Orangeroter Abendhimmel hinter Strommasten.
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Strompreise in Deutschland Die Tendenz zeigt nach oben

Stand: 08.02.2024 06:24 Uhr

Die Preise für Strom sind seit der Energiekrise wieder gefallen. Der Markt aber bleibt in Bewegung: Einige Versorger haben vor, die Tarife anzuheben. Was erwartet die Verbraucher?

Von Sebastian Schreiber, ARD-Finanzredaktion

Wer in diesen Tagen Post vom Versorger bekommt, ist gut beraten, ins Kleingedruckte zu schauen. Sechs Wochen im Voraus sind die Anbieter von Strom und Gas verpflichtet, Preisänderungen in der Grundversorgung anzukündigen - und in den Briefkästen der Kunden dürften aktuell etliche Briefe landen.

Da ist etwa EnBW. Der Energiekonzern mit Sitz in Karlsruhe zählt nach eigenen Angaben etwa 5,5 Millionen Kundinnen und Kunden in Deutschland. Viele müssen wohl ab April tiefer in die Tasche greifen. Der Konzern hat angekündigt, die Preise für Strom in der Grund- und Ersatzversorgung um fast 16 Prozent anzuheben.

Versorger geben Netzentgelte weiter

Ein Haushalt, der 2.900 Kilowattstunden im Jahr verbraucht, kann in der Folge mit Mehrkosten von rund 16 Euro im Monat rechnen. EnBW teilte mit, einer der Gründe sei die Erhöhung der Netzentgelte für Haushaltsstrom. "Gleichzeitig sind auch die staatlichen Abgaben, Umlagen und Steuern insgesamt gestiegen, die ebenfalls Teil des Strompreises für Haushalte sind", so EnBW.

Ende des Jahres hatte die Bundesregierung im Zuge der Haushaltsberatungen beschlossen, den Bundeszuschuss zum Netzentgelt zu streichen. Es ging um Kosten von 5,5 Milliarden Euro.

Verivox: Tarifwechsel prüfen

Die vier großen Fernleitungsbetreiber in Deutschland - Tennet, Amprion, 50Hertz und TransnetW - haben die Netzentgelte daraufhin mehr als verdoppelt: von 3,1 auf 6,4 Cent je Kilowattstunde. Dazu sagt Thorsten Storck vom Vergleichsportal Verivox zu tagesschau.de: "Eine Reihe von Stromversorgern gibt diese Steigerungen in Form von höheren Preisen an ihre Kundinnen und Kunden weiter."

Es gebe aber auch Stromanbieter, so Storck, die ihre Preise dank gesunkener Beschaffungskosten nicht anheben. "Darum raten wir allen, die von Preiserhöhungen betroffen sind oder noch in teuren Tarifen aus der Zeit der Energiepreiskrise 2022 stecken, die verfügbaren Angebote zu vergleichen und gegebenenfalls zu wechseln", so der Energieexperte.

Strompreis dürfte eher steigen

Auch wenn Anbieter vereinzelt sogar die Preise für Strom senken, zeichnet sich ab, dass der Preis pro Kilowattstunde in den kommenden Monaten eher steigen dürfte. Weitere Anbieter könnten sich dazu entschließen, die Preise anzuheben. In einer Befragung der Nachrichtenagentur dpa unter 26 Versorgern gab die Mehrheit der Anbieter an, noch zu prüfen, wie sich die gestiegenen Netzentgelte auf die Tarife auswirken.

Einige Unternehmen - das zeigt auch der Fall EnBW - haben schon jetzt reagiert. Mit Blick auf die bevorstehenden Monate März und April zählt Verivox mehr als fünf Mal so viele Preissteigerungen wie Preissenkungen. Den Angaben zufolge erhöhen die Anbieter ihre Preise durchschnittlich um acht Prozent. Im Strompreis für Neukunden ist diese Tendenz aber noch nicht sichtbar. Der Kilowattstundenpreis ging in den vergangenen Monaten kontinuierlich zurück. Nach Berechnungen von Verivox liegt er derzeit bei etwa 26 Cent.

Woher kommen die Unterschiede?

Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), verweist gegenüber tagesschau.de auf die unterschiedlichen Strategien der Anbieter. "Die meisten Unternehmen beschaffen Gas und Strom langfristig in Teilmengen zu verschiedenen Zeitpunkten", so Andreae.

Die Strategie der Versorger glätte das Auf und Ab an den Energiebörsen und schütze die Kunden vor starken Preissprüngen. Klar sei aber: "Für alle Energieanbieter steigen aufgrund der Entscheidungen der Bundesregierung einige Kostenbestandteile beim Strompreis deutlich an, und sie werden sie in die Berechnung der Strompreise einbeziehen müssen."

Preise an den Strombörsen zuletzt rückläufig

An den Strombörsen selbst gibt es derzeit keinen Trend zu höheren Preisen - eher im Gegenteil: Die Preise am Großmarkt haben sich im vergangenen Jahr unter dem Strich verringert. Nach Daten der Bundesnetzagentur kostete eine Megawattstunde an der Europäischen Strombörse EPEX im Januar 2023 noch gut 117 Euro. Im Januar 2024 lag der Durchschnittpreis noch bei 77 Euro je Megawattstunde.

Selbst wenn die Preise im Großhandel weiter rückläufig sein sollten, heißt das aber nicht, dass die Kunden das sofort merken. "Eine langfristige Beschaffung führt zwar auch dazu, dass gegebenenfalls sinkende Börsenpreise nicht sofort an den Endkunden weitergegeben werden können; dafür gewährt sie mehr Sicherheit", erläutert BDEW-Chefin Andreae.

Versorger mit satten Gewinnen

Neben den Rahmenbedingungen der Politik und den Entwicklungen an den Strombörsen spielen auch die Strategien der Energieversorger selbst bei der Preisgestaltung eine große Rolle. Im Umfeld der stark gestiegenen Kosten für Energie konnten viele Wettbewerber satte Gewinne einfahren.

Da ist etwa E.ON mit Sitz in Essen. Der DAX-Konzern hat im vergangenen Jahr die eigene Gewinnprognose deutlich übertreffen können. Ähnlich sieht es bei der Konkurrenz von RWE aus. Der Konzern weist nach vorläufigen Zahlen für das Jahr 2023 einen Nettogewinn von 4,5 Milliarden Euro aus.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 08. Februar 2024 um 07:09 Uhr.