
Jahreswirtschaftsbericht im Bundestag Optimismus oder Schönfärberei?
Für dieses Jahr wird keine Rezession erwartet. Ein politischer Erfolg, sagt Wirtschaftsminister Habeck bei seiner Regierungserklärung zum Wirtschaftsbericht im Bundestag. Opposition und FDP warnen: Der deutsche Standort werde unattraktiv.
Läuft es gut? Läuft es schlecht? Wirtschaftsminister Robert Habeck hat sich in seiner Regierungserklärung zum Jahreswirtschaftsbericht im Bundestag optimistisch gezeigt. Schon in der Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung werden die Unterschiede bei der Debatte zwischen Regierung und Opposition deutlich: Sandra Detzer von den Grünen und Bernd Westphal von der SPD sehen vor allem die positiven Seiten der Entwicklung.
Um 1,9 Prozent ist die deutsche Wirtschaft 2022 gewachsen. Für Detzer ist das "faktisch eine kleine Sensation - inmitten der Energiekrise, am Ende einer Pandemie und in Zeiten gestörter Lieferketten". Und hinzu kommt, dass auch die Prognosen in diesem Jahr positiv seien, obwohl wir die Krisen noch nicht überwunden haben, sagt Westphal.
Habeck: Tendenz nach oben
Die Bundesregierung rechnet aktuell mit 0,2 Prozent Wachstum. Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht von einer Tendenz nach oben. Das hänge stark mit der Stabilisierung am Energiemarkt zusammen.
Und - so selbstbewusst ist der Minister dann auch - mit der eigenen Politik. "Das lässt sich kaum anders begründen als mit dem Vertrauen der Wirtschaft in die politische Handlungsfähigkeit dieses Landes", so der Minister.
Kritik an Habeck: "Sie haben keinen vernünftigen Plan"
Ganz anders hört sich das bei den Oppositionsparteien an. "Herr Habeck, das war wieder sehr schöne Lyrik, aber leider auch viel Schönfärberei dabei", kritisierte Amira Mohamed Ali, Fraktionschefin der Linken. "Die Lage ist wesentlich ernster als Sie es darstellen und Sie haben leider keinen vernünftigen Plan."
Zu dieser Einschätzung kommt auch Unionsfraktionsvize Jens Spahn, der vor allem auf die weiter steigenden Preise verweist. Die Inflation werde erkennbar hoch bleiben, warnt der CDU-Politiker. Es drohe eine lang anhaltende Phase von Niedrigwachstum. "Deshalb müsste sich diese Regierung ohne Wenn und Aber zu einer Wachstumspolitik bekennen."
1,5-Grad-Ziel als wirtschaftliche Chance
Wachstum soll es nach Überzeugung von Habeck durch den Umbau der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität geben. Die Verpflichtung, das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, beinhalte auch eine wirtschaftliche Chance - und werde zur Erneuerung des Wohlstands führen, so auch der Titel des diesjährigen Jahreswirtschaftsberichts.
Ermöglicht werden solle das durch neue Produktionsformen und durch Senkung der CO2-Emissionen bei Schaffung von neuen Wertschöpfungsketten, erklärte Habeck. Er kündigte in diesem Zusammenhang weitere Gesetze zur Beschleunigung des Ausbaus von Wind- und Solarenergie an. Bürokratische Hemmnisse sollen abgebaut werden, so soll beispielsweise die Installation von kleinen Solaranlagen auf Balkonen oder an Gebäudewänden erleichtert werden.
AfD und Union kritisieren Fokus auf Klimaschutz
Die Fokussierung auf Klimaschutz wird allerdings sowohl von der Union als auch von der AfD kritisiert. Um das industrielle Rückgrat Deutschlands sei es dramatisch bestellt, sagt AfD-Fraktionsvize Leif Erik Holm. "Große Konzerne sind auf dem Absprung: BASF, Bayer, BioNTech, die Deindustrialisierung unseres Landes läuft, und ich spüre überhaupt keine Panik in diesem Raum, es scheint, dass das einfach hingenommen wird."
Aber auch die FDP treibt die Sorge um den Standort um, insbesondere vor dem Hintergrund massiver Subventionsprogramme wie in den USA. "Das Pokern um die Standorte ist in vollem Gange", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP, Reinhard Houben. "Und manche am Tisch spielen mit gezinkten Karten, umso wichtiger ist es, dass wir uns nicht mit Status quo abfinden."
Von der eigenen Ampelregierung fordert er mehr Anstrengungen, unter anderem beim Abbau von Bürokratie. Dafür gibt es dann Beifall von CDU und CSU aus der Opposition.