Hochrechnung in Griechenland Syriza ist klarer Wahlsieger

Stand: 25.01.2015 22:52 Uhr

Hochrechnungen haben den Sieg des Linksbündnisses Syriza bei der Parlamentswahl in Griechenland bestätigt: Nach ersten offiziellen Teilergebnissen lag Syriza mit mehr als sechs Prozentpunkten vor der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia, die ihre Niederlage eingestand. Offen ist, ob es für die absolute Mehrheit reicht.

Das Linksbündnis Syriza hat Hochrechnungen zufolge die Parlamentswahl in Griechenland mit klarem Vorsprung gewonnen. Die Partei von Alexis Tsipras kommt demnach auf 36,5 Prozent der Stimmen. Die bislang regierenden Konservativen unter Antonis Samaras erhalten laut Hochrechnungen 27,7 Prozent. Dahinter liegt die rechtsradikale Goldene Morgenröte mit 6,3 Prozent. Die proeuropäische Partei der politischen Mitte, To Potami (Der Fluss), kommt demnach auf 5,9 Prozent. Die bislang mitregierenden Sozialisten landen mit großen Verlusten bei 4,8 Prozent.

Tsipras bezeichnete den Wahlsieg als historisch. "Das griechische Volk hat Geschichte geschrieben", sagte Tsipras, "es lässt die desaströse Sparpolitik hinter sich." Die Wähler hätten die internationale Gläubiger-Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) für "beendet" erklärt. Er werde mit den Gläubigern eine für Griechenland und die EU "neue, machbare Lösung" aushandeln, kündigte Tsipras an.

Für Syriza ist das Wahlergebnis ein noch nie dagewesener Erfolg. Der 40-jährige Tsipras wäre zudem der jüngste Regierungschef des Landes seit 150 Jahren.

"Klar ist, dass wir einen historischen Erfolg errungen haben, der eine Botschaft nicht nur an das griechische, sondern alle europäischen Völker ist", sagte Syriza-Sprecher Panos Skourletis im Fernsehsender Mega. "Es gibt eine große Erleichterung unter allen Europäern. Die einzige Frage ist, wie groß der Sieg ausfällt."

Samaras gesteht Niederlage ein

Der noch amtierende Regierungschef Antonis Samaras gratulierte Alexis Tsipras und gestand seine eigene Niederlage ein. Er respektiere die Entscheidung des griechischen Volks. Gesundheitsminister Makis Voridis gestand ebenfalls ein: "Wir haben verloren." Die Sparpolitik seiner Regierung habe Sinn gemacht, sei aber zu einem vorzeitigen Ende gebracht worden, bevor sie Früchte tragen habe können, sagte Voridis.

Insgesamt waren 22 Parteien und Parteienbündnisse zu der vorgezogenen Wahl angetreten. Knapp zehn Millionen Menschen waren aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die Wahl ist richtungsweisend für den Verbleib des hochverschuldeten Landes in der Eurozone. Tsipras will das Sparprogramm lockern und bei den internationalen Gläubigern einen Schuldenerlass durchsetzen. Die bisher regierende Partei von Ministerpräsident Samaras will dagegen beim eingeschlagenen Sparkurs bleiben.

Absolute Mehrheit in greifbarer Nähe

300 Sitze im griechischen Parlament sind zu vergeben. 250 der 300 Sitze werden in einfacher Verhältniswahl vergeben. Die stärkste Partei erhält einen Zuschlag von 50 Sitzen. Damit sollen die Chancen für die Bildung einer starken Regierung erhöht werden. Für den Einzug ins Parlament gilt eine Drei-Prozent-Hürde.

Ob Syriza allein regieren kann, ist noch unklar. Das hängt auch davon ab, wie viele Parteien den Sprung ins Parlament schaffen. Den Hochrechnungen zufolge kann Syriza mit 149 bis 151 Sitzen im neuen Parlament rechnen. Für eine absolute Mehrheit sind 151 Sitze nötig.

Sollte es für eine absolute Mehrheit nicht reichen, wären die sozialistische Pasok und die pro-europäische To Potami mögliche Koalitionspartner für Syriza - und trotz ideologischer Differenzen kommen offenbar auch die rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen infrage, deren Parteichef eine mögliche Zusammenarbeit angeboten hatte.

Neben Tsipras hat aber auch Premier Samaras von der ND noch Chancen, auch künftig die Regierung führen zu können. Denn wenn es Tsipras binnen drei Tagen nicht gelingt, eine Regierung zu bilden, wäre Samaras am Zug.

Schwere Aufgaben für neue Regierung

Auf jeden Fall kommt auf die künftige Regierung angesichts der Staatsverschuldung von 320 Milliarden Euro eine enorm lange Aufgabenliste zu. Sie muss Reformen konsolidieren, für ausgeglichene Haushalte sorgen, ein schwaches Wachstum nach einer sechsjährigen Rezession stärken, eingefrorene Gespräche zur Sicherung einer Kredittranche in Höhe von 7,2 Milliarden Euro zu Ende bringen und weitere Hilfen aushandeln.

Gläubiger beharren darauf, dass Athen seinen bisherigen Verpflichtungen nachkommen müsse, um weitere Unterstützung zu erhalten. Wenn es schief läuft, könnte Griechenland trotz Hilfspaketen in Höhe von 240 Milliarden Euro und eines jahrelangen Sparkurses erneut mit Zahlungsunfähigkeit konfrontiert werden und seine Mitgliedschaft in der Eurozone nicht mehr halten.

Die Euro-Finanzminister wollen bereits am Montag über den weiteren Weg des Krisenlandes sprechen - auch wenn konkrete Beschlüsse noch nicht geplant sind. Die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) griffen dem Land bisher mit Darlehen in Höhe von rund 240 Milliarden Euro unter die Arme.