Kunden in einem Supermarkt. Im Vordergrund Obst in Warenregalen.

Verbraucherpreise im September Euroraum-Inflation ebbt überraschend deutlich ab

Stand: 29.09.2023 12:14 Uhr

Die Teuerung in der Eurozone hat sich im September weiter abgeschwächt. Die Inflationsrate fiel auf 4,3 Prozent und auch der Anstieg der Kernrate ging deutlich zurück. Damit könnte der Zinsgipfel der EZB erreicht sein.

Unter anderem wegen der Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) schwächt sich die Inflation in der Eurozone immer stärker ab. Die Verbraucherpreise stiegen im September nur noch um 4,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistikamt Eurostat heute in einer ersten Schätzung mitteilte. Das ist der niedrigste Wert seit Oktober 2021.

Der Rückgang fiel zudem stärker aus als erwartet - Volkswirte hatten mit einer Teuerung von 4,5 Prozent gerechnet. Im August hatte die Inflationsrate noch bei 5,2 Prozent gelegen. Die Kernrate, in der die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise sowie Alkohol und Tabak ausgeklammert werden, sank zudem im September kräftig auf 4,5 Prozent nach 5,3 Prozent im August.

Kernrate dürfte Höhepunkt überschritten haben

Diese Messgröße hat die EZB besonders fest im Blick. Sie gilt als wichtiger Hinweisgeber für zugrundeliegende Inflationstrends. "Endlich hat auch die Inflationsrate ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel sichtbar den Höhepunkt überschritten", sagte Jörg Krämer, Chefökonom der Commerzbank. Das im Sommer vergangenen Jahres in Deutschland vorübergehend eingeführte 9-Euro-Ticket verzerre nicht mehr die Inflationsdaten für den Euroraum.

Der deutliche Rückgang dürfte denjenigen Währungshütern weitere Argumente liefern, die angesichts der schwächelnden Konjunktur im Euroraum dafür plädieren, den im Sommer 2022 eingeleiteten Straffungskurs zu beenden. "Der nun auch bei der Kerninflation sichtbare Abwärtstrend wird die vielen Tauben im EZB-Rat freuen", so Krämer.

Die Notenbank hatte im Kampf gegen die Inflation die Schlüsselzinsen seit Juli des vergangenen Jahres zehn Mal in Folge angehoben, zuletzt Mitte September um einen viertel Prozentpunkt. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank bekommen, liegt inzwischen bei 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999.

Experten erwarten Zinsgipfel, aber keine schnelle Senkungen

Auch wenn das mittelfristige Inflationsziel der EZB von zwei Prozent nach wie vor klar überschritten wird, hat die Zentralbank aus Sicht von Volkswirten den Zinsgipfel voraussichtlich erreicht. "Wir gehen davon aus, dass das Zinshoch erreicht ist", betonte etwa Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Zu Senkungen werde es aber vorerst aber noch nicht kommen. "Dazu ist die Inflationsrate noch zu hoch."

KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib sieht eine zu frühe Zinssenkung sogar als Gefahr: "Eine zu frühe Lockerung der Geldpolitik wäre kontraproduktiv und würde das Risiko einer zweite Inflationswelle erhöhen. Meine Erwartung ist daher, dass die EZB die Leitzinsen längere Zeit auf dem erreichten Niveau belässt."

Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank rechnet ebenfalls mit keiner schnellen Reduzierung der Leitzinsen. "Vor allem der Rohölpreis und die Löhne halten die Inflationsrisiken aufwärts gerichtet", begründete er. Die nächste Zinssitzung ist am 26. Oktober. Im vergangenen Jahr war die Inflation infolge des Ukraine-Kriegs zeitweise zweistellig gewesen.

Inflation in Italien zieht überraschend an

Lebens- und Genussmittel waren zwar immer noch deutlich teurer als vor einem Jahr, der Preisauftrieb schwächte sich aber von 9,7 auf 8,8 Prozent ab. Auch die Preise von Industriegütern und Dienstleistungen stiegen schwächer als im August. Die Energiepreise sanken im September gegenüber dem Vorjahresmonat um 4,7 Prozent. Im August war der Rückgang mit 3,3 Prozent etwas schwächer gewesen.

In Deutschland liegt die Inflation im September derweil auf dem niedrigsten Stand seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine, wie das Statistische Bundesamt bereits gestern mitgeteilt hatte. Die Teuerungsrate beträgt in diesem Monat danach voraussichtlich 4,5 Prozent. Den harmonisierten Verbraucherpreisindex, den Eurostat berücksichtigt, gab das Bundesamt mit 4,3 Prozent an. Grund für den Rückgang ist vor allem ein statistischer Basiseffekt infolge des 9-Euro-Tickets für den Nahverkehr sowie des Tankrabatts aus dem vergangenen Jahr.

In Italien hat sich die Inflation im September dagegen überraschend beschleunigt. Die nach europäischer Methode errechneten Verbraucherpreise (HVPI) stiegen zum Vorjahresmonat um 5,7 Prozent, wie das Statistikamt Istat in Rom mitteilte. Im Vormonat hatte die Rate von 5,5 Prozent betragen. Analysten hatten im Schnitt mit einem Rückgang auf 5,3 Prozent gerechnet. Im Monatsvergleich stieg der HVPI um 1,7 Prozent. Auch das lag über den Erwartungen.