Niedrigster Stand seit März 2021 US-Inflationsrate sinkt spürbar
Die US-Inflation hat sich im Juni erneut und spürbar abgeschwächt. Gegenüber dem Vorjahresmonat stiegen die Verbraucherpreise um 3,0 Prozent - doch der Druck bleibt Ökonomen zufolge weiterhin hoch.
Wegen sinkender Energiepreise ist die Inflationsrate in den USA auf den niedrigsten Stand seit mehr als zwei Jahren gefallen. Die Verbraucherpreise kletterten im Juni nur noch um 3,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie das US-Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Das ist der kleinste Anstieg seit März 2021. Im April hatten sie noch um 4,0 Prozent zugelegt.
Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Rückgang auf 3,1 Prozent gerechnet. Auf Monatssicht zogen die Preise gegenüber Mai um durchschnittlich 0,2 Prozent an und damit ebenfalls etwas schwächer als erwartet.
"Noch immer viel zu viel Druck im Kessel"
"Die US-Inflationsrate sieht beinahe wieder normal aus", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Teuerungsraten von drei Prozent seien historisch betrachtet nichts Ungewöhnliches. "Gemessen an dem vor einem Jahr gemessenen Höchststand von 9,1 Prozent wirken die drei Prozent jedenfalls nicht mehr erschreckend hoch", so Gitzel.
Volkswirte erklären die gesunkene Inflationsrate allerdings auch mit einem Basiseffekt bei den Energiepreisen, die im Vorjahreszeitraum extrem gestiegen waren. Es sei "daher nicht zu erwarten, dass die Inflation in den kommenden Monaten in vergleichbarem Tempo weiter fällt", meint LBBW-Ökonom Elmar Völker. Ähnlich sieht es Bastian Hepperle vom Bankhaus Hauck Aufhäuser Lampe: "Bei der Inflation ist noch immer viel zu viel Druck im Kessel." Durch die gesunkenen Energiepreise habe "zwar Dampf entweichen" können; im Juli könne ein gegenteiliger Effekt den Inflationsdruck aber wieder erhöhen.
Dass die Inflationsgefahren in den USA noch nicht gebannt sind, zeigt auch die Entwicklung der Kernrate, bei der die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Lebensmittel außen vor bleiben. Diese Rate sank zwar von 5,3 auf 4,8 Prozent, bleibt aber vergleichsweise hoch.
Zinsgipfel der Fed wohl noch nicht erreicht
Die Kernrate gilt als guter Indikator für die grundlegenden Inflationstrends und wird deshalb von der US-Notenbank Fed genau analysiert. Diese hatte ihre Geldpolitik zuletzt massiv gestrafft. Die Leitzins-Spanne liegt derzeit bei 5,0 bis 5,25 Prozent. Im Juni hatten die Währungshüter nach zehn Erhöhungen in Folge allerdings eine Pause eingelegt.
Das sollte jedoch nicht als Signal interpretiert werden, dass der Zinsgipfel bereits erreicht sei, sagte der Chef der New Yorker Filiale der Fed, John Williams. Die Fed habe mit ihren Projektionen und in ihrer Kommunikation angedeutet, dass sie noch einen Weg vor sich habe, um die Geldpolitik auf einen ausreichend restriktiven Kurs zubringen, damit die Inflation auf zwei Prozent zurückgehe, sagte er der "Financial Times".
Der Preisdruck sei immer noch zu hoch, kommentierte auch der US-Notenbanker Thomas Barkin im Hinblick auf das Zwei-Prozent-Ziel der Teuerungsrate. Als wichtiger Aspekt gilt darüber hinaus der nach wie vor dynamische Arbeitsmarkt: "Mehr Jobs bedeuten mehr Einkommen und dadurch erwachsende Inflationsrisiken", betonte Experte Gitzel. Gerade deshalb werde die Fed Ende Juli wieder an der Zinsschraube drehen.