Amur-Gasverarbeitungsanlage in Russland
FAQ

Energie-Lieferungen Der Weg des russischen Gases

Stand: 30.03.2022 08:03 Uhr

Wie gelangt russisches Erdgas zu den Verbrauchern in Deutschland? Welche Unternehmen haben Verträge über die Lieferungen geschlossen, für die der Kreml nun Rubel verlangt? Antworten auf einige wichtige Fragen.

Von Anne-Catherine Beck, tagesschau.de

Der Streit über die Energielieferungen aus Russland ist heftiger geworden. Während im Westen über die Folgen eines mögliches Energie-Embargos gegen das Land diskutiert wird, verlangt Kreml-Herrscher Wladimir Putin von Gas-Abnehmern in Deutschland und der EU eine Bezahlung in Rubel - obwohl die Verträge dies in Euro oder Dollar vorsehen. Aus Moskau kommen offene Drohungen mit einem Lieferstopp. Wer hat diese Gas-Lieferverträge geschlossen? Wie lange laufen sie noch - und wie sind die Lieferketten bei dem wichtigen Rohstoff?

Wie wichtig ist russisches Gas für Deutschland?

Deutschland ist laut Bundeswirtschaftsministerium zu 90 Prozent auf den Import von Gas angewiesen. Bundesweit werden mittlerweile 55 Prozent des gesamten verbrauchten Erdgases aus Russland importiert. Weiteres Gas kommt vor allem aus Norwegen (27 Prozent) und aus den Niederlanden (21 Prozent).

Wer liefert Gas aus Russland nach Deutschland?

In Russland ist das weltweit größte Erdgasförderunternehmen Gazprom für den Vertrieb des russischen Erdgases im Ausland zuständig - und mit einem Anteil von knapp 40 Prozent maßgeblich an der deutschen Gasversorgung beteiligt. Die russische Tochterfirma von Gazprom OOO Gazprom Export exportiert das Erdgas an die deutsche Tochterfirma Gazprom Germania in Deutschland. Diese steuert das Geschäft in Deutschland und verkauft das Gas hauptsächlich weiter.

An wen verkauft Gazprom das Gas weiter?

Russland liefert das meiste Gas auf Basis von langfristigen Verträgen zwischen dem Energiekonzern Gazprom und europäischen Energieunternehmen nach Europa. In Deutschland zählen die Energieunternehmen Uniper und EnBW zu den größten Abnehmern russischen Gases. Auch Wingas, die 100-prozentige Tochter von Gazprom, dient als zentrale Vertriebsgesellschaft russischen Gases in Europa und beliefert hierzulande vor allem Stadtwerke, größere Industriebetriebe und regionale Gasversorgungsunternehmen.

Welche deutschen Unternehmen haben Verträge mit Russland?

Die langfristigen Importverträge von Uniper mit Russland spielen eine wesentliche Rolle für die Gasversorgung in Europa, insbesondere in Deutschland. Das Midstream-Geschäft des Konzerns, womit der Transport und die Aufbereitung gemeint sind, umfasst ein Portfolio von rund 370 Terawattstunden (TWh) an langfristigen Gaslieferverträgen. Davon stammen rund 200 TWh aus Russland.

Neben Uniper, RWE und der Gazprom-Tochter Wingas zählt auch der Energiekonzern EnBW zu den größten Gashändlern Deutschlands - mit seinen Tochterunternehmen wie dem Gashandelskonzern VNG. Nach Angaben von EnBW stammt der überwiegende Teil des bezogenen Gases aus Russland. Laut EnBW-Chef Frank Mastiaux hat sein Konzern 2021 insgesamt 495 Terawattstunden Gas eingekauft. Davon kämen 20 Prozent aus direkten Lieferverträgen mit Russland, der Rest vom europäischen Großhandelsmarkt, wo aber rund 55 Prozent ebenfalls aus dem Land stammten.

Wie lange laufen die Verträge noch?

Uniper bestätigt gegenüber tagesschau.de, dass der Konzern Verträge mit russischen Energiekonzernen hat, die über das Jahr 2030 hinauslaufen. Daran will das Unternehmen festhalten. Allerdings will Uniper keine neuen langfristigen Lieferverträge für Erdgas mit Russland abschließen. Zwischen EnBW und Russland gebe es derzeit einen noch bis Ende 2030 laufenden Vertrag über 6,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Seit 2021 werden von dem Unternehmen pro Jahr weitere 3,5 Milliarden Kubikmeter aus Russland importiert. Dieser Vertrag läuft aber in diesem Jahr aus. Das Unternehmen betont, keine weiteren Lieferverträge mit Russland abzuschließen zu wollen.

Von RWE heißt es, das Energieunternehmen habe selbst keine langfristigen aktiven Lieferverträge für Gas aus Russland. Aktuell laufe nur noch ein kurzfristiger Vertrag bis 2023 über 15 Terawattstunden Erdgas aus Russland. Alle weiteren Geschäftsbeziehungen zu Russland - unabhängig von den bestehenden Rohstofflieferungen - stelle der Konzern bis auf Weiteres ein, so der Konzern gegenüber tagesschau.de.

An wen verkaufen deutsche Energieunternehmen das Gas weiter?

Mit dem eingekauften Gas aus Russland, Norwegen und den Niederlanden beliefern die deutschen Energieunternehmen Uniper, RWE, EnBW und Wingas deutsche Stadtwerke, regionale Versorger und Handelsunternehmen. Die Stadtwerke und weiteren Versorger seien dabei sehr abhängig von den großen Gashändlern, wenn es um den Einkauf von Gas und anderen Energieträgern gehe, heißt es aus der Branche.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 28. März 2022 um 22:15 Uhr.