Profiteur der Energiekrise Warum RWE Milliardengewinne einstreicht
Beim Energiekonzern RWE ist der Gewinn im vergangenen Jahr fast eine Milliarde Euro höher ausgefallen als erwartet - auch wegen hoher Strompreise. Allerdings wird es mit dem Geschäft so wohl nicht weitergehen.
Es waren durchaus ungewöhnliche Worte, die der Chef des Energiekonzerns RWE, Markus Krebber, bei der Vorstellung der Geschäftszahlen heute wählte: "2023 war bei uns geprägt durch ein sehr gutes Geschäftsergebnis." Ganz nüchtern "sehr gut, mehr nicht. Auf Jubel-Arien hat Krebber offenbar ganz bewusst verzichtet. Denn dass Deutschlands größtem Stromerzeuger insgesamt 4,5 Milliarden Euro Nettogewinn in der Firmenkasse bleiben, ein sattes Plus von 40 Prozent - das liegt eben auch an den hohen Strompreisen. RWE hat von der Energiekrise finanziell profitiert.
Der Essener Energiemulti beliefert zwar keine Haushalte mehr, aber der Verkauf an Großabnehmer oder an der Strombörse - etwa an Stadtwerke und Großabnehmer - war sehr lukrativ. Und das liegt nicht nur an den Kohlekraftwerken. So rechnet Finanzvorstand Michael Müller vor: "35 Prozent unseres Stroms stammte letztes Jahr aus erneuerbaren Quellen, an zweiter Stelle folgt die Stromerzeugung aus Gas und erst an letzter Stelle steht die Stromproduktion aus Kohle." Demnach sorgen Kohle und Atomenergie nur noch für acht Prozent des RWE-Gewinns.
Die Kehrtwende von 2018 zahlt sich aus
Tatsächlich vollzog RWE 2018 die Kehrwende - mit einer neuen Ausrichtung auf "grüne" Energie, auf Wind und auch Solar. Das zahlt sich jetzt aus - und dafür hat RWE auch viel Geld ausgegeben: "Im vergangenen Jahr über elf Milliarden Euro. Der Blick auf die letzten drei Jahre zeigt: In Summe haben wir unser internationales Kerngeschäft für insgesamt rund 20 Milliarden Euro ausgebaut", so Konzernchef Krebber.
"Grün" ist jetzt Kerngeschäft. Kohle und Atom wurden im Geschäftsbericht heute offiziell und demonstrativ als "Ausstiegsgeschäft" bezeichnet. Die politisch umstrittenen, weil besonders klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke will RWE zwar nicht abspalten oder ausgliedern - aus sozialer Verantwortung für die Mitarbeitenden, wie RWE-Chef Krebber heute nochmal betonte.
Aber diese Meiler haben ein Auslaufdatum, bis 2030 werden sie schrittweise abgeschaltet: "In gut zwei Wochen werden wir im Rheinischen Revier die drei Braunkohleblöcke endgültig stilllegen, die von der Bundesregierung in der Energiekrise aus der Sicherheitsbereitschaft aktiviert worden waren. Planmäßig schalten wir zudem die beiden 600-Megawatt-Kohle-Blöcke in Neurath ab, deren Betrieb per Gesetz verlängert worden war", so Krebber.
Weniger Einnahmen für 2024 erwartet
Nicht verlängern werden sich aber die außerordentlich hohen Gewinne bei RWE. Denn mittlerweile sind die Preise im Großhandel wieder deutlich gesunken. "Ich glaube, wir sind alle überrascht worden, wie schnell die Strompreise runtergekommen sind. Was natürlich für den Standort gut ist", so der Konzernchef. Für RWE dagegen weniger: Weil der erzeugte Strom billiger verkauft wird, dürfte der Nettogewinn in diesem Jahr wohl nur noch halb so hoch ausfallen. Aber vielleicht liegen die Vorhersagen ja wieder daneben.
Das dürften zumindest viele städtische Kämmerer hoffen. Denn 80 Städte und Landkreise besitzen - überwiegend aus historischen Gründen - Aktien des Konzerns. Das sind vor allem Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Und die freuen sich, denn nach dem Milliardengewinn erhöht RWE die Dividende: 744 Millionen Euro schüttet der Energiekonzern als Gewinnbeteiligung aus. Für viele städtischen Haushalte ist das eine willkommene Zusatzeinnahme.