 07:41 Uhr.