Fragen und Antworten zur Flatrate-Grenze der Telekom Die Flatrate, die keine mehr ist

Stand: 23.04.2013 18:01 Uhr

Die Telekom will das Datenvolumen bei Festnetztarifen begrenzen. Wer die Datenmenge überschreitet, surft langsamer. Für einige Telekom-Dienste gilt die Sperre aber nicht. Was bedeutet das in puncto Netzneutralität? Warum macht die Telekom das und werden die Konkurrenten nachziehen? NDR-Netz-Experte Fiete Stegers beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist an der Entscheidung der Telekom so heikel?

Bisher galt in Deutschland: Eine DSL-Flatrate ist eine Flatrate. Wie viele Daten der Anschlussnutzer tatsächlich herauf- und herunterlädt, ob er beispielsweise nur Text-E-Mails verschickt oder stundenlang Musik übers Netz hört, ist egal. Was die Telekom jetzt machen will, erinnert an die Internet-Steinzeit, als Nutzer sich per Telefonleitung einwählten und ihre Nutzung im Minutentakt abgerechnet wurde.

Was heute aber anders ist: Einige von der Telekom oder ihren Partnern selbst angebotene Internet-Dienste sollen wohl nicht auf das Daten-Kontingent angerechnet werden. Plötzlich sind also nicht mehr alle Datenpakete gleich.

Warum macht die Telekom das?

Die Telekom begründet ihre Entscheidung so: Wer als DSL-Kunde besonders viele Daten über seine Internet-Leitung austauscht, soll ab einer gewissen Grenze auch mehr bezahlen. Betroffen sein könnten hier also vor allem Kunden, die datenintensive Anwendungen wie Online-Spiele oder Videostreaming nutzen. Nur so ließe sich der Ausbau der Bandbreiten durch die insgesamt gestiegene Internet-Nutzung finanzieren, sagt die Telekom. Gleichzeitig beruhigt sie: Durchschnittliche Kunden würden nicht extra zur Kasse gebeten, auch wenn sie gelegentlich Filme online schauen.

Wie werden die Telekom-Kunden reagieren?

Das Echo ist einhellig negativ. Diejenigen, die sich bis jetzt zu Wort gemeldet haben, haben der Telekom schon den Spitznamen „Drosselkom“ verpasst und sparen im Internet nicht mit Hohn und Spott.

Während Google derzeit erste US-Städte mit superschnellen Leitungen ausstatte, wolle die Telekom künftig nur noch Geschwindigkeiten wie in den Neunzigerjahren anbieten, heißt es zum Beispiel in Foren und Blogs. Die Online-Aktivisten widersprechen den Einschätzungen der Telekom, dass nur Extrem-Nutzer betroffen sein würden und sehen in der neuen Tarifstruktur ein gefährliches Abrücken vom Prinzip der Netzneutralität.

Zwar kommt die Kritik bisher natürlich vor allem von Viel-Nutzern. Wer nur ab und zu E-Mails abruft, Reisen bucht oder die Zeitung online liest, den lässt die Umstrukturierung natürlich kalt, falls er überhaupt schon davon gehört hat. Aber die Gruppe der Viel-Nutzer ist für die Telekom natürlich wichtig, weil sie es sind, die die teureren Tarife buchen und jetzt erst mal für ein negatives öffentliches Bild sorgen. Einige Nutzer kündigen gleich an, der Telekom nun möglichst schnell den Rücken drehen zu wollen.

Wie wahrscheinlich ist es, dass andere Anbieter nachziehen?

Die anderen großen DSL-Anbieter wie Vodafone oder o2 werden sich natürlich sehr interessiert anschauen, wie sich Image-Verlust und mögliche Mehreinnahmen bei der Telekom ausbalancieren. Ein Sprecher von Vodafone hat Gerüchten widersprochen, seine Firma plane schon ähnliche Obergrenzen. Sollte die Telekom erfolgreich sein, werden aber sicher andere folgen.

Gab es bereits ähnliche Fälle?

Flatrates, die eigentlich keine sind, sondern ab einer bestimmten Datenobergrenze auf ganz niedrige Geschwindigkeit gedrosselt werden, gibt es bei Mobilfunk-Internettarifen. Die Telekom hat hier auch einen Partner, den Musikdienst Spotify. Wer Spotify nutzt, verbraucht kein Datenvolumen seiner Flatrate. Dieses im Mobilbereich einigermaßen akzeptierte Modell würde die Telekom nun gerne auf das stationäre Internet übertragen.

Außerdem räumen sich Mobilfunk-Provider in ihren Vertragsbedingungen das Recht ein, Internet-Dienste wie Skype zu sperren. Auch bei Internet-Providern gibt oder gab es nach verschiedenen Erfahrungsberichten teilweise Daten-Drosselungen bei Nutzern mit hohem Datenverkehr. Kabel Deutschland räumt beispielsweise in seinen AGB die Drosselung für "bestimmte Anwendungen" ein, ohne das genauer zu erläutern. Wie häufig so etwas vorkommt, wird gerade von der Netzagentur überprüft.

Müsste die Politik mehr für die Netzneutralität tun?

Das fordern Netz-Aktivisten seit langem. In der vergangenen Woche forderten europaweit Bürgerrechts- und Verbraucherschutzorganisationen die Netzneutralität gesetzlich festzuschreiben. Sie sehen das Grundprinzip des Internets gefährdet, dass alle Datenpakete bei der Weiterleitung durch das Netz gleichbehandelt werden, egal, ob sie zu einem HD-Film im kostenpflichtigen Videoportal der Telekom oder einem Eintrag auf einem privaten Blog gehören.

Das ist wie bei der Post: Jeder Brief wird gleich schnell transportiert, egal, was drinsteht. Dieses Prinzip der Gleichbehandlung war entscheidend für den Erfolg des Internets – und die Politik täte gut daran, das zu sichern. Außerdem stellt sich, wenn verschiedene Daten unterschiedlich abgerechnet werden, die Frage: Wie weit müsste dafür der Internetkonsum des einzelnen Nutzers überwacht werden?