Leopard 2-Panzer der Bundeswehr.

Rüstungsindustrie Hochfahren der Produktion könnte Jahre dauern

Stand: 17.02.2023 09:40 Uhr

Kampf- und Schützenpanzer sowie Haubitzen - die Liste für Lieferungen an Kiew ist lang. Dennoch ist die Rüstungsproduktion nicht hochgefahren, kritisiert Krauss-Maffei Wegmann. Das könnte ein bis zwei Jahre dauern. Noch fehle der politische Konsens.

Die militärische Zeitenwende kommt nicht voran. Trotz Zusagen an die Ukraine für militärische Ausrüstung in Milliardenhöhe ist die Rüstungsproduktion noch nicht hochgefahren. Industrielle Hindernisse seien nicht der Grund dafür, sagte Ralf Ketzel, Chef des Panzerbauers Krauss-Maffei Wegmann (KMW), der Nachrichtenagentur dpa.

Sein Unternehmen frage dazu laufend alle Unterlieferanten, welche Produktionsraten möglich seien. "Ein Signal wie etwa 'das geht gar nicht' hat uns bisher niemand gegeben", sagte er. "Was wir dafür brauchen, ist ein klarer politischer Konsens."

Bislang kaum Aufträge eingegangen

Immer deutlicher wird aus der deutschen Rüstungsindustrie kritisiert, dass ungeachtet aller politischen Erklärungen bisher kaum Aufträge eingegangen sind. Bislang haben die Bundesregierung und das Beschaffungswesen der Bundeswehr noch keine Order für die Großwaffensysteme platziert.

KMW ist Hersteller von Waffensystemen wie dem Kampfpanzer "Leopard 2" und der "Panzerhaubitze 2000". Mit mehr als 4000 Mitarbeitern bezeichnet sich die Firma als Marktführer für hochgeschützte Rad- und Kettenfahrzeuge in Europa.

Auf die Frage, ob es für das Hochfahren der Produktion schon den Startschuss gibt, antwortet Ketzel: "Nein. Wir sind im Gespräch mit dem (Beschaffungsamt) BAAINBw für viele Verträge. Die sind aus unserer Sicht auf einem sehr guten Weg. Aber da reden wir nicht über dreistellige Stückzahlen."

Ein bis zwei Jahre für Hochlaufen der Koproduktion

KMW habe einen Vorlauf von einem Jahr, bevor Montage und Integration beginnen könnten. "Das bedeutet, dass die großen Unterlieferanten, die Motoren herstellen, Optronic, Elektronik oder spezielle Optiken, sofort gefordert sind", sagte Ketzel. "Manche haben überhaupt gar kein Problem damit, weil sie für viele Systeme ohnehin eine größere Produktionsstraße haben. Manchmal lösen aber auch kleine Themen Kopfschmerzen aus." Das könne zum Beispiel ein Chip sein.

Für das Hochlaufen einer Koproduktion - also für weitere Produktionslinien im Ausland oder in Deutschland - veranschlagt Ketzel ein bis zwei Jahre. Allerdings bräuchten auch die Unterlieferanten einen Vorlauf. "Wir können, wenn wir jetzt einen Auftrag haben, sicherstellen, dass die ersten Systeme in zwei Jahren ausgeliefert werden", erklärte Ketzel. "In drei Jahren geht das dann hoch." Wie steil diese Kurve werde, hänge von den Parametern ab. "Wir können vielleicht zwei Linien aufbauen, aber wir können nicht fünf aufbauen", so der KMW-Chef.

Noch fehle ein klarer politischer Konsens als Entscheidungsgrundlage, kritisierte Ketzel. Ein Konsens könne auch eine "bestimmte Zielkonfiguration" sein, was in vier Jahren erreicht werden solle. "Ein prominentes Beispiel ist der Schützenpanzer 'Puma': Da gab es die klare Aussage, dass im Jahr 2027 eine Division gebraucht wird. Dafür haben wir investiert", sagte der KMW-Chef.

Umstrukturierung bei größeren Aufträgen nötig

Wenn man wieder in die Produktion von jährlich 300 Fahrzeugen gehen wolle, gebe es einige Themen, die zu beachten seien, sagte Ketzel. Zum Beispiel seien die Fahrzeuge heute komplexer, denn sie bestünden aus wesentlich mehr Teilen. "Außerdem würden wir bestimmte Aufgaben, die wir jetzt im Hauptwerk erledigen, wieder an Tochterunternehmen oder Partnerfirmen abgeben", so der KMW-Chef. "Auch da haben wir genug Luft, um relativ zügig wieder in so eine Produktion einzusteigen, wenn sie denn wirklich gewollt ist."

Derzeit sei KMW mit Instandsetzungs- und Umrüstaufträgen gut ausgelastet. Nach Zahlen, die in Europa noch vor dem Ukraine-Krieg erhoben wurden, und mit dem Ersatz der nun an die Ukraine abgegebenen Fahrzeuge werde man auf eine Produktion von 500 bis 600 "Leopard 2" kommen. Wenn dies nicht in einem extrem kurzen Zeitraum erforderlich sei, sei dies mit der jetzigen Infrastruktur in Europa und mit den jetzigen Fertigungslinien möglich.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 03. Februar 2023 um 12:00 Uhr.