Wall Street Straßenschild vor einer amerikanischen Flagge.
marktbericht

US-Börsen legen zu Mit Zuversicht in die Feiertagspause

Stand: 22.11.2023 22:14 Uhr

Vor dem morgigen Erntedank-Feiertag hat die Wall Street zugelegt. Eine Reihe von Konjunkturdaten wurden dabei positiv aufgenommen. Auch der DAX legte heute zu, blieb aber unter 16.000 Punkten.

Vor dem Erntedank-Feiertag haben die US-Börsen heute unisono zugelegt. Die großen Aktienindizes schlossen bei ruhigem Handel moderat im Plus. Der Leitindex Dow Jones notierte am Schluss 0,53 Prozent besser bei 35.273 Zählern. Der marktbreite S&P-500-Index legte 0,4 Prozent, die Technologiebörse Nasdaq 0,46 Prozent zu. Der Auswahlindex Nasdaq 100 rückte in ähnlicher Größenordnung von 0,4 Prozent vor und schloss bei 16.001 Punkten.

Die Konjunkturdaten fielen überwiegend stark aus. Sie deuten somit auf eine robuste Wirtschaftsentwicklung in den Vereinigten Staaten bei weiter hohen Preisen hin, sodass die US-Notenbank ihre Zinsen weiter hochhalten muss. Den Kursgewinnen am Aktienmarkt tat dies aber keinen Abbruch. Die in den Protokollen der jüngsten geldpolitischen Beratungen der US-Notenbank angedeutete Zinserhöhung vor dem Jahresende schoben Investoren beiseite.

Stattdessen setzten sie auf vier Senkungen im kommenden Jahr, sagte Niels Christensen, Chef-Analyst der Nordea Bank. "Es ist nicht unüblich, dass die Fed einen solchen Zyklus mit einem Schritt von einem halben Prozentpunkt beginnt."

Ein weiterer Stimmungsaufheller sei der Rückgang der Energiepreise, sagte Art Hogan, Chef-Anlagestratege des Finanzdienstleisters B. Riley. Die US-Rohölsorte WTI verbilligte sich um 2,3 Prozent je Barrel (159 Liter), nachdem die "Opec+", zu der neben den Mitgliedern des Exportkartells weitere Förderländer wie Russland gehören, ein geplantes Treffen überraschend verschoben hatte. Einem Medienbericht zufolge gibt es zwischen einzelnen Mitgliedern Meinungsverschiedenheiten über die Förderpolitik.

Frische Konjunkturdaten aus den USA setzten derweil kaum Akzente. Dort sind die Aufträge für langlebige Güter im Oktober stärker als erwartet gefallen. Dagegen besserte sich die Lage am US-Arbeitsmarkt überraschend deutlich. Die Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung fielen um 24.000 auf 209.000. Experten hatten mit 227.000 Anträgen gerechnet.

Nach Einschätzung von Experten der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) deutet die jüngste Entwicklung der Hilfsanträge weiter auf einen Stellenaufbau in der größten Volkswirtschaft der Welt hin. Die US-Notenbank Federal Reserve sei daher "gut beraten, nicht voreilig in den Zinssenkungsmodus überzugehen".

Die Stimmung der US-Verbraucher hat sich im November nicht so stark eingetrübt wie erwartet. Das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima fiel von 63,8 Punkten im Vormonat auf 61,3 Punkte, wie die Universität heute nach einer zweiten Schätzung mitteilte. Eine erste Erhebung wurde damit nach oben revidiert. Zunächst war ein stärkerer Rückgang auf 60,4 Punkte gemeldet worden. Volkswirte hatten im Schnitt mit 61,0 Punkten gerechnet.

Unter den Einzelwerten standen die Aktien von Nvidia weiter im Fokus. Nvidia profitiert derzeit stark von der Nachfrage nach KI-Chips und präsentierte einen weiteren überraschend starken Quartalsbericht. Jedoch warnte der Chiphersteller, dass das Geschäft in China wegen ausgeweiteter Lieferbeschränkungen durch die US-Regierung "erheblich" zurückgehen werde. Die Nvidia-Anteilsscheine fielen von ihrem am Montag erreichten Rekordhoch weiter zurück mit einem Minus von zuletzt 2,46 Prozent auf 487,16 Dollar.

Anleger werteten es diesmal positiv, dass nach fünf Tagen Führungschaos beim ChatGPT-Entwickler OpenAI der herausgedrängte Chef Sam Altman wieder an die Spitze zurückkehrt - somit also nicht zum OpenAI-Investor Microsoft geht. Damit endet Beobachtern zufolge ein schockierendes Hin-und-Her-Drama. Dieses hatte das Silicon Valley und die globale KI-Branche in Aufruhr versetzt. Außerdem wird der Verwaltungsrat erneuert.

Altman war erst am Freitag vom alten Verwaltungsrat herausgedrängt worden und hatte sich am Sonntag entschlossen, zu Microsoft zu gehen. Danach drohten rund 700 der 770 Mitarbeiter von OpenAI, ihm zu folgen - was praktisch das Ende der Firma bedeutet hätte.

Nach dem Rücksetzer am Vortag erreichten die Aktien von Microsoft im Verlauf bei 379,79 Dollar eine weitere Bestmarke. Zuletzt gewannen die Papiere des Softwarekonzerns etwas darunter noch 1,28 Prozent und gingen bei 377,85 Dollar aus dem Handel.

Das Chaos um die Entlassung und Wiedereinstellung von Altman als Chef des ChatGPT-Entwicklers OpenAI ist das Ergebnis des Tauziehens zweier KI-Denkschulen. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die wie Altman die Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) vorantreiben und die neuen Versionen der Öffentlichkeit zugänglich machen wollen. Nur dadurch könne diese Technologie angemessen getestet und perfektioniert werden.

Dem stehen diejenigen gegenüber, die für eine eingehende Prüfung im Labor eintreten, bevor diese Programme in der Praxis eingesetzt werden. Dies gelte vor allem für sogenannte Generative KI, die auf Basis weniger Stichworte Texte, Bilder oder Videos erstellen kann. "Handelt es sich hierbei nur um ein weiteres Produkt wie Soziale Medien oder Kryptowährungen?", fragt Connor Leahy, Chef der KI-Firma ConjectureAI und ein Verfechter einer vorsichtigen Vorgehensweise. "Oder handelt es sich um eine Technologie, die die Fähigkeit hat, den Menschen zu übertreffen und unkontrollierbar zu werden?"

Zur Wochenmitte ist der deutsche Leitindex erneut knapp damit gescheitert, die Marke von 16.000 Punkten zu überwinden. Bis auf 15.998 Punkte war es in der Spitze heute schon nach oben gegangen, ehe der DAX danach wieder abdrehte. Am Ende lag der Schlussstand bei 15.957 Punkten, ein Tagesgewinn von 0,36 Prozent. Der MDAX der mittelgroßen Werte ging bei 26.135 Punkten um 0,72 Prozent höher aus dem Handel.

"Kann der deutsche Leitindex die Schallmauer zeitnah nicht durchbrechen, dürften trotz des intakten Aufwärtstrends verstärkte Gewinnmitnahmen einsetzen", erwartet Marktanalyst Konstantin Oldenburger von CMC Markets.

Die zuletzt immer wieder umkämpfte Tausendermarke im DAX ist nicht nur psychologisch bedeutsam: Hier verlaufen auch die Hochs vom August/September, an dieser Stelle war der deutsche Leitindex zuletzt also mehrfach gescheitert. Auch aus saisonaler Perspektive hat der DAX durchaus noch Luft nach oben.

Hoffnung schürt dabei auch die statistische Anomalie der "Thanksgiving-Rally": In der Woche des US-Erntedankfestes, das morgen gefeiert wird, ziehen die Börsenkurse regelmäßig an. Zudem herrscht an der Wall Street derzeit viel Zinszuversicht, was auch dem DAX zugute kommt. Die US-Börsen bleiben morgen geschlossen. Am Freitag schließen die US-Börsen drei Stunden früher.

Update Wirtschaft vom 22.11.2023

Melanie Böff, HR, tagesschau24, 22.11.2023 09:00 Uhr

Der Euro ist unter die Marke von 1,09 Dollar gefallen. Die Gemeinschaftswährung lag zuletzt im US-Handel bei 1,0887 Dollar und setzte damit ihre gestern begonnene Korrektur fort. Der Greenback macht derzeit wieder etwas Boden gut, nachdem er zuvor stärker unter Zinssenkungserwartungen gelitten hatte. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0911 (Dienstag: 1,0955) Dollar fest.

Dem Markt fehlt es allerdings an Impulsen. In der Eurozone wurden keine wichtigen Konjunkturdaten veröffentlicht und die US-Daten fielen uneinheitlich aus. Die meisten Anleger würden sich schon am Mittwochabend ins verlängerte Wochenende verabschieden, auch wenn der Freitag noch offiziell ein Handelstag ist, so Commerzbank-Expertin Antje Praefcke .

Am Rohölmarkt sorgte das verschobene Treffen der "Opec+", zu der neben den Mitgliedern des Exportkartells weitere Förderländer wie Russland gehören, für Verunsicherung. Die Beratungen zur Förderpolitik werden vom 26. auf den 30. November verlegt, wie das Kartell heute mitteilte.

Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um fast vier Prozent auf 79,34 Dollar je Barrel (159 Liter). Einem Medienbericht zufolge gibt es zwischen einzelnen Mitgliedern Meinungsverschiedenheiten über die Förderpolitik. "Eine Verlängerung der bisherigen Förderkürzungen wird nicht ausreichen, um den Markt davon zu überzeugen, dass das Angebot 'knapp' ist", sagte Analyst John Evans vom Brokerhaus PVM Oil Associates. Abhängig von den Schlagzeilen müsse in den kommenden Tagen mit Kursausschlägen gerechnet werden.

Analysten und Insidern zufolge wollten Saudi-Arabien, Russland und andere Mitglieder der erweiterten OPEC-Gruppe Änderungen an einem gemeinsamen Abkommen erörtern, das die Versorgung bis 2024 begrenzt. Ende September lag der Preis noch bei fast 98 Dollar.

Größter DAX-Verlierer war die Bayer-Aktie, die am Ende über drei Prozent im Minus lag. Perspektivisch droht dem Papier damit, unter das Tief vom Wochenbeginn bei 32,60 Euro zu fallen - auf den dann niedrigsten Stand seit dem Jahr 2006.

Als negativ für den Kurs werteten Händler einen Medienbericht, wonach die Bayer-Tochter Monsanto von einem US-Gericht zu einem Schadenersatz von 165 Millionen Dollar wegen der Chemikalie PCB verurteilt wurde. Schwerer wögen aber nach wie vor die milliardenschwere Glyphosat-Niederlage in den USA und der Abbruch einer klinischen Studie mit einem Medikamenten-Hoffnungsträger.

Nach dem Tarifabschluss der drei großen US-Autobauer mit der Gewerkschaft UAW erhöht Volkswagen die Löhne der Beschäftigten im Werk Chattanooga. Die Anhebung trete im Rahmen der jährlichen Bewertung der Vergütungen ab Dezember in Kraft, erklärte der Autobauer. Volkswagen, wie auch andere ausländische Hersteller und Tesla, hat in den USA keinen Tarifvertrag mit der Gewerkschaft.

Die UAW hat nach sechs Wochen Streiks Tariferhöhungen mit General Motors, Ford und der Stellantis-Tochter Chrysler ausgehandelt. Der Basislohn steigt bei einer Laufzeit bis April 2028 um 25 Prozent, beginnend mit elf Prozent im Januar. In der höchsten Tarifgruppe beläuft sich das Plus auf insgesamt 33 Prozent.

Im MDAX lag die Thyssenkrupp-Aktie mit einem Plus von über sieben Prozent an der Spitze. Die Aktionäre des Industriekonzerns sollen trotz milliardenschwerer Abschreibungen auf das Stahlgeschäft eine unveränderte Dividende von 15 Cent je Aktie erhalten. Zudem führt das Unternehmen bei der geplanten Verselbstständigung der Stahlsparte nach eigenen Angaben "konstruktive und ergebnisoffene Gespräche" mit dem Energieunternehmen EPH.

Der Elektrolyse-Spezialist Thyssenkrupp Nucera ist zum Ende seines Geschäftsjahres noch einmal gewachsen. Im Vergleich zum Vorjahr habe der Umsatz der Monate Juli bis September infolge der Abwicklung des großen Auftragsbestandes in der Wasserelektrolyse "stark" zugelegt, so das SDAX-Unternehmen. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) sei leicht positiv. Konkrete Zahlen nannte die Thyssenkrupp-Tochter nicht.

Der Rüstungselektronik-Konzern Hensoldt aus dem MDAX hält angesichts boomender Aufträge Ausschau nach Übernahmen. Das Unternehmen wolle aus eigener Kraft, aber auch anorganisch wachsen, hieß es auf einem Kapitalmarkttag heute in Ulm. "Die wachsenden Verteidigungsetats in den meisten Märkten und der steigende Bedarf an Verteidigungs- und Sicherheitselektronik treiben die Pipeline des Unternehmens weiter voran", erklärte Hensoldt. Chancen auf Zukäufe sehe der Vorstand um Thomas Müller in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Analytik sowie im Services- und Integrations-Geschäft.

Im laufenden Jahr soll der Umsatz bei 1,85 Milliarden Euro liegen und danach um durchschnittlich zehn Prozent pro Jahr steigen. Mit Blick auf den 5,5 Milliarden Euro schweren Auftragsbestand seien 85 Prozent des Umsatzes im kommenden Jahr gesichert, für 2025 seien es 65 Prozent. Die bereinigte operative Umsatzrendite (Ebitda-Marge) soll in diesem Jahr bei 19 Prozent liegen, mittelfristig sogar noch darüber. Den Aktionären verspricht Hensoldt eine Dividende von 30 bis 40 Prozent des bereinigten Nettogewinns.

Wegen des Verdachts auf Kartellverstöße ermittelt die EU-Kommission erneut gegen den Essenslieferdienst Delivery Hero und hat dazu unangekündigte Inspektionen bei Lieferdienstunternehmen in zwei Mitgliedstaaten durchgeführt. Delivery Hero bestätigte auf Anfrage, dass es dabei um die eigenen Standorte in Berlin und Barcelona gehe. Das Unternehmen kooperiere vollumfänglich mit den Behörden. Die zuletzt schon schwer unter Druck geratene Aktie verlor im MDAX weiter rund ein Prozent, auch das Papier von Konkurrent HekkoFresh sank weiter ab.

Der Dialyseanbieter Fresenius Medical Care (FMC) blickt nur wenige Wochen nach seiner jüngsten Prognoseanhebung noch optimistischer auf das laufende Geschäftsjahr. Aus einem Vergleich mit der US-Regierung erwartet die Fresenius-Tochter einen positiven Nettoeinfluss auf das operative Ergebnis in Höhe von rund 175 Millionen Euro. Dadurch dürfte das operative Ergebnis im Vergleich zum Vorjahreswert um 12 bis 14 Prozent zulegen. FMC-Aktien legten im MDAX rund ein Prozent zu.

Vor dem Start des vierten deutschen Handynetzes hat der Telekommunikationskonzern 1&1 einen Deal mit Telefónica Deutschland (O2) geschlossen. Der bereits bestehende nationale Roaming-Vertrag sei um den Funkstandard 5G erweitert worden, teilte die United-Internet-Tochter mit und gab zugleich das Startdatum für das neue Handynetz bekannt: Am 8. Dezember soll der Schalter umgelegt und das Netz "voll funktionsfähig" sein.

Die Aareal Bank gehört bald vier Finanzinvestoren alleine. Die Beteiligungsgesellschaften Advent, Centerbridge, CPP Investments und Goldman Sachs halten nach ihrem jüngsten Übernahmeangebot vor dem Rückzug von der Börse gut 95 Prozent der Aareal-Bank-Aktien und können die übrigen Kleinaktionäre damit hinausdrängen.

Diese Absicht hätten sie dem Wiesbadener Immobilienfinanzierer bereits mitgeteilt, hieß es in einer Pflichtmitteilung des Bieterkonsortiums Atlantic BidCo von heute. Mit welcher Abfindung die Kleinaktionäre rechnen können, werde erst später festgelegt. Die Papiere der Aareal Bank waren am Dienstag zum letzten Mal an der Frankfurter Börse gehandelt worden

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 22. November 2023 um 09:00 Uhr.