Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Christian Sewing

Deutsche-Bank-Chef Sewing für einheitlichen Bankenmarkt

Stand: 28.06.2021 14:29 Uhr

Christian Sewing, Chef der Deutschen Bank und neuer Präsident des Bankenverbandes, fordert ein einheitliches Regelwerk für die Banken und Kapitalmärkte in der EU - und erklärt, warum das wichtig ist.

Wie sein Vorgänger Hans-Walter Peters fordert auch Christian Sewing die Politik auf, die europäische Währungsunion durch eine Bankenunion und einheitliche Regeln für die Finanzbranche zu ergänzen. Der Deutsche-Bank-Chef übernimmt am 1. Juli die Leitung des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB).

Ein gemeinsamer europäischer Kapitalmarkt sei unter anderem "die Voraussetzung dafür, dass uns die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft gelingt", sagte Sewing auf dem Euro Finance Summit in Frankfurt. Es brauche endlich "ein verlässliches, einheitliches Regelwerk für 27 Länder", mahnte er. Stattdessen bestehe die Währungsunion immer noch aus 27 Teilmärkten - etwa bei den Insolvenz-, Wertpapier- und Verbraucherregeln. "Wir brauchen eine Banken- und Kapitalmarktunion, die auch einen verlässlichen Einlagensicherungsfonds beinhaltet." Denn die derzeitige Zersplitterung verhindere einheitliche Geschäfte, so der Deutsche-Bank-Chef. "Ohne einen integrierten Kapitalmarkt in Europa wird es keinen ,Green Deal' geben."

Bürokratische Hürden abbauen

Bei der Kapitalmarktunion geht es im Kern darum, bürokratische Hürden zwischen den einzelnen Staaten der Europäischen Union abzubauen, um so Unternehmen mehr Möglichkeiten zu geben, sich Geld zu beschaffen. Verbraucher sollen zudem mehr Möglichkeiten für grenzüberschreitende Geldanlagen bekommen. Pläne der EU-Kommission für eine Kapitalmarktunion liegen seit September 2015 auf dem Tisch, doch die Umsetzung stockt.

Rückendeckung bekam Sewing von BNP-Paribas-Deutschlandchef Lutz Diederichs. Die geplante Banken- und Kapitalmarktunion komme viel zu langsam voran, kritisierte er. "Wir blockieren uns auf europäischer Ebene teilweise gegenseitig." Commerzbank-Chef Manfred Knof riet, nationale Interessen zurückzustellen. "Nur gemeinsam werden wir eine Chance haben, gegenüber den USA und China zu bestehen."

Finanzstaatssekretär Jörg Kukies meinte auf der Konferenz Euro Finance Summit, dass man zwar bei dem Thema vorangekommen sei. Das reiche aber noch nicht aus. Die EU-Kommission müsse hier jetzt noch mal richtig Gas geben.

"Wir überspannen den Bogen!"

Deutsche-Bank-Chef Sewing warnte außerdem vor zu strikter Regulierung in der europäischen Finanzbranche. "Wir sind an einem Punkt in Europa, wo wir den Bogen überspannen", monierte der künftige Bankenpräsident. "Wir müssen aufpassen, dass wir wettbewerbsfähig bleiben." Banken in der Eurozone entfernten sich langsam aber sicher immer weiter von anderen Regionen.

Besonders durch den europäischen Abwicklungsfonds müssten die Geldhäuser immer mehr Belastungen tragen, kritisierte Sewing. 2021 müssten die Institute mehr als zehn Milliarden Euro an Beiträgen dafür aufbringen, das sei eine Steigerung von über 60 Prozent gegenüber 2016. "Das liegt aber nicht daran, dass die Risiken im europäischen Bankensystem gestiegen wären - sondern in erster Linie daran, dass die lockere Geldpolitik die Bilanzen immer weiter aufbläht", erläuterte Sewing. Seit 2015 gilt in der EU ein einheitliches Verfahren zur Abwicklung von illiquiden Kreditinstituten. Dazu wurde ein gemeinsamer Abwicklungsfonds (SRF) eingerichtet.

Hohe Belastungen durch die Negativzinsen

Belastet werden die europäischen Banken auch durch die von der Europäischen Zentralbank (EZB) eingeführten Negativzinsen für Guthaben, die über Nacht bei der Zentralbank geparkt werden. Dazu dürften allein in diesem Jahr 15 Milliarden Euro fällig werden, schätzt der Bankenverband. Hinzu kommen die Belastungen für die Umsetzung des sogenannten Green Deal der EU-Kommission, deren Kosten auf 350 Milliarden Euro geschätzt werden. Finanziert werden dürften die geplanten Ausgaben von den Banken.

Dabei sind Europas Banken seit Beginn der Pandemie deutlich zurückgefallen. So findet sich unter den 20 wertvollsten Geldhäusern der Welt, gemessen am Börsenwert, mit der HSBC nur noch ein einziges Institut aus Europa. Ein Jahr zuvor waren es noch gut die Hälfte. Damit haben die europäischen Banken nicht nur an Wert, sondern auch an Handlungsspielraum eingebüßt. Für den scheidenden Verbandspräsidenten Peters eine bittere Erkenntnis: "Ohne die amerikanischen Banken kommt keine größere Fusion in Deutschland mehr zustande. Auch geben sie bei Börsengängen den Ton an. Für mich als Europäer ist das unerträglich", so Peters.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 18. April 2021 um 18:40 Uhr in der Sendung "Hintergrund".