Der Gasverbrauch wird auf einem Gaszähler eines privaten Haushaltes angezeigt.
FAQ

"Wirtschaftlicher Abwehrschirm" Die Maßnahmen gegen hohe Energiepreise

Stand: 29.09.2022 17:08 Uhr

Gas- und Strompreisbremse kommen, die Gasumlage dagegen nicht. Trotz des Einsatzes von bis zu 200 Milliarden Euro will die Regierung 2023 wieder die Schuldenbremse einhalten. Was hat die Koalition im Detail beschlossen?

Die Gasumlage entfällt, dafür kommt eine Gaspreisbremse: Die Bundesregierung will mit einem "Abwehrschirm" von bis zu 200 Milliarden Euro Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in der Energiekrise vor untragbaren Kosten schützen. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einem "Doppel-Wumms" in einer Situation, in der Russland "seine Energielieferungen als Waffe" einsetze. Auf welche Maßnahmen haben sich die regierenden Parteien der Ampel-Koalition im Detail geeinigt? Ein Überblick.

Gasumlage

Die ursprünglich beschlossene Gasumlage, deren Einnahmen Gas-Importeure stützen sollten, entfällt. "Sie wird nicht mehr gebraucht", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. Denn die in Schieflage geratenen Energieunternehmen wie Uniper sollen stattdessen nun durch direkte staatliche Hilfen stabilisiert werden - durch "maßgeschneiderte Lösungen". Die Gasumlage, die eigentlich vom 1. Oktober an erhoben werden sollte, wird nun per Verordnung zurückgezogen. Sollten Verbraucher sie schon gezahlt haben, müsse sie zurückgezahlt werden, betonte die Bundesregierung.

Senkung der Umsatzsteuer

Auch wenn die Gasumlage wegfällt, soll die Umsatzsteuer auf Gas bis zum Frühjahr 2024 von derzeit 19 auf sieben Prozent gesenkt werden - das gilt nach dem neuen Beschluss nun auch für Fernwärme.

Gaspreisbremse

Statt der Gasumlage einigte sich die Koalition darauf, "schnellstmöglich" eine Gaspreisbremse einzuführen - und zwar zunächst befristet. Wie genau sie aussehen soll, ist aber noch unklar. Eine Expertenkommission soll Mitte Oktober einen Vorschlag für eine konkrete Umsetzung machen. Ziel ist es laut Bundesregierung, Haushalte und Unternehmen spürbar zu entlasten. Dabei sollen offenbar die Kosten für ein Grundkontingent gedeckelt werden. Im Beschlusspapier der Koalition heißt es dazu: "Daher werden die Preise (zumindest für einen Teil des Verbrauchs) auf ein Niveau gebracht, welches private Haushalte und Unternehmen vor Überforderung schützt."

Strompreisbremse

Die Bundesregierung will als weitere Maßnahme eine Strompreisbremse für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie alle Unternehmen einführen. Dafür sollen die Zufallsgewinne jener Kraftwerke zur Stromerzeugung abgeschöpft werden, die ohne Gas betrieben werden und derzeit aufgrund des hohen Strompreises hohe Zusatzgewinne einfahren. Mit Hilfe dieser Einnahmen will die Regierung den Stromverbrauch von Verbrauchern sowie kleinen und mittleren Unternehmen bis zu einem gewissen Grad zu subventionieren. Die Rede ist hier von einem Basisverbrauch - ohne dass hierzu genaue Kontingente genannt werden. Dieser Basisverbrauch soll subventioniert werden - für den darüber hinausgehenden Stromverbrauch sollen dann die höheren Marktpreise gelten. Für größere Unternehmen soll ein "spezifischer Basisverbrauch verbilligt" werden, heißt es in dem Papier der Bundesregierung.

Alternative Energiequellen

Ein Teil des Pakets ist auch die Steigerung des Angebots an Energie, um damit die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu verringern. Die Bundesregierung will unter anderem die Möglichkeiten der erneuerbaren Energien und bei der Kohleverstromung ausschöpfen und den Aufbau der Infrastruktur für den Import von Flüssigerdgas über die geplanten LNG-Terminals vorantreiben. Ausdrücklich verweist die Koalition in ihrem Papier aber auch darauf, dass sie die Möglichkeit schaffe, die zwei süddeutschen Atomreaktoren Neckwarwestheim und Isar 2 möglicherweise bis zum Frühjahr 2023 weiter laufen zu lassen.

Gaspreisbremse beschlossen - Der lange Abschied von der Gasumlage

Dominic Hebestreit, ARD Berlin, tagesthemen, tagesthemen, 29.09.2022 22:14 Uhr

Finanzierung

Wie von Wirtschaftsminister Robert Habeck und Bundeskanzler Scholz angekündigt, sollen die geplanten Maßnahmen durch den sogenannten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) finanziert werden, der 2020 zur Bewältigung wirtschaftlicher Folgen der Corona-Pandemie eingerichtet worden war, zuletzt aber nicht mehr aktiv genutzt wurde. Der WSF soll mit zusätzlichen 200 Milliarden Euro für die Krisenintervention in den Jahren 2022 bis 2024 ausgestattet werden. Die Nutzung des Geldes soll dabei auf konkrete Aufgaben begrenzt werden. Dazu gehören die Finanzierung der Gas- und Strompreisbremse, Hilfen für durch den russischen Angriffskrieg in Schwierigkeiten geratene Unternehmen sowie "für die Marktstabilität relevante Gasimporteure". Durch die Finanzierung des "wirtschaftlichen Abwehrschirms" über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds, der die notwendigen Kreditermächtigungen noch in diesem Jahr erhalten soll, will die Bundesregierung im kommenden Jahr die Schuldenbremse des Grundgesetzes wieder einhalten.