VW-Logo

Abgasskandal Doch noch Vergleich für VW-Dieselkunden

Stand: 28.02.2020 13:39 Uhr

Abbruch der Verhandlungen, gegenseitige Schuldzuweisungen - und nun doch eine Einigung. Volkswagen und Verbraucherschützer haben eine gemeinsame Lösung zur Entschädigung von Hunderttausenden Dieselkunden gefunden.

Volkswagen und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) haben im Dieselskandal nun doch eine Einigung auf einen Vergleich für Hunderttausende betroffene Kunden erreicht. VW und vzbv hätten eine "umfassende Vereinbarung" geschlossen, teilte das Oberlandesgericht Braunschweig mit.

Die Einigung sieht auch weiterhin ein Vergleichsangebot des Autobauers in Höhe von insgesamt 830 Millionen Euro vor. Rund 260.000 Kunden, die sich beim Bundesamt für Justiz in das Klageregister eingetragen haben, bietet VW eine Einmalzahlung je nach Fahrzeug und Fahrzeugalter zwischen 1350 und 6257 Euro an, wie der vzbv mitteilte. Dies entspreche im Schnitt rund 15 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises. Zusätzlich übernehme VW individuelle Anwaltskosten von bis zu 190 Euro netto. Um die Zahlungen abzuwickeln, will Volkswagen eine Plattform einrichten. Diese solle es vergleichsberechtigten Kunden ab Ende März ermöglichen, eine Einmalzahlung zu erhalten.

Im Gegenzug müssen die Anspruchsberechtigten auf künftige Klagen verzichten. Damit will Volkswagen die Lasten durch den Dieselskandal eindämmen, der den Konzern bereits mehr als 30 Milliarden Euro gekostet hat. Wer das Angebot nicht annehmen will, kann laut vzbv bis mindestens Oktober noch Einzelklage erheben. Bei Streitigkeiten können Kunden und VW zudem eine unabhängige Ombudsstelle einschalten, teilte VW mit.

Erster Anlauf war gescheitert

Das Gericht in Braunschweig hatte vergangene Woche die Moderation in dem Streit übernommen, nachdem ein erster Versuch einer Einigung zuvor gescheitert war. Unter der Vermittlung des OLG-Präsidenten und früheren Staatssekretärs im niedersächsischen Justizministerium, Wolfgang Scheibel, suchten Vertreter von VW und des vzbv mehrere Tage lang nach einer Lösung.

Zuvor hatte es Streit und harsche gegenseitige Vorwürfe gegeben. In den zunächst außergerichtlich geführten Vergleichsverhandlungen hatte sich VW Mitte des Monats zu einer Entschädigungssumme von insgesamt 830 Millionen Euro für mehr als 450.000 betroffenen Kunden bereit erklärt. Kurz vor dem Abschluss beendete der Konzern die Verhandlungen zur Überraschung des vzbv aber.

VW begründete dies damit, dass die Anwälte des vzbv unakzeptable Honorarforderung gestellt hätten, ohne dafür einen konkreten Tätigkeitsnachweis abliefern zu wollen. Der Verbraucherschutzverband warf VW vor, in dem 2015 zugegebenen Abgasbetrug erneut Vertrauensbruch zu begehen.

Volkswagen beschloss daraufhin, den Kunden selbst ein Angebot mit einer Gesamtsumme von rund 830 Millionen Euro zu machen. Die Verbraucherschützer äußerten jedoch Zweifel daran, dass VW jedem einzelnen Kunden beim angebotenen "Direktvergleich" eine Zahlung nach eindeutig nachvollziehbaren Kriterien gewähren werde.

VW-Chef Justiziar Manfred Döss erklärte nach der Einigung, es sei "gut, dass wir den Verbraucherinnen und Verbrauchern den Vergleich nun doch gemeinsam mit dem vzbv anbieten". Wichtig sei beiden Seiten eine unabhängige Kontrolle und eine transparente Abwicklung des Vergleichs. Beides sei gewährleistet.

OLG Braunschweig verhandelt Musterfeststellungsklage gegen VW

Das OLG Braunschweig ist für die Musterfeststellungsklage gegen VW zuständig.

Vorwurf: "Vorsätzliche und sittenwidrige" Schädigung

Am OLG lag bereits die Musterfeststellungsklage gegen Volkswagen wegen zu hoher Abgaswerte von Dieselfahrzeugen. Der vzbv klagte stellvertretend für VW-Kunden auf Entschädigung. Der Verband wollte klären lassen, dass der Autokonzern Dieselkäufer "vorsätzlich und sittenwidrig" geschädigt hat und deshalb Schadenersatz zahlen muss. 

Die Musterfeststellungsklage werde nun beendet, teilten die Verbraucherschützer mit. "Der vzbv hat für mehr gestritten. Aber im Rahmen der schwierigen Verhandlungen ist das Ergebnis das maximal Erreichbare", sagte Vorstand Klaus Müller. Das Angebot von VW liege im Rahmen der bisher vor deutschen Gerichten in ähnlichen Prozessen erzielten Entschädigungssummen.

Kein Vergleichsangebot werden Dieselbesitzer bekommen, die ihr Auto nach dem 31. Dezember 2015 gekauft haben oder zum Zeitpunkt des Kaufs ihren Wohnsitz nicht in Deutschland hatten. "Wir finden zwar, dass auch diese Menschen Ansprüche haben", sagte Müller. Die Grundlagen seien aber so individuell, dass sie im Rahmen einer Musterklage nicht geklärt werden könnten. Der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei weltweit Millionen von Dieselautos aus dem VW-Konzern war Ende September 2015 öffentlich geworden.

Im Klageregister des zuständigen Bundesamtes für Justiz gab es bis zum Beginn des Musterfeststellungsverfahrens rund 470.000 Anmeldungen. VW hatte betont, es gebe auch viele Abmeldungen und mögliche Mehrfachanmeldungen. Von einem Vergleich können nach bisherigen Abmachungen nur die im Klageregister eingetragenen Kunden profitieren.