Händlerin an der New York Stock Exchange
marktbericht

Zinshoffnungen Kurse klettern weiter

Stand: 15.11.2023 22:17 Uhr

Die Hoffnungen auf ein Ende der Zinserhöhungen in den USA haben die Aktienmärkte dies- und jenseits des Atlantiks beflügelt. Der DAX stieg auf den höchsten Stand seit Mitte September.

Ist der Zinsgipfel in den Vereinigten Staaten vielleicht schon erreicht? Die Hoffnung darauf ließ auch zur Wochenmitte Käufer an die Aktienmärkte strömen. An der Wall Street gewann der Leitindex Dow Jones 0,47 Prozent auf 34.991 Punkte. Erstmals seit August hatte er vorübergehend wieder die runde Marke von 35.000 Punkten überwunden.

Die Technologiewerte an der Nasdaq traten dagegen auf der Stelle. Der Nasdaq 100 ging mit einem minimalen Plus von 0,03 Prozent aus dem Handel.

Aus fundamentaler Perspektive ist es die Aussicht auf sinkende Zinsen, die riskante Anlagen wie Aktien im Vergleich zu Anleihen nun wieder etwas attraktiver werden lassen. Die Marktzinsen dürften ihren Höhepunkt erreicht haben, da sind sich Marktexperten nach den neuen US-Inflationsdaten sicher. Die Kerninflationsrate, also die Teuerung ohne Energie- und Lebensmittelpreise, war in den USA im Oktober auf 0,2 Prozent gefallen. Das schürt Hoffnungen, dass die US-Notenbank Federal Reserve den Leitzins auf ihrer Dezember-Sitzung nicht weiter erhöhen wird. Es laufen die Wetten auf eine erste Zinssenkung bereits im Mai 2024.

Die heute vorgelegten Erzeugerpreise in den USA stiegen ebenfalls überraschend moderat und signalisierten damit weniger Inflationsdruck. Sie legten im Oktober im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,3 Prozent zu.

Auch die zunächst gebannte Gefahr eines Regierungsstillstands in den USA sorgte an den Börsen für Erleichterung. Das US-Repräsentantenhaus hatte gestern am späten Abend einen Überbrückungshaushalt verabschiedet.

Am deutschen Aktienmarkt erreichte der DAX mit einem Plus von 0,86 Prozent auf 15.748 Punkte den höchsten Stand seit zwei Monaten.

Dabei half auch ein wichtiges technisches Kaufsignal: Bereits in den ersten Handelsminuten hatte der DAX seine 200-Tage-Linie, also den gleitenden Durchschnitt der 200 vergangenen Handelstage, bei 15.646 Zählern von unten nach oben durchkreuzt. Das gilt bei Börsenprofis als wichtiges Signal für eine Trendwende nach oben, dem nun auch vor allem langfristig orientierte Investoren folgen könnten. Rückenwind kommt weiter von der Saisonalität, der November und Dezember sind traditionell starke Börsenmonate.

Positive Konjunkturdaten aus der Volksrepublik China hellten die Stimmung weiter auf. Die chinesische Wirtschaft hat sich im Oktober dank eines Anstiegs der Industrieproduktion und unerwartet guter Einzelhandelsumsätze stärker als erwartet erholt. Laut einem Bericht der Finanznachrichtenagentur Bloomberg plant die chinesische Regierung zudem milliardenschwere Kredite, um den Immobilienmarkt anzukurbeln.

Update Wirtschaft vom 15.11.2023

Bettina Seidl, HR, tagesschau24

Die europäische Gemeinschaftswährung konnte ihre jüngsten Kursgewinne größtenteils verteidigen, der Euro wurde am späten Abend bei 1,0846 Dollar und damit 0,3 Prozent tiefer gehandelt. Die Feinunze Gold notierte kaum verändert bei 1.962 Dollar.

Die Ölpreise gaben im Tagesverlauf deutlich nach. Am späten Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Januar 80,92 Dollar. Das sind 1,8 Prozent weniger als am Vortag. In den USA sind die Ölreserven in der vergangenen Woche deutlicher gestiegen als erwartet. Die Bestände an Rohöl kletterten im Vergleich zur Vorwoche um 3,6 Millionen auf 439,4 Millionen Barrel. Steigende Ölreserven in der größten Volkswirtschaft der Welt belasten in der Regel die Notierungen.

In New York war die Aktie von Sirius XM gefragt. Wie aus einer Börsenmitteilung hervorgeht, hat die Holding Berkshire Hathaway der Investorenlegende Warren Buffett zuletzt Aktien des Satellitenradio-Anbieters gekauft.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Abend berichtete, steht der US-Pharmariese Eli Lilly vor einer Investition im einstelligen Milliardenbereich in Deutschland. Geplant sei eine neue Fabrik in Rheinland-Pfalz, so die Nachrichtenagentur unter Berufung auf mehrere mit der Sache vertrauten Personen. Das Unternehmen hat für Freitag zu einer Pressekonferenz in Berlin eingeladen, wo es "weitreichende Investitionsvorhaben" in Deutschland bekannt geben will.

Im DAX lag die Aktie von Siemens Energy mit einem Kursplus von über neun Prozent vorne. Am Tag nach der angekündigten Bürgschaft durch den Bund hat der Konzern einen Rekordverlust von 4,6 Milliarden Euro bekanntgegeben. Der Energietechnik-Konzern rechnet im Windkraft-Geschäft mit zwei weiteren Verlustjahren. Allerdings fiel der Auftragseingang im vierten Quartal besser aus als befürchtet, sagte ein Händler.

Auch die Infineon-Aktie war mit 8,7 Prozent Plus stark gefragt. Der Chiphersteller hat mitten in einer milliardenschweren Investitionsoffensive Rekordwerte bei Umsatz und Gewinn erzielt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2022/23 stiegen die Erlöse um 15 Prozent auf 16,31 Milliarden Euro und das Segmentergebnis um 30 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro. Die Dividende soll von 0,32 auf 0,35 Euro je Aktie steigen.

Am Abend geriet die HelloFresh-Aktie im MDAX unter Druck. Wegen unerwarteter Probleme in seinem wichtigsten Einzelmarkt USA senkte der Kochboxenversender seine Jahresziele. Der Konzernumsatz werde währungsbereinigt lediglich um zwei bis fünf Prozent statt um bis zu acht Prozent steigen. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen dürfte jetzt nur 430 bis 470 Millionen Euro erreichen. Damit liegt das Unternehmen selbst unter der niedrigsten Analystenprognose. Bisher hatte das Management 470 bis 540 Millionen in Aussicht gestellt.

Die Aktie der Elektronikhandelsholding Ceconomy war mit einem zweistelligen Plus der mit Abstand größte SDAX-Gewinner. Händler verwiesen auf einen Bericht des "Manager Magazin", demzufolge der chinesische Online-Handelsriese JD.Com Interesse an der Muttergesellschaft von Media Markt und Saturn zeige. Den Weg dafür solle die Übernahme eines Aktienpaketes des Mischkonzerns Haniel ebnen.

Der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler will den Regensburger Antriebsspezialisten Vitesco für 91 Euro je Aktie übernehmen. Die Herzogenauracher legten heute eine entsprechende Übernahmeofferte vor. Die Vitesco-Aktionäre haben bis zum 15. Dezember Zeit, das Angebot anzunehmen. Mehrere Investoren hatten sich zuletzt aber unzufrieden mit der angekündigten Offerte gezeigt. An der Börse notiert die Vitesco-Aktie über dem gebotenen Preis. Vitesco erklärte, der Vorstand und der unabhängige Sonderausschuss des Aufsichtsrats prüften, ob der von Schaeffler angebotene Preis für alle Aktionäre finanziell angemessen sei.

Die Aussicht auf eine zentrale Rolle von Wasserstoff in der künftigen Energieversorgung in Deutschland gibt den Aktien von Nucera weiter Auftrieb. Die Papiere der Wasserstoff-Tochter von Thyssenkrupp legten den zweiten Tag in Folge zu. Die Bundesregierung hatte gestern ihre Planungen für ein Wasserstoff-Leitungsnetz mit Investitionskosten von fast 20 Milliarden Euro vorgestellt.

Der SDAX-Konzern Grand City Properties hat in den ersten neun Monaten von einer starken Nachfrage nach Wohnraum profitiert. Die Nettomieterlöse stiegen bis Ende September um vier Prozent auf 307,5 Millionen Euro. Allerdings drückten im Berichtszeitraum höhere Finanzierungskosten auf das operative Ergebnis (FFO1). Die Ziele für das Gesamtjahr bestätigte der Immobilienkonzern.

Der ebenfalls im SDAX notierte Arzneimittelhersteller Dermapharm hat in den ersten drei Quartalen vom guten Lauf der Tochter Arkopharma und einer gestiegenen Nachfrage nach Nahrungsergänzungsmitteln und pflanzlichen Extrakten profitiert. Damit konnte der Konzern die auslaufende Impfstoffproduktion für den Mainzer Hersteller BioNTech abfedern. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent auf knapp 867 Millionen Euro.

Die zuletzt wenig gefragte Aktie von Paul Hartmann gewann knapp zehn Prozent. Der Anbieter von Medizinprodukten erhöhte seine Prognose für das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen deutlich auf 180 bis 210 Millionen Euro. Bisher war das Management von 145 bis 185 Millionen Euro ausgegangen. Als Grund gab das Heidenheimer Unternehmen "erfolgreiche Kosten- und Produktivitätsmaßnahmen" an.

Der französische Autobauer Renault will mit seiner Elektroauto- und Software-Sparte Ampere in zwei Jahren bereits mehr als zehn Milliarden Euro Jahresumsatz erzielen. Die für einen Teilbörsengang vorgesehene Tochter soll auch danach stark wachsen und 2031 mehr als 25 Milliarden Euro Erlös einfahren. Renault kündigte zudem ein in Europa gefertigtes Elektroauto für weniger als 20.000 Euro an. Der Kleinwagen "Legend" für den Stadtverkehr soll nach 2025 auf den Markt kommen.

Am Pariser Aktienmarkt rauschten Alstom-Papiere um mehr als 15 Prozent in die Tiefe. Der Eisenbahnhersteller erwägt zur Stärkung seiner Bilanz eine Kapitalerhöhung, den Abbau von Arbeitsplätzen und den Verkauf von Vermögenswerten. Der Konzern ringt mit einer Nettoverschuldung von 3,43 Milliarden Euro (Stand Ende September). Seit Jahresbeginn hat die Aktie bereits knapp 40 Prozent verloren.

Die Unterkünfte-Plattform Airbnb stärkt ihre Ambitionen bei Künstlicher Intelligenz mit dem Kauf des neuen Start-ups von einem der Erfinder von Apples Sprachassistentin Siri. Airbnb nannte zwar keinen Kaufpreis, aber nach Informationen des Wirtschaftssenders CNBC lag er knapp unter 200 Millionen Dollar. An was genau das Start-up Gameplanner.ai arbeitet, ist nicht bekannt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 15. November 2023 um 09:00 Uhr.