nlagen des Erdgasspeichers Rüdersdorf vom Energieversorger EWE in Rüdersdorf, Brandenburg.

Gasspeicher in Deutschland Betreiber halten 90 Prozent Füllstand für machbar

Stand: 27.07.2022 14:56 Uhr

Die Erdgasspeicher-Betreiber schätzen, dass bis zum Winter ein Füllstand von 90 Prozent erreicht werden kann - wenn der Zufluss über Nord Stream 1 nicht komplett wegfällt. Die Politik solle aber weiter an Einsparungen arbeiten.

Die deutschen Erdgasspeicher-Betreiber gehen davon aus, dass trotz der erneuten Drosselung der Liefermengen aus Russland weiter Gas eingespeichert werden kann. Bei weiter hohen LNG-Importen sei sehr wahrscheinlich noch ein Füllstand von über 90 Prozent bis zum 1. November zu erreichen, sagte der Geschäftsführer des Branchenverbandes Initiative Energien Speichern (INES), Sebastian Bleschke, der Nachrichtenagentur dpa.

Die Berechnung beruht auf der Annahme, dass der Gastransport durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 von diesem Mittwoch an fortlaufend bei nur noch 20 Prozent der maximalen Kapazität liegt. Fiele dieses Gas auch noch weg, müsse die Lage weitergehend bewertet werden, sagte Bleschke.

Aktueller Füllstand liegt bei 66,8 Prozent

Er wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Gasflüsse über Nord Stream 1 bereits jetzt so stark reduziert seien, dass sie bei der Einspeicherung weniger stark ins Gewicht fielen.

Derzeit ist Norwegen mit 20 Prozent der zweitgrößte Gaslieferant in Deutschland. Dahinter folgen die Niederlande mit elf Prozent. Die deutsche Gasförderung trägt nur noch fünf Prozent zum Gasverbrauch bei. An Bedeutung gewinnt das Flüssigerdgas bei der Gasversorgung. Bisher bezieht Deutschland LNG vor allem aus den USA.

"Trotz reduzierter Gasflüsse auf der Nord Stream 1 wurde in den letzten Tagen in erheblichem Umfang eingespeichert", so Bleschke. Am Montag waren die deutschen Speicher zu 66,8 Prozent gefüllt, neuere Daten liegen nicht vor. Die Bundesregierung will in einer Verordnung festschreiben, dass die deutschen Speicher am 1. November zu 95 Prozent gefüllt sein müssen.

Die Speicher gleichen Schwankungen beim Gasverbrauch aus und bilden damit eine Art Puffersystem für den Gasmarkt. Für gewöhnlich sind sie mit Beginn der Heizperiode im Herbst gut gefüllt. An kalten Wintertagen werden bis zu 60 Prozent des Gasverbrauchs in Deutschland aus deutschen Speichern abgedeckt.

Laut Bleschke muss auch bei einem Füllstand von über 90 Prozent und bei auf 20 Prozent gedrosselten Gasflüssen über die Nord Stream 1 in einem normalen Winter mit Unterdeckungen gerechnet werden. "Das System wird dann nur über eine Reduktion der Nachfrage zum Ausgleich kommen."

Die Politik solle deshalb weiter an einer Nachfragesenkung arbeiten. "Die geplanten Auktionen zur Reduktion des Industriekundenverbrauchs sind dabei sicherlich ein ganz wichtiger Schritt."

Bei den Auktionen sollen industrielle Gasverbraucher nicht benötigtes Gas ab Beginn der Heizperiode über eine Plattform verkaufen können. Die Gasmengen sollen helfen, das Netz zu stabilisieren.

Russland hatte am Morgen die Gaslieferungen über Nord Stream 1 wie angekündigt weiter auf 20 Prozent der Kapazität eingeschränkt. Laut Betreibergesellschaft wurden seit 9.00 Uhr gut 14 Millionen Kilowattstunden pro Stunde geliefert.

Bundesregierung: Machtspiel Russlands

Kritik über die erneut gekürzten russischen Gas-Lieferungen kommen von der Bundesregierung. Sie verurteilte diese als Machtspiel. "Lieferverträge werden zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingehalten", sagte Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin.

Es gebe dafür - anders als von Russland angegeben - keine technischen Gründe. Die angeblich fehlende Turbine für eine Verdichterstation sei ein Vorwand. "Die Turbine ist da, sie ist gewartet." Einem Transport nach Russland stehe nichts im Weg. "Es liegt nicht an der deutschen Seite."

"Was wir hier sehen, ist tatsächlich ein Machtspiel, und davon lassen wir uns nicht beeindrucken," sagte Hoffmann weiter. Sie machte klar, Deutschland könne sich nicht mehr auf Russland als Gaslieferant verlassen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. Juli 2022 um 14:00 Uhr in den Nachrichten.