Deutsche Reaktionen auf Wahl in Athen Ein Schuldenschnitt unter Bedingungen?

Stand: 26.01.2015 08:34 Uhr

Der Syriza-Sieg in Griechenland sorgt in Berlin für heftige Diskussionen. Im Kern geht es um die Frage nach einem Schuldenschnitt. Grünen-Fraktionschef Hofreiter ist dafür, der CDU-Europapolitiker Brok sagte in der ARD, zum jetzigen Zeitpunkt sei dies nicht möglich.

Nach dem Wahlsieg des Linksbündnisses Syriza in Griechenland hat die Debatte um einen weiteren Schuldenschnitt für den Krisenstaat neuen Aufwind bekommen - auch in Berlin.

Die Grünen sprechen sich für einen Schuldenschnitt mit Griechenland aus - unter Bedingungen. "Wir setzen uns für sozial gerechte Änderungen bei dem Anpassungsprogramm und für einen konditionierten Schuldenschnitt im Gegenzug für soziale und wirtschaftliche Reformen in Griechenland ein", sagte Fraktionschef Anton Hofreiter der "Rheinischen Post".

Gemeinsam mit der neuen griechischen Regierung sollten EU und Bundesregierung nach Wegen suchen, den Menschen in Griechenland wieder eine Perspektive zu geben.

"Schuldenschnitt kann es jetzt nicht geben"

Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok lehnt einen Schuldenschnitt - zumindest zum jetzigen Zeitpunkt - ab. "Einen Schuldenschnitt kann es jetzt nicht geben, denn wenn dort keine Reformen stattfinden und das Land nicht wettbewerbsfähiger wird, dann hätte man in drei, vier Jahren genauso viel Schulden. Deswegen müssen erst einmal die Voraussetzungen geschaffen werden, wenn es hier einen Schuldenschnitt geben sollte", sagte er im ARD-Morgenmagazin.

In Griechenland seien die Lasten seit Jahrzehnten falsch verteilt worden, kritisierte Brok zudem: "Ich kenne kein Land in Europa, in dem die normalen Bürger so von der politischen und wirtschaftlichen Klasse über 30 Jahre betrogen wurden." Das sei noch nicht wieder in Ordnung gebracht worden. "Man kann kein Land in Ordnung bringen, wenn das nur der kleine Mann zu zahlen hat und man erneut an die Senkung der Renten herangeht. Hier müssen Reformen gemacht werden.“

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann mahnte Wahlsieger Syriza, die internationalen Verpflichtungen einzuhalten. Auch die neue griechische Regierung sei an die Vereinbarungen mit der EU und der Troika gebunden, sagte Oppermann der Rheinischen Post". "Es gibt auch künftig keine Leistung ohne Gegenleistung", fügte der SPD-Politiker hinzu. Syriza müsse neue Reformen angehen und Korruption und Vetternwirtschaft bekämpfen. Zugleich stellte er klar: "Deutschland wird weiterhin solidarisch mit Griechenland sein."

Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) warnte Griechenland davor, vom Sparkurs abzukehren. "Die Griechen müssen jetzt die Konsequenzen selber tragen und können sie nicht dem deutschen Steuerzahler aufbürden", sagte er der "Bild"-Zeitung.

Linkspartei feiert Syriza-Sieg als Neuanfang

Einzig der Linkspartei war zum Feiern zumute - sie gab am Abend eine Wahlparty in Berlin und feierte den Erdrutschsieg der Syriza-Partei. "Die Griechen haben zwei korrupte Altparteien abgewählt, die ihnen den ganzen Schlamassel eingebrockt haben", freute sich der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger.

Gemeinsam mit seiner Co-Vorsitzenden Katja Kipping sprach er von einem Hoffnungszeichen für einen Neuanfang in Europa. "Jetzt hoffen wir gemeinsam mit den vielen Menschen in Griechenland, die jahrelang gegen die unsoziale Kürzungspolitik protestiert haben, dass eine von Syriza geführte Regierung eine Alternative zum sozialen und wirtschaftlichen Kahlschlag durchsetzen kann." Die von der Bundesregierung maßgeblich geprägte Euro-Rettungspolitik der Troika sei gescheitert.

Bundesbank-Chef: Athen muss Zusagen einhalten

Bundesbank-Chef Jens Weidmann erinnerte Griechenland an seine finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Geldgebern. "Ich hoffe, dass die neue griechische Regierung keine illusionären Versprechungen macht, die sich das Land nicht leisten kann", sagte das EZB-Ratsmitglied im Bericht aus Berlin in der ARD. Das Land sei nach wie vor auf Unterstützung durch ein Hilfsprogramm angewiesen. "Und das heißt natürlich auch, dass es ein solches Programm nur geben kann, wenn die Verabredungen auch eingehalten werden."

Weidmann äußerte sich skeptisch zu den Kernforderungen von Syriza-Chef Alexis Tsipras, der den von den internationalen Geldgebern verordneten Sparkurs beenden und einen weitgehenden Schuldenerlass erreichen will. "Für mich ist entscheidend, dass die griechischen öffentlichen Finanzen dauerhaft tragfähig sind. Solange das nicht der Fall ist, würde auch ein Schuldenschnitt nur eine kurze Atempause gewähren", sagte der Bundesbankpräsident.

Jens Weidmann, Chef der Bundesbank, zur Wahl in Griechenland

Bericht aus Berlin

DIW rechnet mit Konflikt zwischen EU und Athen

Als "schlechte Nachricht für Europa und für Griechenland" bezeichnet der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, das Wahlergebnis. Das "unerwartet starke Resultat" werde die künftige Regierung von Syzria-Chef Tsipras sehr viel selbstbewusster und aggressiver gegenüber seinen europäischen Partnern auftreten lassen, sagte Fratzscher der Online-Ausgabe der "Rheinischen Post".

"Ein Konflikt mit den europäischen Partnern über die Wirtschaftspolitik ist vorprogrammiert", fügte er hinzu. Auch wenn Syriza Griechenland im Euro halten wolle, werde es viel Unsicherheit über den künftigen Kurs der griechischen Regierung geben. Im unwahrscheinlichen Fall eines Euro-Austrittes "könnte es durchaus zu Verwerfungen in ganz Europa kommen", warnte der Top-Ökonom.