Streikposten am Flughafen Köln/Bonn im Terminal.

Ankündigung von ver.di und EVG Warnstreik soll Montag Verkehr lahmlegen

Stand: 23.03.2023 15:55 Uhr

Die Gewerkschaften ver.di und EVG haben für Montag einen umfassenden Warnstreik angekündigt. Er betrifft den Fern-, Regional- und Nahverkehr sowie Flughäfen und die Autobahngesellschaft - bundesweit.

Mit einem großangelegten bundesweiten Warnstreik wollen die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sowie ver.di am Montag große Teile des öffentlichen Verkehrs lahmlegen. Das teilten beide Organisationen mit. Es werde "im gesamten Bundesgebiet zu starken Verzögerungen bis hin zum Erliegen der Verkehrsdienste in allen genannten Bereichen kommen", hieß es.

Ver.di-Chef Frank Werneke sagte, der Streiktag werde "massive Wirkung" haben. Angesichts der Stimmung in den Unternehmen werde mit einer hohen Teilnahme gerechnet. Ver.di rief bundesweit 120.000 Beschäftigte zum Streik auf, die EVG 230.000 Beschäftigte bei Bus und Bahn.

Gewerkschaften ver.di und EVG kündigen bundesweite Streiks an

Ole Hilgert, rbb, tagesschau, 23.03.2023 16:00 Uhr

Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr betroffen

Betroffen von der beispiellosen Warnstreik-Aktion sind der Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr der Deutschen Bahn sowie weiterer Eisenbahn-Unternehmen. Ver.di ruft zudem zu Arbeitsniederlegungen an mehreren Flughäfen auf sowie im öffentlichen Nahverkehr in den Bundesländern Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Bayern. Auch die Autobahngesellschaft soll bestreikt werden, ebenso wie die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung.

Auf der Schiene sind neben der Deutschen Bahn laut EVG unter anderem die Bahn-Unternehmen Transdev, AKN, Osthannoversche Eisenbahnen, erixx, vlexx, eurobahn sowie Die Länderbahn betroffen. "Der ganztägige Streik beginnt in der Regel in der Nacht vom 26. auf den 27. März um 00.00 Uhr und endet um 24.00 Uhr", teilten beide Gewerkschaften mit. Der EVG-Vorsitzende Martin Burkert empfahl Reisenden, schon am Sonntag möglichst frühzeitig ans Ziel zu kommen. "Weil es durchaus Schichten geben kann, die schon ab Sonntagabend in den Montag hineingehen", sagte er.

Auch Straßentunnel sollen bestreikt werden. "Wir werden bestimmte Tunnel in den Blick nehmen", sagte ver.di-Vize Christine Behle. Welche Tunnel betroffen seien, ist noch unklar. Es würden aber bestimmte Tunnel geschlossen, "durch die man dann faktisch nicht fahren kann, beispielsweise der Elbtunnel" in Hamburg.

"Alle werden ihn bemerken", Jörg Poppendieck, RBB, zu angekündigtem Großstreik

tagesschau, 23.03.2023 14:00 Uhr

"Streikeskalation nach französischem Vorbild"

Die Warnstreiks an Flughäfen hängen den Gewerkschaften zufolge einerseits mit den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zusammen. Zum anderen geht es auch um die örtlichen Verhandlungen für Beschäftigte der Bodenverkehrsdienste sowie die bundesweiten Verhandlungen für die Beschäftigten der Luftsicherheit.

Nach Einschätzung des Flughafenverbands ADV wird der Streik Hunderttausende Passagiere treffen. "Rund 380.000 Geschäfts- und Privatreisende werden ihren Flug nicht antreten können", hieß es vom Verband. Die Rede war von "Streikeskalation nach französischem Vorbild". Ein ganzes Land werde vom internationalen Luftverkehr abgeschnitten.

"Die Gewerkschaften verabschieden sich von der bewährten Tradition, dass in Deutschland Lösungen am Verhandlungstisch erreicht werden", kritisierte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. Die angekündigten Aktionen sprengten jedes vorstellbare und vertretbare Maß und hätten nichts mehr mit einem Warnstreik zu tun. "Vielmehr ist es der Versuch, per Generalstreik französische Verhältnisse in Deutschland einziehen zu lassen."

Deutsche Bahn: "Grundlos und unnötig"

Die Deutsche Bahn kritisierte den Streik als "grundlos und unnötig". Die EVG müsse sich ihrer Verantwortung stellen und "umgehend an den Verhandlungstisch zurückkehren", forderte Personalvorstand Martin Seiler. Die Bahn habe ein "verantwortungsvolles Angebot vorgelegt" und sei zu jeder Zeit gesprächsbereit. Der nächste reguläre Verhandlungstermin Ende April sei viel zu spät.

Für Montag rechnet der Konzern mit einem nahezu vollständigen Stillstand auf der Schiene. "Wir gehen davon aus, dass am Montag das Land lahmgelegt ist und dass so gut wie kein Eisenbahnverkehr möglich ist", sagte Seiler. "Selbstverständlich sind wir auch in solchen Situationen in sehr großem Umfang zur Kulanz bereit." Allen Fahrgästen riet er dennoch: "Jeder, der umdisponieren kann, sollte das auch entsprechend tun."

Bundesverkehrsminister Volker Wissing mahnte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Ich kann nur an alle Tarifpartner appellieren, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein und die Auswirkungen auf die Bevölkerung so gering wie möglich zu halten." Die Schiene leiste einen enormen Beitrag für die Mobilität und Versorgung der Gesellschaft.

Druck für Verhandlungen erhöht

Mit den Aktionen erhöht ver.di den Druck für die am Montag beginnende dritte Verhandlungsrunde mit Bund und Kommunen. Gemeinsam mit dem Beamtenbund dbb fordert die Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Lohn. Die Arbeitgeber hatten in der zweiten Verhandlungsrunde Ende Februar ein Angebot vorgelegt. Es umfasst unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro.

Die Gewerkschaften seien "mit einem völlig unzureichenden Angebot konfrontiert, und deshalb ist es uns wichtig, am Beginn und vor dem Beginn der dritten Tarifverhandlungsrunde am kommenden Montag nochmal deutlich zu machen, dass unsere Forderungen eine breite Unterstützung in den Belegschaften haben", sagte Werneke. Das werde sich am Montag zeigen.

Ende Februar begannen zudem die Verhandlungen der EVG mit der Bahn und rund 50 weiteren Eisenbahn-Unternehmen. Die Gewerkschaft hatte in der vergangenen Woche ein erstes Angebot der Bahn abgelehnt. Sie fordert mindestens 650 Euro mehr Lohn. Bei den höheren Entgelten strebt sie eine Steigerung um zwölf Prozent an bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten. Die Bahn hatte unter anderem angeboten, die Löhne der rund 180.000 betroffenen Beschäftigten in zwei Schritten um insgesamt fünf Prozent anzuheben sowie mehrere Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro in Aussicht gestellt.