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FAQ

Wettbewerbsrecht Das sind die Vorwürfe gegen Google

Stand: 21.10.2020 14:24 Uhr

Die EU hat bereits Kartellstrafen gegen Google verhängt, nun will auch die US-Regierung den Internetkonzern verklagen. Wie lauten die Vorwürfe - und wie macht Google eigentlich sein Geld?

Von Steffi Clodius, tagesschau.de

Was wird Google vorgeworfen?

Die US-Justiz beschuldigt den Internetriesen, seine Marktmacht zu missbrauchen und Monopolstrukturen geschaffen zu haben, die es Konkurrenten erschwert bis unmöglich macht, sich im Internet durchzusetzen. Außerdem schade der Konzern Internetnutzern, indem er sich deren persönliche Daten zunutze macht, um Werbegelder zu generieren.

US-Präsident Donald Trump ist das Unternehmen schon länger ein Dorn im Auge ist. Er wirft Google vor, es behandele Konservative unfair und unterdrücke deren Meinung, störe den Ablauf der Wahlen und arbeite lieber mit dem chinesischen Militär als mit dem Pentagon zusammen.

Was sagt Google dazu?

Der Konzern hat sämtliche Vorwürfe stets bestritten oder als "veraltet" bezeichnet - so auch jetzt. Google-Sprecher Kent Walker nennt die Klage "fragwürdig" und "fehlerhaft". Er erklärt in einer online verbreiteten Stellungnahme, es sei zwar richtig, dass Google Geld für eine weite Verbreitung zahle und auch große Summen für Werbung ausgebe. Dies täten jedoch auch seine Mitbewerber, die in allen Marktsegmenten "robust" seien.

Der Konzern stellt sich und seine Motive als rein philantropisch dar: Frei nach seinem früheren selbstgewählten Verhaltenskodex "Don't be evil" (sei nicht böse) sei das oberste Ziel, den Menschen ihren Alltag zu erleichtern und zu verbessern.

"Google sorgt dafür, dass Milliarden Menschen weltweit leichten Zugang zu jeder Form von Information haben", so Walker. Entwickler seien bestrebt, die Suchmaschine kontinuierlich und im Sinne der User zu verbessern. "Die Menschen benutzen Google, weil sie sich aktiv dafür entscheiden - und nicht, weil sie dazu gezwungen werden oder keine Alternativen finden", betont der Konzernsprecher.

Wie groß ist die Marktmacht von Google?

Google hat als Internet-Suchmaschine einen Marktanteil von rund 92 Prozent. Das kommt vor allem dadurch, dass wichtige Internet-Browser Google als Standard-Suchmaschine vorinstalliert haben: Chrome (hauseigen, weltweiter Marktanteil 66 Prozent), Safari (Apple) oder Firefox (Mozilla) - auf den meisten Desktoprechnern durchsucht man das Netz automatisch mit Google.

Ähnlich sieht es bei der Websuche per Smartphone aus: So gut wie alle Suchanfragen, die weltweit über Handys gestellt werden - mehr als 95 Prozent -, laufen über Google. Auf 75 Prozent aller Geräte ist das hauseigene Betriebssystem Android installiert - oder aber das Apple-Betriebssystem iOS, und an Apple hat Google acht Milliarden Dollar gezahlt, damit es auch hier als Standardsuchmaschine vorinstalliert ist. Auch andere Smartphone-Hersteller wie Samsung werden durch Milliardenzahlungen dazu gebracht, keine eigenen Suchmaschinen auf den Handys vorzuinstallieren.

Längst bestehen die Google-Dienste nicht mehr nur aus der einfachen Suchmaschine fürs Web. Android sichert Zugriff auf Milliarden mobile Endgeräte weltweit. Mit Gmail, Google Maps und dem Schwesterkonzern YouTube beispielsweise ist der Internetriese groß im Mailing-, Navigations- und Videogeschäft. Durch den Cloud Computing-Dienst Google Drive bietet er seinen Usern massenweise Speicherplatz.

Wie verdient Google sein Geld?

Einst als Universitäts-Forschungsprojekt gestartet, machte der Google-Mutterkonzern Alphabet im vergangenen Jahr fast 35 Milliarden Dollar Gewinn, der Umsatz lag bei mehr als 160 Milliarden. Tatsächlich sind sämtliche Google-Dienste kostenlos. Der Trick: User bezahlen mit ihren Daten, und mit Hilfe dieser Daten generiert Google Werbekunden. Denn die personenbezogenen Daten erlauben maßgeschneiderte, personalisierte Werbung - und damit eine weit höhere Wirksamkeit als solche Clips und Anzeigen, die für die breite Masse geschaltet werden.

Rund zwei Drittel der Einnahmen des Konzerns kommen aus dem Geschäft mit Werbung, die in den Suchergebnissen oder auf Youtube erscheint. Die starke Abhängigkeit von der Werbung führte in der Corona-Krise dazu, dass die Erlöse von Alphabet zuletzt erstmals in der 22-jährigen Geschichte des Unternehmens sanken. Ein kleinerer Teil des Umsatzes kommt aus dem Cloudgeschäft und über den Verkauf von Apps des Betriebssystems Android: Zwölf Prozent seines Umsatzes macht Google mit dem Verkaufserlös in seinem Appstore.

Gibt es bereits andere Verfahren gegen Google?

Ja, in Europa. Hier hat die EU-Kommission in den vergangenen zwei Jahren Kartellstrafen von rund acht Milliarden Euro verhängt - unter anderem wegen des Geschäfts mit der Shopping-Suche und dem Betriebssystem Android. Die Strafen trafen Google allerdings nicht empfindlich, der Konzern konnte die Zahlungen vergleichsweise leicht verdauen; das ist auch ein Grund, weshalb die US-Behörden jetzt aktiv werden. Kritiker halten EU-Strafen gegen Google für wirkungslos weil zu gering; sie sind der Meinung, im Konzern müsse sich strukturell etwas ändern.

Steht nur Google am Pranger?

Nein. Auch die anderen drei Technologie-Riesen - Amazon, Apple und Facebook - stehen nicht nur in Europa, sondern auch zunehmend in den USA unter Beschuss und müssen ebenfalls mit Klagen rechnen. Die "Big Four" oder "GAFA" (kurz für Google, Apple, Facebook, Amazon) genannten Internetkonzerne sollen zu einem faireren Wettbewerb gezwungen werden. Sogar die Zerschlagung "bestimmter dominierender Plattformen" sei nicht mehr ausgeschlossen, verlautete unlängst aus Washington. Ihre marktbeherrschende Position ermögliche den Konzernen, ihren Mitbewerbern Regeln vorzuschreiben, die sie selbst aber missachteten. Ihre Monopolstellung habe zur Folge, dass sie niemandem außer sich selbst mehr Rechenschaft ablegen müssten, so der Vorwurf.

Amazon wird beschuldigt, die eigenen Produktmarken gegenüber den Angeboten der Konkurrenz zu bevorzugen. Apple steht wegen seines Musikdienstes Apple Music in der Kritik, weil Wettbewerber dem Konzern einen Teil ihres Umsatzes abgeben müssen. Und Facebook wird vorgeworfen, die Plattform Instagram nur deshalb übernommen zu haben, um mögliche Konkurrenten klein zu halten. In Rede steht nun, den "Big Four" weitere Übernahmen oder Fusionen zu verwehren, damit deren Marktpositionen nicht noch übermächtiger werden.

Was passiert als nächstes?

Der Fall Google soll in Washington verhandelt werden. Bis die Klage vor Gericht geht, könnte es noch schätzungsweise ein Jahr dauern. Das würde bedeuten, dass im Falle eines Wahlsieges von Joe Biden dessen neue Administration das Verfahren weiter begleiten müsste. Der Prozess gegen Google könnte einer der größten Wettbewerbsfälle in der Technologie-Branche werden. Ein Prozess vergleichbarer Größenordnung war der gegen Microsoft vor mehr als 20 Jahren. Damals war der Windows-Riese beinahe zerschlagen worden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 20. Oktober 2020 um 17:00 Uhr.