Sparschwein mit Geldscheinen

Weltspartag Nur jeder Zweite kann sparen

Stand: 28.10.2022 13:05 Uhr

Pünktlich zum Weltspartag hat die EZB den Leitzins erneut erhöht, auch die Sparzinsen steigen. Doch konnten in der Pandemie noch viele Deutsche Geld zurücklegen, gelingt das derzeit nur jedem Zweiten.

Die Münzen und Geldscheine aus der Sparbüchse zur Bank bringen und sich die Zinsen fürs vergangene Jahr ins rote Sparbuch schreiben lassen: Der Weltspartag sollte Kinder bis vor noch vor gar nicht langer Zeit an die Sinnhaftigkeit des Sparens heranführen. Zinsen waren über viele Jahre so gut wie ausgestorben, die Zeiten für alle, die gerne klassisch sparen, schlecht. Doch aktuell wendet sich das Blatt. Mit der Anhebung des Leitzinses durch die EZB gibt es auch bei vielen Tages- und Festgeldkonten wieder etwas zu holen. Laut einem Vergleich des Verbraucherportals biallo.de haben sich die Festgeldzinsen seit ihrem Rekordtief im Frühjahr 2022 inzwischen fast versiebenfacht. Im Schnitt würde für ein einjähriges Festgeld inzwischen ein Prozent Zinsen bezahlt. Es ist ein Wert, der seit 2013 nicht mehr erreicht wurde.

Zinsen nicht entgehen lassen

Auch Tagesgeldkonten können sich wieder lohnen, sagt Matthias Urbach, stellvertretender Chefredakteur des Geldratgebers Finanztip - wenngleich sie die aktuell sehr hohe Inflation nicht ausgleichen können. "Trotzdem macht es in absoluten Zahlen einen Unterschied. Es sind Zinsen, die man sich nicht entgehen lassen sollte."

Weltspartag: Wieder Zinsen, aber nichts übrig?

Fabian Held, MDR, tagesschau 12:00 Uhr

Für ein dreijähriges Festgeld bekomme man heute wieder bis zu drei Prozent Zinsen, berichtet Urbach. Es seien vor allem spezialisierte Banken, die das anbieten. "Dafür lohnt es sich aus meiner Sicht, noch ein zusätzliches Konto für ein Tages- oder Festgeld zu eröffnen." Wichtig sei, nur bei seriösen Banken anzulegen, also Banken in Ländern mit einer verlässlichen Einlagensicherung.

Sparquote von 240 Euro monatlich

Doch um zu sparen, braucht man Geld. Im ersten Halbjahr 2021 hatten die Deutschen davon offenbar noch viel übrig, die Sparquote kletterte auf den historischen Höchstwert von 18,2 Prozent - das zeigen Daten des Statistischen Bundesamts. Grund war die Corona-Pandemie. Menschen verzichteten auf Urlaube und Restaurantbesuche; sie hatten schlicht weniger Gelegenheiten, Geld auszugeben.

Nachdem viele der pandemiebedingten Einschränkungen aufgehoben worden waren, sank die Sparquote wieder. Im ersten Halbjahr 2022 lag sie bei 11,1 Prozent, also in etwa auf dem Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019. 240 Euro habe jeder Deutsche in dieser Zeit im Durchschnitt monatlich gespart.

Tatsächlich aber sei es nur noch jeder Zweite, der aktuell Geld zurücklegen kann, zeigt eine aktuelle Auswertung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). 2020 seien noch 70 Prozent der Menschen in Deutschland dazu in der Lage gewesen. Wegen der hohen Inflation hätten zurzeit aber vor allem die, die im Monat weniger als 1500 Euro zur Verfügung haben, kaum noch finanziellen Spielraum.

Sparernation im Nebel

Keine einfache Situation für die Sparernation Deutschland, sagt Martin Weber, Professor für Betriebswirtschaftslehre in Mannheim. Er beschäftigt sich in seiner Forschung mit der menschlichen Psyche in finanziellen Situationen. "Das Sparen ist in Deutschland auch historisch gewachsen und tief in der Bevölkerung verwurzelt. Das belegen auch Sprichwörter wie 'Spare in der Zeit, dann hast du in der Not'."

Wenn die Zeiten komplex und undurchsichtig würden so wie aktuell, steige aber bei vielen die Unsicherheit. "Dann verharrt man, die Konsumneigung wird geringer. Man macht eher langsam als in den Nebel hinein zu rennen", sagt Weber. Mit der Folge, dass einige gar nichts mehr mit ihrem Geld machen und es auf dem Girokonto liegen lassen. "Wenn das Geld untätig liegen bleibt, verliert es aufgrund der hohen Inflation noch stärker an Wert, als wenn ich es in einer möglichst sicheren Form anlege. Man sollte also weiter breit diversifizieren", sagt Weber.

Inflation aushalten

Auch Urbach appelliert, einen kühlen Kopf zu bewahren. Er empfiehlt mindestens drei Monatsgehälter auf der hohen Kante zu haben für schlechte Zeiten - auf einem Konto, das jederzeit zugänglich ist. Wer aufgrund einer Rezession im kommenden Jahr womöglich einen Jobverlust oder geringere Einnahmen befürchtet, sollte sogar noch mehr zurücklegen. Geld, das man nicht sofort brauche, könne man auch weiterhin beispielsweise in einem ETF-Sparplan anlegen. "Hier bekommt man aktuell wegen der Rückgänge an den Börsen sogar mehr für sein Geld." Doch brauche man einen langen Atem, weil die Börsenkurse womöglich weiter einbrechen könnten.

Wichtig sei, so Urbach, die Inflation auszuhalten. "Wir machen alle Verlust, aber da müssen wir durch." Trotzdem solle man sich vor dubiosen Angeboten hüten, die hohe und sichere Rendite versprechen. Die Gesetze der Ökonomie könne man nicht außer Kraft setzen. Auch nicht am Weltspartag.