Fassade einer Filiale der Pacific Western Bank in Beverly Hills
analyse

Turbulenzen bei Regionalbanken Warum die US-Bankenkrise weiter schwelt

Stand: 04.05.2023 13:43 Uhr

Die Turbulenzen bei den Regionalbanken in den USA reißen nicht ab. Schon steckt das nächste Institut in der Bredouille - und nun gießt die Fed mit ihrer Zinserhöhung auch noch weiteres Öl ins Feuer.

Von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion

Die Angst vor einer neuen Bankenkrise in den USA greift wieder um sich. Hatte es im März noch so ausgesehen, als seien mit dem Kollaps der Silicon Valley Bank und der Signature Bank die Turbulenzen im US-Bankensektor bereits überwunden, so werden Anleger, Notenbanker - und ja, auch Präsidenten - derzeit eines Besseren belehrt.

Zwar konnte zu Wochenbeginn durch die von der staatlichen Einlagensicherung FDIC orchestrierte Notübernahme der strauchelnden First Republic Bank durch die Großbank JPMorgan erst einmal Schlimmeres verhindert werden. Doch für Ruhe im Bankensektor sorgte das allenfalls kurzfristig.

Aktie von PacWest Bancorp bricht massiv ein

So versicherte US-Präsident Joe Biden noch am 1. Mai, das US-Bankensystem sei "sicher und gesund". Die Sorgen vor weiteren Verwerfungen bei den Regionalbanken konnte er allerdings nicht nachhaltig zerstreuen. Anleger haben bereits begonnen, mit dem Finger auf das nächste Institut zu zeigen: Jetzt ist es die in Los Angeles ansässige Regionalbank PacWest Bancorp, die im Kreuzfeuer steht.

Nachdem bekannt geworden war, dass das Geldhaus alle strategischen Optionen - einschließlich eines Verkaufs - prüft, nahmen die Anleger Reißaus; die Aktie brach gestern um fast 60 Prozent ein. Tags zuvor hatte sie bereits 28 Prozent ihres Werts verloren. Auch bei vielen anderen regionalen Instituten warfen Anleger das Handtuch. Und das, obwohl Fed-Chef Jerome Powell noch wenige Stunden zuvor mit Blick auf die Regionalbanken Optimismus heraufbeschworen hatte.

Heizt die Fed die Bankenkrise weiter an?

Warum also kommen die US-Regionalbanken einfach nicht zur Ruhe? Tatsächlich ist daran die Fed selbst nicht ganz unschuldig. Um der galoppierenden Inflation wieder Herr zu werden, hat sie den Leitzins seit vergangenem März in einer beispiellosen Hau-Ruck-Aktion zehnmal in Folge drastisch erhöht.

Erst gestern drehte Powell abermals an der Zinsschraube, der Leitzins liegt nunmehr bei 5,0 bis 5,25 Prozent. Es ist der - vorläufige - Höhepunkt des historisch aggressivsten Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank. Die Fed nimmt in ihrem Kampf gegen die Inflation damit bewusst das Risiko in Kauf, die Krise der Regionalinstitute weiter anzuheizen. Denn es sind in erster Linie die hohen Zinsen, welche die regionalen Geldinstitute aktuell in Schieflage bringen.

Geldmarktfonds bieten hohe Zinsen

Seit März haben Sparer im großen Stil Gelder von ihren Konten bei regionalen Instituten abgezogen, ein Teil davon floss den Großbanken zu. Das Kalkül der Anleger: Im Falle einer Pleite dürfte der Staat - getreu dem Motto: "too big to fail" - eher die großen Institute und damit auch deren Einlagen retten als eine kleine bis mittelgroße Regionalbank.

Doch nicht nur die normalen Konten der Großbanken machen den Regionalbanken zunehmend Konkurrenz, sondern auch deren Geldmarktfonds - und hier kommt die Zinspolitik der Fed ins Spiel. Geldmarktfonds stecken das Geld ihrer Kunden nämlich in kurz laufende Zinspapiere: Die Renditen dieser Anlagevehikel sind aktuell so hoch wie seit Jahren nicht mehr, steigen sie doch mit dem US-Leitzins. Anbieter wie Goldman Sachs locken mit Renditen von bis zu fünf Prozent.

Apple lockt Sparer mit hoher Rendite

Das Geld der Sparer auf den eigenen unverzinsten oder zumindest deutlich schlechter verzinsten Konten zu halten, wird so für die Regionalbanken zu einem immer schwierigeren Unterfangen, zumal Geldmarktfonds als sicher gelten. Allein im März haben Anlegerinnen und Anleger 367 Milliarden Dollar in Geldmarktfonds geschoben. Die größten Gewinner dieser massiven Umschichtung sind Goldman Sachs, JPMorgan Chase und Fidelity.

Aber damit nicht genug, macht doch nun auch noch Apple den Regionalbanken mit deren mickriger Verzinsung Konkurrenz. Dazu hat sich der Technologieriese mit der Investmentbank Goldman Sachs verbündet: Apple-Card-Nutzer in den USA können nämlich ein Sparkonto in Kooperation mit Goldman Sachs nutzen - es lockt eine Rendite von 4,15 Prozent. Das Apple-Angebot dürfte vor allem jüngere Zielgruppen ansprechen.

Warum es eine höhere Einlagensicherung braucht

Vor allem aber wohlhabende Kunden - gleich welchen Alters - dürften sich derzeit zweimal überlegen, bei welcher Bank sie ihr Geld verwahren. Hintergrund ist eine Besonderheit der US-Einlagensicherung, wonach nur Ersparnisse bis 250.000 Dollar abgesichert sind. US-Präsident Biden stellte jüngst eine Erhöhung dieser Absicherung in Aussicht, sollten weitere Banken in den USA in Schwierigkeiten geraten.

Marktbeobachtern zufolge sollte Biden besser aufpassen, dass seine Aussage nicht zur selbsterfüllenden Prophezeiung wird: Gut möglich, dass die Vertrauens- und Zinskrise bei den Regionalbanken nach der Silicon Valley Bank, Signature Bank, First Republic und PacWest Bancorp demnächst weitere Opfer fordern wird. Wollte Biden das verhindern, so sollte er besser früher als später die Einlagensicherung erhöhen, um den Märkten und den Sparern zumindest etwas Vertrauen zurückzugeben. Worte allein reichen nicht aus - das haben die vergangenen Tage und Wochen zur Genüge gezeigt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 04. Mai 2023 um 09:00 Uhr.