Auf Grün stehende Ampel an der Wall Street, New York City
Marktbericht

US-Börsen erholen sich Entspannung an der Wall Street

Stand: 20.03.2023 21:41 Uhr

Wie schon zuvor in Europa reagierten auch die US-Anleger erleichtert auf die schweizerische Not-Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. Vor allem Standardwerte waren gefragt.

Nach der Not-Übernahme der angeschlagenen Credit Suisse haben Anleger an der Wall Street zum Wochenstart aufgeatmet. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte und der breiter gefasste S&P 500 erholten sich. Der Dow legte 1,2 Prozent auf 32.244 Punkte zu, der S&P 500 rückte 0,9 Prozent vor. Der Index der Technologiebörse Nasdaq lag etwas leichter um 0,4 Prozent im Plus im Plus bei 11.675 Zählern.

Die Lage am US-Aktienmarkt sehe aktuell so dramatisch gar nicht aus, schrieben die Experten von Lynx. Tatsächlich haben im Verlauf der vergangenen Woche nicht nur Gold und Anleihen, sondern auch der Nasdaq 100 kräftig zugelegt. Und da die großen Tech-Aktien der Nasdaq im marktbreiten S&P-500-Index ebenso stark vertreten sind wie die "Old Economy"-Aktien des Dow Jones, verhalf die relative Stärke der Nasdaq auch dem S&P 500 zu einem Wochenplus.

Der in den vergangenen zwei Wochen unter die Räder gekommene S&P-Bankenindex legte zu, auch die Notierungen der Großbanken stabilisierten sich. "Es gibt mehr gute Nachrichten als schlechte Nachrichten an der Bankenfront", sagte Art Hogan, Stratege beim Vermögensverwalter B Riley Wealth. "In erster Linie nimmt die Fusion von Credit Suisse und UBS sicherlich viel Stress aus dem globalen Bankensystem, und die Signature Bank, die am Wochenende einen Interessenten gefunden hat, war auch etwas, bei dem sich die Anleger zumindest zuversichtlicher fühlen."

Die abnehmende Furcht vor einer Bankenkrise bremste zugleich den Ansturm auf sichere Anlagen. Im Gegenzug stieg die Rendite zehnjähriger Treasuries auf bis zu 3,51 Prozent von zuvor 3,39 Prozent. Der Goldpreis sackte wieder unter die Marke von 2000 Dollar.

Kopfschmerzen bereitete der Wall Street allerdings erneut die angeschlagene US-Regionalbank First Republic, deren Aktien in der Spitze um 50 Prozent einbrachen. Am Ende stand ein Einbruch von 47 Prozent auf 12,18 Dollar. Anleger verschreckten Spekulationen, dass der regionale Kreditgeber eine zweite Geldspritze binnen weniger Tage benötigen könnte.

JPMorgan und andere US-Großbanken sprechen einem Zeitungsbericht zufolge über Hilfen für die angeschlagene Regionalbank. Wegen der großen Kursausschläge wurde der Handel der Aktie mehrmals vorübergehend ausgesetzt. Am Donnerstag hatten elf Großbanken der First Republic Bank Hilfen von insgesamt 30 Milliarden Dollar zugesagt. Für dieses gemeinsame Vorgehen schlossen sich unter anderem Branchengrößen wie die Bank of America, Citigroup, JPMorgan Chase und Wells Fargo zusammen.

Die Ratingagentur Standard & Poor's urteilte, dies könne "vielleicht" nicht ausreichend sein. Die First Republic war im Zuge des Zusammenbruchs der Silicon Valley Bank (SVB) in Bedrängnis geraten. Die 1985 gegründete Bank ist nach Einlagen die Nummer 14 des Landes.

Die Bank First Citizens Bancshares will einem Insider zufolge für die zusammengebrochene Silicon Valley Bank (SVB) bieten. First Citizens werde das Gebot bei dem US-Einlagensicherungsfonds (FDIC) einreichen, sagt eine mit den Plänen vertraute Person. Es sei auch möglich, dass First Citizens nur für Teile der SVB eine Offerte vorlege. Der Einlagensicherungsfonds FDIC hatte die SVB am 10. März übernommen und bereits einen vergeblichen Anlauf unternommen, das Institut zu verkaufen. First Citizen wollte sich nicht dazu äußern.

Bei Amazon sollen 9000 weitere Mitarbeiter ihren Job verlieren. Firmenchef Andy Jassy kündigte die zweite Welle des Stellenabbaus in einer E-Mail an die Mitarbeiter an. Anfang des Jahres hatte der weltgrößte Online-Händler bereits 18.000 seiner damals mehr als 1,5 Millionen Jobs gestrichen. Diesmal sollen unter anderem Mitarbeiter der Cloud-Sparte AWS, im Anzeigengeschäft sowie beim Livestreaming-Dienst Twitch betroffen sein, schrieb Jassy in der von Amazon veröffentlichten E-Mail.

Die Tech-Giganten hatten mit dem geschäftlichen Aufschwung in der Corona-Pandemie auch kräftig ihre Belegschaften ausgebaut. Bei Amazon etwa verdoppelte sich die Beschäftigtenzahl in Voll- und Teilzeit von 800.000 Ende 2019 auf mehr als 1,6 Millionen Ende 2021. Vergangene Woche leitete der Facebook-Konzern Meta als erster der Online-Riesen eine zweite Runde der Stellenstreichungen ein. Nach 11 000 Stellen im November sollen nun rund 10.000 weitere Jobs gestrichen und 5000 freie Arbeitsplätze nicht besetzt werden.

Nach einem Wechselbad der Gefühle hat die heimische Börse zum Wochenauftakt bei volatilem Handel Boden gut gemacht. Der DAX beendet den Handel bei 14.933 Punkten, ein Tagesgewinn von 1,12 Prozent. Danach sah es zumindest zum Handelsauftakt nicht aus, zu tief saß der Schock der Anleger über die notwendige Notoperation der Schweizer Großbank Credit Suisse am Wochenende durch die Schweizer Regierung und Notenbank.

Sowohl diese Notrettung der Credit Suisse als auch die konzertierte Aktion der Notenbanken haben Erinnerungen an die Zeiten der Finanzkrise 2008/2009 mit ihren verheerenden Folgen für die Weltbörsen geweckt.

Die Anleger erlebten denn auch einen extrem volatilen Leitindex DAX, der sich zwischen 14.458 und 14.980 in einer Spanne von über 500 Punkten bewegte. So eine hohe Handelsspanne ist ein sicheres Zeichen für eine besonders hohe Nervosität am Markt. In der nahen Zukunft wird es nun an der Börse darum gehen, ob die Bankenkrise eingedämmt werden kann und damit sukzessive ihren Schrecken verliert, oder ob Ansteckungsgefahr droht.

Auch Aktien vermeintlich gut aufgestellter Banken wurden heute zunächst in Sippenhaft genommen, konnten sich aber im Handelsverlauf mit dem Markt ebenfalls deutlich erholen. Wieder einmal wurde klar, wie schnell alles gehen kann, wenn Anleger und Kunden das Vertrauen in ihre Bank verlieren. Hohe Risikopositionen in den Büchern, verbunden mit den unvermeidlichen Folgen des stärksten globalen Zinszyklus seit den 80er-Jahren haben bei der CS ihren Tribut gefordert. Trotz des CS-Dramas überwog heute letztlich die Zuversicht, dass sich 2008 nicht wiederholen wird.

Analyst Clemens Bundschuh von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) erklärte, das Bankenbeben sei noch nicht vorbei, es bleibe aber beherrschbar. Die Notenbanken nähmen die Bankenkrise ernst, wie die jüngsten Maßnahmen zur Liquiditätsversorgung des Finanzsystems zeigten.

"Die Credit Suisse ist unser Lehman-Moment in Europa, aber wir sind uns dessen bewusst und werden nicht dieselben Fehler machen", sagte Robert Alster vom Vermögensverwalter Close Brothers in London. Die großen Notenbanken würden deshalb die nächsten in Schwierigkeiten geratenen Banken wohl erkennen und bei Bedarf unterstützen können. "Es gibt eine Menge Feuerkraft seitens der Behörden, um dem stetig erodierenden Vertrauensverlust entgegenzuwirken."

Update Wirtschaft vom 20.03.2023

Samir Ibrahim, HR, tagesschau24

Im DAX drehten Commerzbank noch ins Plus, Deutsche Bank grenzten ihre Verluste deutlich ein. Ebenfalls ins Plus drehten in Zürich die Papiere der UBS. Denn der Erzrivale der CS könnte womöglich ein gutes Geschäft gemacht haben. Abgefedert durch üppige staatliche Garantien kann die Bank, die 2008 ebenfalls gerettet werden musste, ihre Marktposition nun deutlich ausbauen.

Wieder einmal wurde klar, wie schnell alles gehen kann, wenn Anleger und Kunden das Vertrauen in ihre Bank verlieren. Hohe Risikopositionen in den Büchern, verbunden mit den unvermeidlichen Folgen des stärksten globalen Zinszyklus seit den 80er-Jahren haben bei der CS ihren Tribut gefordert.

"Die Credit Suisse ist unser Lehman-Moment in Europa, aber wir sind uns dessen bewusst und werden nicht dieselben Fehler machen", sagte Robert Alster vom Vermögensverwalter Close Brothers in London. Die großen Notenbanken würden deshalb die nächsten in Schwierigkeiten geratenen Banken wohl erkennen und bei Bedarf unterstützen können. "Es gibt eine Menge Feuerkraft seitens der Behörden, um dem stetig erodierenden Vertrauensverlust entgegenzuwirken."

Die Notenbanken sind in einer solchen Situation mehr gefordert denn je. Die jüngsten Marktturbulenzen ließen die schon in der Vorwoche aufgekommenen Forderungen nach einer Zinspause der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) abermals lauter werden. Ursprünglich wollte die Fed übermorgen den Leitzins um 25 Basispunkte anheben. Mittlerweile sind sich viele Marktteilnehmer nicht mehr so sicher.

Fakt ist aber, dass die Inflation im Land weiter viel zu hoch ist, ein Trendwechsel der Fed trotz der Turbulenzen damit nicht zu erwarten und zu begründen ist. Den Erklärungen der Notenbanker um ihren Chef Jerome Powell wird unter dem Eindruck der Bankenschwäche jedoch wie stets mal wieder besondere Bedeutung zukommen. Zuletzt hatte er den restriktiven Kurs der Fed klar bestätigt.

"Der Markt hat die Hochzeit zwischen UBS und Credit Suisse verdaut. Die systemischen Risiken sind etwas geringer geworden, und alle sind gespannt, was die Fed tun wird", sagte Matt Orton, Chefmarktstratege bei Raymond James Investment Management.

Die Kurse von US-Staatsanleihen deuten auf Kurshalten der Fed. Der Terminkontrakt für zehnjährige Anleihen (T-Note-Future) fällt zurück, die Rendite zehnjähriger Staatspapiere steigt im Gegenzug auf 3,47 Prozent. Auch deutsche Bundesanleihen, zuletzt als sicherer Hafen gesucht, gaben heute nach, die Rendite stieg auf 2,11 Prozent.

Allen Bankensorgen zum Trotz erlebte die Aktie des Rüstungskonzerns und Autozulieferers Rheinmetall ein bemerkenswertes Debut im DAX. Das Papier, das seit heute im Leitindex enthalten ist, lag am Ende an der Indexspitze und gewann dabei über fünf Prozent. Im DAX ersetzten Rheinmetall die Anteilsscheine des Dialysespezialisten FMC, der nunmehr im MDAX, dem Index der mittelgroßen Werte, zu finden ist.

Wichtig sind Indexänderungen vor allem für Fonds, die Indizes real nachbilden (physisch replizierende ETF). Dort muss dann entsprechend umgeschichtet und umgewichtet werden, was Einfluss auf die Aktienkurse haben kann. Positive Impulse kamen auch von neuen Analystenstudien mit bestätigten Kaufempfehlungen für Rheinmetall.

Der zunehmende Bedarf an militärischer Ausrüstung sowie weiter steigende Verteidigungsausgaben in Deutschland und anderen Nato-Staaten bedeuteten ein attraktives mittelfristiges Potenzial für das Unternehmen, erklärte Analyst Holger Schmidt von der DZ Bank.

Der Euro präsentierte sich heute gefestigt, nachdem der Dollar als sicherer Hafen nicht mehr so stark gesucht war. Zuletzt wurde die Gemeinschaftswährung im US-Geschäft mit 1,0723 Dollar gehandelt, ein Plus von rund einem halben Prozent Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0717 (Freitag: 1,0623) Dollar fest.

Die Notübernahme der Schweizer Großbank Credit Suisse durch die Konkurrentin UBS hatte am Morgen zunächst für Verunsicherung gesorgt und kurz auch den Euro etwas unter Druck gesetzt. Im Tagesverlauf entspannte sich die Lage an den Finanzmärkten und der Euro legte zu. Die Übernahme wurde weltweit von Notenbanken mit Erleichterung aufgenommen.

Der schwächelnde Batteriekonzern Varta will sich zur kurzfristigen Finanzierung frisches Geld von seinem Mehrheitsaktionär besorgen. Über eine Kapitalerhöhung soll die Gesellschaft Montana Tech Components des österreichischen Investors Michael Tojner 50 Millionen Euro zuschießen.

Voraussetzung ist jedoch, dass sich Varta mit seinen finanzierenden Banken einigt. Ein umfassendes Restrukturierungskonzept soll das Unternehmen wieder auf Kurs bringen. Die geplanten Sparmaßnahmen werden auch das Personal treffen. Das Restrukturierungskonzept sichert dabei Tojner zufolge "die Zukunftsfähigkeit von Varta". Die Varta-Aktie ist im SDAX notiert.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 20. März 2023 um 12:00 Uhr.