Schenker LKW am Flughafen in Frankfurt am Main

Logistiksparte Bahn bereitet Schenker-Verkauf vor

Stand: 09.09.2022 13:33 Uhr

Die Deutsche Bahn plant laut Vize-Aufsichtsratschef Hommel einen Verkauf ihrer Logistiktochter Schenker - was der Gewerkschafter kritisiert. Offenbar stehen sowohl ein möglicher Direktverkauf als auch ein Börsengang im Raum.

Die Deutsche Bahn könnte sich von einem großen Teil ihres internationalen Geschäfts trennen. Intern werde der Verkauf der Logistiksparte Schenker vorbereitet, sagte der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Klaus-Dieter Hommel, heute der Deutschen Presse-Agentur. Damit bestätigte Hommel, der derzeit auch den Aufsichtsrat des Staatskonzerns führt, entsprechende Medienberichte.

Die Nachrichtenagentur Reuters hatte gestern gemeldet, dass sich die Bundesregierung nach langem Ringen zu einem Verkauf der Logistiktochter entschlossen habe und sich dabei auf Regierungs- und Branchenvertreter berufen. Eine Arbeitsgruppe von Bund und Bahn soll demnach kürzlich den Grundsatzbeschluss gefasst haben.

Hommel kritisiert Pläne als "wirtschaftlichen Unsinn"

Offenbar soll der Aufsichtsrat der Bahn möglichst noch in diesem Jahr die Trennung von Schenker billigen, voraussichtlich in einer Sondersitzung. Dabei solle sowohl ein Direktverkauf als auch ein Börsengang als Optionen geprüft werden. Man wolle sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen, ein Verkauf erst 2024 sei denkbar.

Weder das federführende Bundesverkehrsministerium noch die Bahn wollten sich zunächst zu den möglichen Plänen äußern. "Der geplante Verkauf ist wirtschaftlicher Unsinn", kritisierte Hommel. Schenker liefere 30 Prozent des Konzernumsatzes und erwirtschafte stabile Gewinne. Die Bahn verspiele auch die Chance, ein schlagkräftiger Anbieter im internationalen Güterverkehr zu sein.

Im ersten Halbjahr 2022 erzielte der in Essen ansässige Logistikdienstleister einen Betriebsgewinn von fast 1,2 Milliarden Euro und hievte damit den Gesamtkonzern wieder in die schwarzen Zahlen. Im Zuge der Corona-Krise und angespannter Lieferketten waren Logistiker gefragt, die Preise für See- und besonders Luftfracht stiegen stark.

Management war bislang skeptisch

Der Wert des Unternehmens wird derzeit in Finanzmarktkreisen auf zwölf bis 20 Milliarden Euro geschätzt. Er ist stark abhängig von der Weltkonjunktur und den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs. Die Liste der potenziellen Interessenten für die Bahn-Tochter ist lang. Denn noch immer ist Schenker im zersplitterten Logistik-Markt einer der größten Wettbewerber. Als denkbare Käufer gelten die Containerreederei Maersk und die Logstikkonzerne Kühne+Nagel und DSV aus Dänemark.

Vorstandschef Richard Lutz äußerte sich bislang zurückhaltend zu einem möglichen Verkauf der Sparte. Das Management der Deutschen Bahn galt aus wirtschaftlichen Gründen lange als Gegner des Vorhabens. Etwa der frühere Aufsichtsratschef Michael Odenwald hatte einen solchen Schritt skeptisch gesehen. Er räumte seinen Posten jedoch Ende Juli, weil das Vertrauensverhältnis zu Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) offenbar gestört war.

Nachfolger soll nach Angaben von Regierungs- und Branchenkreisen der langjährige Finanzstaatssekretär Werner Gatzer werden, der dem Aufsichtsrat als Regierungsvertreter dort bereits angehört. Einen Verkaufsprozess auf den Weg zu bringen, könnte eine der großen Aufgaben von Gatzer werden.

FDP und Grüne wollen Konzentration der Bahn

In der Ampel-Koalition gelten FDP und Grünen als Befürworter eines Bahn-Konzerns, der sich auf den Personen- und Güterverkehr in Deutschland konzentiert. So soll das bundeseigene Unternehmen effizienter und transparenter werden. Kritiker der heutigen Konzernstruktur halten das Geflecht aus Hunderten von Tochterunternehmen und Beteiligungen für kaum durchschaubar und schwer zu führen.

Außerdem steht der mit über 30 Milliarden Euro hoch verschuldete Bahn-Konzern wirtschaftlich stark unter Druck und braucht Geld für Investitionen. Der Versuch, die internationale Nahverkehrstochter Arriva zu verkaufen, hatte ähnliche Gründe. Das Projekt scheiterte jedoch bislang, die erhofften Erlöse waren nicht zu erzielen.

Schenker hatte die Bahn vor 20 Jahren für rund 2,5 Milliarden Euro beim Kauf des Stinnes-Konzerns erworben. Zehn Jahre davor hatte die Bahn ihre Tochter schon einmal verkauft. DB Schenker bietet Transporte für Industrie und Handel an. 74.200 Beschäftigte arbeiten weltweit an 2100 Standorten für den Konzern.