Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank bewirkt auch eine geringe Verzinsung der Lebensversicherungen.

Geldpolitik Die Woche der Notenbanken

Stand: 14.12.2022 07:58 Uhr

In dieser Woche stehen gleich drei wichtige Zinsentscheidungen an. Auch wenn die großen Notenbanken die Zügel weiter anziehen werden, werden sie doch ihr Tempo verlangsamen.

Von Detlev Landmesser, tagesschau.de

Wenige Tage, bevor Wirtschaft und Finanzmärkte in ihre weihnachtliche Ruhephase eintreten, schlägt noch einmal die Stunde der Geldpolitik. Mit der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bank of England (BoE) geben in dieser Woche gleich drei Schwergewichte ihre Zinsentscheidungen bekannt und werden - fast noch wichtiger - wesentliche Aussagen zu ihrem künftigen geldpolitischen Handeln treffen.

Ihre finale Botschaft des Jahres steht jetzt schon fest: Dies- und jenseits des Atlantik werden die Geldpolitiker ihre ungebrochene Entschlossenheit bekräftigen, die Inflation weiter zu bekämpfen. Auch der bevorstehende nächste Zinsschritt - bei der Fed heute, bei EZB und BoE am morgigen Donnerstag - zeugt von einer gewissen Einmütigkeit: Von allen drei Akteuren erwarten die Märkte weitere Zinserhöhungen um einen halben Prozentpunkt.

Damit sind die Gemeinsamkeiten aber weitgehend erschöpft. Die Bank of England ist angesichts der erheblichen Post-Brexit-Turbulenzen in einer Sondersituation. Nach einem aggressiven Zinserhöhungskurs von fast 300 Basispunkten auf nun drei Prozent haben die Währungshüter zuletzt auf den düsteren Ausblick für die britische Wirtschaft hingewiesen, was auch im kommenden Jahr eine langsamere Gangart wahrscheinlich macht.

Fed nimmt Tempo heraus

Die Fed dürfte ebenfalls nach vier Maxi-Zinsschritten von 75 Basispunkten das Tempo etwas reduzieren und mit einem Leitzinsniveau von 4,25 bis 4,50 Prozent ins neue Jahr gehen. "Die nur langsame Abkühlung am Arbeitsmarkt und der anhaltende Lohndruck erhöhen jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed die Zinsen auch im kommenden Jahr weiter anheben wird", kommentieren die Volkswirte von Julius Bär.

Mittlerweile gehen die Märkte davon aus, dass der amerikanische Leitzins in der Spitze 5,00 Prozent erreicht. Die Marktteilnehmer erwarteten sogar bereits für die zweite Jahreshälfte 2023 eine erste Zinssenkung, so Anleiheexperte Franck Dixmier von Allianz Global Investors. Dixmier selbst warnt dagegen vor Inflationsüberraschungen und sieht den Zinsgipfel in den USA zwischen 5,00 und 6,00 Prozent. Außerdem rechnet er noch nicht mit einer Zinssenkung im kommenden Jahr.

Druck auf die EZB noch stärker

Auch die EZB wird ihr Zinstempo nach zwei großen Zinsschritten mit einer Anhebung um 0,5 Prozentpunkte verlangsamen, erwarten die Märkte einhellig. Bei dem dann erreichten Leitzinsniveau von 2,00 Prozent steht den Europäern aber noch ein längerer Weg bevor als den Amerikanern. Mit zehn Prozent lag die Inflation in der Eurozone im November noch deutlich über dem US-Niveau von zuletzt 7,1 Prozent. Angesichts des besonders unsicheren Inflationsausblicks im Euroraum sind die Experten aber noch sehr zurückhaltend mit konkreten Prognosen, wohin der Zinspfad noch führt. Viele erwarten aber weitere Zinserhöhungen im Februar oder März, möglicherweise dann um nur noch 0,25 Prozentpunkte.

Abbau der EZB-Bilanz erst im zweiten Quartal?

Ein weiteres geldpolitisches Instrument steht weniger im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung, birgt aber eine hohe Brisanz. Auf ihrer Sitzung am Donnerstag wird EZB-Chefin Christine Lagarde Hinweise zum Abbau der billionenschweren Anleihebestände geben, den die Zentralbank zur Stützung der Konjunktur und der Finanzmärkte seit 2015 angehäuft hat. Während die Fed und die BoE bereits mit der Rückführung dieser so genannten quantitativen Lockerung begonnen haben - wenn auch im Schneckentempo -, liegt die EZB auch hier zurück.

Nach Einschätzung der Volkswirte von AXA Investment Managers wird es aber möglicherweise noch bis April dauern, bis die EZB tatsächlich anfängt, ihre Bilanz abzuschmelzen, also auslaufende Staatsanleihen im eigenen Bestand nicht mehr durch neue zu ersetzen. Besonders die Anleihenmärkte werden nervös auf jeden Schritt in dieser Richtung blicken. Schließlich haben die jüngsten Krisen zu gewaltigen Neuverschuldung der Eurostaaten geführt, die vor allem über Staatsanleihen finanziert werden muss.