Ein Bauarbeiter steht auf einem Balkon auf einer Baustelle von einem neu gebauten Wohnhaus in Berlin. | picture alliance/dpa/Deutsche Pr

Nach vielen Stornierungen Bausektor fordert staatliche Hilfe

Stand: 28.12.2022 10:48 Uhr

Weil der Bau neuer Wohnungen und Häuser zu teuer wird, stoppen reihenweise Auftraggeber ihre Projekte. Die Bauwirtschaft fordert Hilfe von der Politik, um einen Einbruch im Wohnungsbau zu verhindern.

Teure Materialien, gestiegene Zinsen und viele stornierte Projekte: Die deutsche Bauwirtschaft warnt vor einem Einbruch im Wohnungsbau und fordert Unterstützung von der Politik. In früheren Krisen wie der Corona-Pandemie und der globalen Finanzkrise habe die Bundesregierung hohe staatliche Investitionen getätigt, sagte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des deutschen Baugewerbes (ZDB), gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. "Wann, wenn nicht jetzt, will die Politik in den Bau investieren?"

Mehr Staatshilfe für Wohnungsbau

Seit 2015 sei die Bevölkerung Deutschlands um rund drei Millionen Menschen gewachsen, davon viele aus Syrien, Afghanistan und der Ukraine, so Pakleppa. Sie alle bräuchten Wohnraum. Stattdessen habe das Bundeswirtschaftsministerium die KfW-Neubauförderung für 2023 drastisch auf eine Milliarde Euro gekürzt, kritisierte er. Zum Vergleich: Bis Ende November 2022 bewilligte die KfW 16,4 Milliarden Euro für Wohnungsneubauten.

ZDB-Präsident Reinhard Quast forderte, die Neubauförderung nicht zu kürzen und geplante Sonderabschreibungen für den Wohnungsbau nicht an den Standard EH40 zu koppeln. EH40 bedeutet, dass ein Gebäude nur 40 Prozent der Energie verbraucht, die ein Standardhaus benötigt. "Bauherren und Baufirmen ächzen zunehmend unter den politischen Vorgaben im Bereich Nachhaltigkeit." Günstig zu bauen, sei dadurch kaum möglich. "Ein Quadratmeter im Wohnungsbau kostet rund 4000 Euro. Darunter geht es nicht."

Das Wirtschaftsministerium hatte im Januar die Förderung der KfW Förderbank für energieeffizientes Bauen und Sanieren aufgrund einer Flut von Anträgen vorzeitig beendet. Das Programm wurde im Frühjahr fortgesetzt und kurz darauf erneut eingestellt, weil die Mittel schnell erschöpft waren. Seitdem stehen die Mittel nur noch für Neubauten zur Verfügung, die den strengen 40-Effizienzhaus-Standard erfüllen und ein Qualitätssiegel für nachhaltiges Bauen nachweisen. Subventioniert werden soll künftig vor allem die Sanierung im Bestand, da der Klimaschutzeffekt laut Ministerium viel größer ist als im Neubau.

Geschäftsklima im Bausektor bleibt trüb

Der ZDB, der rund 35.000 mittelständische Baufirmen vertritt, schlug eine Ausweitung der Sonderabschreibungen für Mietwohnungsneubauten vor. "Wäre es möglich, jede Wohnung statt mit zwei Prozent wie derzeit mit zehn Prozent über zehn Jahre abzuschreiben, würde das den Wohnungsbau kräftig ankurbeln", betonte Präsident Quast.

Die Baubranche ist beunruhigt, weil aufgrund hoher Baukosten und gestiegener Zinsen derzeit viele Projekte im Wohnungsbau storniert werden. Laut ifo-Institut waren im November 16,7 Prozent der Baufirmen von Absagen betroffen. In früheren Jahren seien es nur ein bis zwei Prozent gewesen, sagte ZDB-Hauptgeschäftsführer Pakleppa. Auch die Baugenehmigungen brachen demnach im Herbst ein.

Das Geschäftsklima im Bausektor bleibt daher weiter trüb. Seit dem Frühjahr bis zum Spätsommer war die Wirtschaftsstimmung zumeist gesunken. Auslöser waren der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die in der Folge stark gestiegenen Energiepreise. Die Erwartungen hellten sich zuletzt minimal auf, blieben jedoch sehr pessimistisch.

Etwas Entspannung bei Baupreisen

Mit Blick auf die stark gestiegenen Baupreise sieht Quast zumindest eine gewisse Entspannung für Bauherren im kommenden Jahr. "Bei einigen Materialien haben wir den Zenit überschritten." Holz und Stahl seien wieder etwas billiger geworden. Auch bei Glas und Keramik habe sich die Lage zuletzt etwas entspannt. Quast rechnet mittelfristig trotzdem mit höheren Baupreisen - auch aufgrund gestiegener Löhne für Bauarbeiter.

Die Baubranche war lange Zeit eine Stütze der deutschen Konjunktur und hat dank des Immobilienbooms gut verdient. Der ZDB rechnet für das kommende Jahr allerdings mit einem preisbereinigten Umsatzrückgang der Branche von sieben Prozent.

Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Kultur am 12. Dezember 2022 um 19:10 Uhr.