Ein Elektroauto steht südlich von Oslo an einer Küste
Hintergrund

Ende des Verbrennungsmotors Norwegen gibt das Tempo vor

Stand: 09.04.2019 18:30 Uhr

E-Autos sollen helfen, den CO2-Ausstoß zu senken. Während Deutschland noch über die Zukunft des Verbrennungsmotors streitet, haben andere Länder bereits sein Ende beschlossen. Ehrgeizig sind nicht nur die Skandinavier. Von Eckart Aretz.

E-Autos sollen helfen, den CO2-Ausstoß zu senken. Während Deutschland noch über die Zukunft des Verbrennungsmotors streitet, haben andere Länder bereits sein Ende beschlossen. Ehrgeizig sind nicht nur die Skandinavier.

An Selbstbewusstsein mangelt es dem norwegischen Elektrofahrverband nicht. "Norwegen zeigt der Welt, dass das elektrische Auto Autos ersetzen kann, die mit Benzin und Diesel betrieben werden", protzte Anfang April der Verband und verwies auf die Zulassungszahlen vom Vormonat. Da waren in Norwegen erstmals mehr Neuwagen mit Elektroantrieb als mit Verbrennungsmotor verkauft worden - insgesamt 58,4 Prozent betrug der Anteil im März. Und für das Gesamtjahr rechnen die Lobbyisten mit einem Wert von rund 50 Prozent.

Norwegen gibt international das Tempo vor beim Abschied vom Verbrennungsmotor. Schon 2025 soll es keine Neuzulassungen für diese Antriebsart mehr geben. Dieses Ziel will die konservativ-liberale Regierung aber nicht mit einem strikten Verbot erreichen. Vielmehr fördert sie den Verkauf von Elektroautos massiv mit steuerlichen Anreizen. Dadurch sind Elektroautos in Anschaffung und Betrieb oft billiger als Pkw mit klassischem Motor. Was der Regierung die Zielsetzung erleichtert: Norwegen verfügt über keine nennenswerte Automobilindustrie und gewinnt seinen Strom zu 95 Prozent aus Wasserkraft - Engpässe sind nicht zu erwarten.

Scheitern könnte das Vorhaben eher an seinem Erfolg: Der Boom hat zu Lieferengpässen geführt, viele Kunden müssen lange auf ein Elektroauto warten. Inzwischen gibt es einen Handel mit Warteplätzen - wer ein paar tausend Euro hinlegt, wandert auf den Listen nach oben. Im gesamteuropäischen Vergleich liegen die Norweger dennoch vorne: Ein Drittel aller Pkw sind Elektroautos.

Parkplatz mit Ladestationen für Elektroautos in Oslo

Großparkplatz in Oslo: Die Zahl der Ladestationen ist für viele Autokäufer ein entscheidendes Argument.

Viele peilen 2030 an

Ganz so entschieden wie Norwegen gehen andere skandinavische Staaten nicht vor. Schweden und Dänemark wollen 2030 die Neuzulassung von Diesel und Benzinern verbieten. Die Details sind aber noch offen, bislang handelt es sich nur um Ankündigungen. So ist in Schweden zum Beispiel noch nicht ausgemacht, ob auch Hybridfahrzeuge unter das Verbot fallen, die Elektro- und Verbrennungsmotoren kombinieren.

Auch Island, Irland, die Niederlande und Slowenien sowie Israel wollen 2030 nur noch emmissionsfreie neue Autos auf die Straße lassen. Auch Indien hat sich dieses Ziel gesetzt, allerdings signalisiert die Regierung inzwischen, dass diese Marke verfehlt werden könnte.

Taiwan hat das Verkaufsverbot für den klassischen Motor für 2035 gesetzlich festgelegt. Ab 2040 sollen dann nur noch Elektroautos unterwegs sein. Diese Entscheidung ist deshalb bemerkenswert, weil der Inselstaat international durch China isoliert ist und an den Klimakonferenzen nicht teilnehmen kann, dennoch aber seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten will.

Viele Staaten, die das Ende des Verbrennungsmotors vorantreiben, haben - wie Norwegen - keine größere Automobilindustrie und müssen Interessen der Unternehmen, Zulieferer und Arbeitnehmer nicht berücksichtigen. Doch auch zwei Staaten mit einer bedeutenden Pkw-Produktion beabsichtigen, ab 2040 den Verkauf neuer Verbrennungsmotoren zu untersagen: Großbritannien und Frankreich. 2050 sollen in Großbritannien keine Diesel und Benziner mehr auf den Straßen unterwegs sein.

Auch aus Spanien wurden entsprechende Überlegungen bekannt - dort wird aber Ende des Monats ein neues Parlament gewählt. Welche Mehrheiten es danach für welche Politik geben wird, ist nicht abzusehen. Das Aus für Pkw mit Schadstoffausstoß ist auch in Kanada für 2040 vorgesehen.

Produktion von E-Autos in Qingdao (China)

China drückt bei der Produktion von E-Autos (hier in Qingdao) mächtig aufs Tempo - das bereitet der deutschen Industrie Sorgen.

Wie es die USA und China halten

Im Nachbarland USA gibt es keine landesweiten Pläne. Hier sind es einzelne Bundesstaaten, die solche Vorgaben planen, unter anderem Kalifornien, das ab 2040 nur noch neuen emmissionsfreien Pkw die Zulassung erteilen will.

Auch China, das wie kein anderes Land die Entwicklung von E-Autos fördert, hat noch keinen nationalen Plan für das Ende des Verbrennungsmotors. Allerdings schreibt die Regierung seit diesem Jahr den Herstellern Quoten für den Verkauf von E-Autos vor. Auch fördert sie den Erwerb solcher Pkw kräftig mit Zuschüssen.

Gerade in den USA und China steigen die Verkaufszahlen für E-Autos in den vergangenen drei Jahren - auf niedrigem Niveau - stark an. Ob sich dieser Trend verstärkt, dürfte nicht zuletzt vom Ausbau des Netzes der Ladestationen abhängen und von der Preisentwicklung bei den Batterien. Nicht auszuschließen ist, dass am Ende die Verbraucher eine Entscheidung treffen, die die zuständigen Politiker derzeit - aus vielen Gründen - noch scheuen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete mdr Aktuell am 07. April 2019 um 14:18 Uhr.