Reaktionen auf neuen Brief aus Athen Gläubiger lassen Tsipras zappeln

Stand: 01.07.2015 16:34 Uhr

Neuer Tag, neuer Brief: Athens Premier Tsipras will viele Forderungen der Gläubiger plötzlich doch erfüllen. Die Geldgeber allerdings bleiben skeptisch, eine schnelle Einigung scheint ausgeschlossen. Am Nachmittag tagen die Eurogruppe und der EZB-Rat.

Trotz des neuen Kompromissangebots aus Athen scheint eine rasche Einigung im griechischen Schuldenstreit unwahrscheinlich. Zwar sagte Kanzlerin Angela Merkel bei ihrer Rede im Bundestag, dass "die Tür für Gespräche mit der griechischen Regierung immer offen war und immer offen bleibt". Vor dem für Sonntag geplanten Referendum in Griechenland werde es aber keine Verhandlungen über neuen Hilfszusagen geben.

Auch Brüssel reagiert zurückhaltend auf die Sparzusagen von Premier Alexis Tsipras. "Wir sind in einer neuen Lage", meinte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis mit Blick auf das in der Nacht ausgelaufene Hilfsprogramm für Athen. Für eine Lösung müssten sich "beide Seiten konstruktiv verhalten".

"Keine Grundlage für ernsthafte Verhandlungen"

Zuvor war bekannt geworden, dass das jüngste Tsipras-Schreiben an das Gläubiger-Trio aus EU, EZB und IWF deutlich mehr Zugeständnisse enthält, als die Griechen bislang zu machen bereit waren. Allerdings: Die niedrigeren Mehrwertsteuersätze für die griechischen Inseln will Tsipras beibehalten. Und auch das Renteneintrittsalter soll später erhöht werden, als die Geldgeber fordern.

Die ersten Reaktionen fielen entsprechend skeptisch aus. Der Brief enthalte Elemente, die die Euro-Finanzminister wohl nur schwer akzeptieren können, sagt ein Vertreter der Euro-Zone. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble erklärte, das Schreiben habe "auch nicht für mehr Klarheit gesorgt". Es gebe derzeit "keine Grundlage" für ernsthafte Verhandlungen.

Auch ARD-Brüssel-Korrespondent Rolf-Dieter Krause warnte davor, die Bedeutung des Briefs zu überschätzen. Die Vorschläge, auf die Tsipras sich beziehe, stammten allein von der EU-Kommission, so Krause - die EZB und der IWF hätten sich das Papier ausdrücklich nicht zu eigen gemacht, weil es den Griechen zu viele Zugeständnisse mache. Doch selbst hinter diesen Vorschlägen, betonte Krause, bleibe Tsipras weiterhin zurück.

Anleger schöpften trotzdem neue Hoffnung auf einen Kompromiss. Der Dax stieg bis zum Mittag um rund 2,5 Prozent.

"Neues Hilfsprogramm vor dem 20. Juli"

.Mit Spannung war heute das Treffen der Europäischen Zentralbank erwartet worden. Die Währungshüter wollten über mögliche neue Notkredite für griechische Banken entscheiden. Allerdings sickerten keine Details der Sitzung durch, die EZB gab keine Pressemitteilung heraus. Dies wertete ARD-Börsenkorrespondent Stefan Wolff als Zeichen, dass es keine neuen Hilfen geben wird.

Für den späten Nachmittag ist außerdem eine Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister geplant. Sie war verschoben worden, damit die Ressortchefs genügend Zeit erhalten, sich mit den jüngsten Vorschlägen aus Athen zu befassen.

EU-Vize Dombowksi meinte, ein neues Hilfsprogramm für Griechenland könnte vor dem 20. Juli abgeschlossen werden. "Es gibt sicherlich die Möglichkeit, zu einer Abmachung zu kommen, bevor höhere Rückzahlungen fällig sind", sagte der Lette. Das setze jedoch die Bereitschaft der Geldgeber und Athens voraus, tatsächlich eine Vereinbarung anzustreben. A

Am 20. Juli muss Griechenland nach früheren Angaben etwa 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zahlen. Athen hatte am Dienstag versäumt, eine fällige Rate von rund 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zu überwiesen. Damit gilt das Land quasi als zahlungsunfähig.